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Spuren des Lebens

Stapfen wir an einem sonnigen Tag durch tiefen Schnee, dann sind sie am schönsten. Auf einer langmähnigen Sommerwiese bleibt ein Pfad aus plattgetretenen Grashalmen zurück. An der Nordsee klebt der Schaumsaum im Sand, wenn die Wellen sich zurückziehen.

Spuren der Natur.

Hast du dich gestoßen, bleibt vielleicht ein blauer Fleck. Hast du bis zur Erschöpfung gearbeitet oder dich am Sinn deiner Arbeit erfreut, hast dich gestritten oder verliebt in diesem Jahr – ab jetzt gehören sie zu dir.

Spuren deines Lebens.

Kein Leben geht spurlos vorüber.

In jedem von uns bleiben Spuren des Jahres zurück, die die Umstände unseres Lebens dort hinterlassen haben.

Ereignisse und Überraschungen – freudig oder scheußlich, und all das, was dazwischen liegt.

Andere Menschen – liebevoll, wohlwollend, verletzend oder einfach nur unachtsam – mit Blicken, Worten, Taten.

Spuren, die wir in uns selbst hinterlassen – wenn wir mit uns meckern, uns antreiben oder freundlich und nachsichtig behandeln.

Und dann gibt es Spuren, die wir in diesem Jahr im Leben anderer Menschen gezogen haben; sicht- oder unsichtbar.

Wenn du in den Tagen zwischen den Jahren auf deine ganz individuellen Spuren schauen willst (ich empfehle einen Blick der wertschätzt, wer du wirklich bist) – hier ein paar Ideen von mir. Schau selbst, welche am besten zu dir passen.

  • Welche Spuren hat das Jahr in dir / an dir hinterlassen? Äußerlich sind es vielleicht ein paar weiße Haare, im Innen eine Erkenntnis, eine Verletzung, ein Moment des Glücks, den du noch in dir trägst?
  • Welche Ereignisse haben dich verändert? Beruflich, im Familien- oder Freundeskreis, gesellschaftlich? Haben sie dich wachsen lassen (wodurch) oder dir wichtige Erkenntnisse geschenkt (welche)? Oder haben sie dich niedergedrückt und du wünschst dir einen Ausweg aus den ewig gleichen Geschichten?
  • Welche neuen Seiten oder Möglichkeiten hast du an dir entdeckt? Von welchen alten hast du dich verabschiedet?
  • In welchen Augenblicken des Jahres warst du stolz auf dich? Oder sauer? Welche Spuren davon bleiben im Gedächtnis in Gedankenschleifen hängen, oder als Kondensstreifen der Freude im 💓? Schau deinen Kalender 2024 nochmal durch, du findest mit Sicherheit etwas.
  • Welchen Spuren wolltest du folgen, und hast es dann doch nicht (oder nicht ausreichend) getan?
  • Welche Begegnungen waren so kostbar, dass du noch gern daran denkst? Oder war das Wertvolle daran eher die Herausforderung, an der du wachsen musstest (durftest)?

Spuren des Lebens sind ein ewiger Kreislauf.

Schließen wir den Kreis.

Welche Spuren des Lebens hast du hinterlassen?

Welche Spuren behält dieses Jahr von dir zurück?

Bei wem oder wodurch hast du 2024 Spuren hinterlassen – beruflich, persönlich, familiär, gesellschaftlich…? In den Köpfen und Herzen?

Waren sie klein, wie z.B. ein Lächeln an eine Unbekannte zu verschenken. Oder groß, wie einem verzweifelten Menschen in seiner Not zuzuhören, auch wenn du eigentlich keine Zeit dafür hattest? Oder einer Ungerechtigkeit endlich einen Riegel vorzuschieben? Bist du aufgestanden, hast dich gerade gemacht für etwas, das dir am Herzen liegt? Hast anderen Mut gegeben, das gleiche zu tun?

2024 geht zu Ende. 2025 beginnt.

Doch so wie Jahreszahlen nur menschengemachte Zäsuren sind, Spuren ziehen weiter ihre Kreise.

Welchen Spuren willst du weiter folgen? Jetzt gleich?

Welche möchtest du im neuen Jahr kraftvoller entwickeln? Deinem Leben neuen Schwung geben?

Ich bin gespannt auf deine Ideen. Teile sie gern in den Kommentaren.

 

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* Dieser Artikel ist entstanden als Dankeschön für die berührenden Stories, die meine Gäste beim StoryTeller im Dezember 2024 zum Thema Spuren des Lebens mit mir geteilt haben.

Kommunikation: mein Schlüssel zur Freiheit

Silke, du bist im Februar 2022 durch eine Empfehlung zu mir gekommen. Meine ersten Notizen: „Assistentin der GF, ertrinkt in Arbeit, Bandscheibenvorfall, Tinnitus, sehr schwierige Gesprächssituationen im Office…“

Seit 2024 bist du selbständig als Virtuelle Assistentin. Was für eine Reise.

Für welche Herausforderung hast du mich damals als Coach gebucht?

An die Zeit damals kann ich mich sehr gut erinnern. Mein Körper sprach eine deutliche Sprache. Dabei machte es mir im Büro doch eigentlich Spaß. Aber mir war klar, dass es so nicht weitergehen kann. Ich wollte lernen, meine Grenzen besser zu wahren. Ich konnte gar nicht für mich sprechen.

Mein Motto war: „Hauptsache allen anderen geht es gut“.

Deshalb mein Ziel: „Meine persönlichen Grenzen definieren, kommunizieren und wahren. Entspannt und gelassen zu dem stehen, was mir wichtig ist.“

Du hast mal gesagt “Kakteen gedeihen nicht in der Antarktis”. Was heißt das?

Ich war einfach in der falschen Umgebung.

Deshalb wollte ich genau hinschauen: Wer bin ich eigentlich? Wie fühle ich mich? Ich wollte endlich sagen können: „Ja, genau so bin ich. So bleibe ich. So bin ich völlig in Ordnung. Ich bin ich genauso viel wert wie alle anderen auch.

Es gab einen Moment, in dem ich feststellen musste, dass die aktuelle Job-Umgebung nicht mehr meiner eigenen Energie entspricht. Da war ich bereit, mich auf die Reise zu machen.

Der Schlüssel “Die sein, die ich wirklich bin”

Ich wollte herausfinden, wie ich dorthin komme, wo meine eigene Energie genau hinpasst. Wo ich die sein darf, die ich bin, weil ich genau richtig bin. Zu diesem Raum hat mich das StoryCoaching herangeführt.

Gab es einen bestimmten Augenblick, in dem du deine Entscheidung für unsere Zusammenarbeit getroffen hast?

Schon bei unserem ersten Gespräch sagte mein Bauchgefühl: „Das passt mit uns“.

Der endgültige Moment war, als du – die im Business- Coaching-Bereich unterwegs bist – plötzlich die Karten rausgezogen hast und wir begonnen haben, so ganz intuitiv zu arbeiten. Das war diese Mischung, wo ich dachte: „Ja, das ist meins.“

Ich erinnere mich noch genau an eine Karte, die zweimal auftauchte: „Die Friedensbewahrerin“. Die bewegt mich immer noch. Da sind immer noch Dimensionen offen, die ich mir erschließen kann.

Friedensbewahrerin aus kartendeck Engel und Ahnen von Kyle Gray - Illustration Lilly Moses

Kartenset Kyle Gray | Lilly Moses

Frieden hat immer zwei Seiten

Einerseits ist es die, die den Frieden bringt. Das habe ich oft gemerkt, wie sich um mich herum diese Ruhe ausbreitet, weil ich eine Lösung suche für alle Seiten. Und zum Wohle aller.

Andererseits geht es da auch um den Preis dieses Friedens. Lange Zeit war ich die Einzige, die draufgezahlt hat.

 

Eine Nachbarin meinte: „Du bist schon die, die den Frieden bringt. Aber zuerst reißt du alles ein, wie eine Urgewalt. Du walzt alles nieder, und daraus entsteht dann ein neuer Frieden. Das muss einer erstmal verkraften können. Doch wenn man sich entscheidet, diesen Weg weiterzugehen, merkt man, dass es wirklich friedlich wird.“

Katrin, das bringt die Aufgabe, die ich dir gestellt habe, auf den Punkt: „Hilf mir, mit dieser Energie, die ich heute kaum kontrollieren kann, die alles einreißen will, umzugehen. Wie kann ich diese Kraft besser nutzen, um das, was danach kommt, besser zu gestalten? Frieden zu schaffen. Innen und außen.

Gewaltige Energie friedlich nutzen

Mittlerweile weiß ich um diese Energie. Doch ich kann mich in eine Gelassenheit zurücklehnen, die auch mein Umfeld mir widerspiegelt: „Hey, wenn du sagst „Wir machen das nicht mehr, dann ist es auch in Ordnung“.

Inhaltlich arbeite ich heute an den gleichen Aufgaben wie vor zwei Jahren. Trotzdem ist es komplett anders.

Wir haben im Coaching erlebt, dass eine scharfe Trennung zwischen Business- und LifeCoaching überhaupt keinen Sinn macht…

Stimmt, das Thema Grenzen hat sich durch alles durchgezogen. Ich kenne es nicht nur im beruflichen Umfeld, sondern auch aus meiner Herkunftsfamilie. Ich wollte meinen Platz finden.

Wie hast du als “Urgewalt” deinen Platz gefunden?

Ich erlebe es überall. Du kannst in deiner Energie sein. Doch so lange du nicht in einem Feld bist, wo du gut hin passt, kommst du dir vor wie so ein Dum-Dum-Geschoss. (Anmerkung *Dum-Dum-Geschosse fügen dem Getroffenen schwerste Verletzungen zu und sind im Kriegseinsatz verboten  Quelle).

Deshalb war ich auf der Suche nach „meinem Feld“ – einem Raum, der meinem Sein entspricht. In dem alles leichter wird.

Dabei hast du mir mit deinem strukturierten Auseinanderdröseln meiner eigenen und fremder Kommunikationsmuster sehr geholfen. Du wolltest immer wieder wissen: Was steckt dahinter? Woran ich immer denke ist der Polarstern.

Der Polarstern leuchtet den Weg

Polarstern vor nachtblauem Himmel Orientierung im Konflikt

 

Mit dieser Frage: „Wo willst du wirklich hin?“ gelingt es mir, gerade in heißen Diskussionen über das eigentliche Problem hinweg zu blicken.

Ich kann mich auf mein eigentliches Ziel zu fokussieren, und so den anderen abholen: „Schau, wir beißen uns jetzt nicht hier in dem Moment fest. Wir wollen doch eigentlich genau dort hin.“

Inzwischen führe ich Gespräche mit klaren Ich-Botschaften: „Du, das kommt bei mir so nicht an!“ Wenn der Gegenüber dann sagt „Naja, das war ja auch für mich gemeint.“, kann ich ganz ruhig erwidern: „Du, dann darf das auch bei dir bleiben!

Wir haben ganz konkrete Gesprächssituationen am Online-Whiteboard auseinander gedröselt. Dadurch bin ich viel klarer geworden.

Einen Schritt zurücktreten, den ganzen Kommunikations-Wust nüchtern anschauen, und das Geschehen aus einer neutralen Position betrachten, das hat mir so geholfen. Ich habe entdeckt: „Ach, so kann ich das auch sagen.“

Ich habe heute den Mut, zu mir zu stehen.

Zum Mut gehört die Fähigkeit, zu mir zu stehen

Unser Auftrag war: „Gelassen zu mir stehen, und dem, was mir wichtig ist.“ Wie erlebst du das heute? Wie erleben es andere, wenn du klar zu dir stehst?

Ein paar Schlüsselmomente:

Eine meine ersten Kundinnen buchte mich als Urlaubsvertretung. Ich war so happy und dankbar, zu Beginn meiner Selbständigkeit Aufträge bekommen zu haben. Die Zusammenarbeit erwies sich für mich als nicht sehr erfüllend. Für sie schon. Sie hätte mich gern weiterbeschäftigt. Trotzdem habe ich ihr in einer freundlichen Mail die Zusammenarbeit aufgekündigt. In mir war dieses klare „Nein, so möchte ich keine Zusammenarbeit haben“.

Als Existenzgründerin in den ersten Monaten einer Kundin zu kündigen? Volles Risiko und Mut, zu sich zu stehen? Ja, das war definitiv die richtige Entscheidung. Einige Wochen später war ich komplett ausgebucht mit meinen absoluten Herzenskunden.

Auch im privaten Bereich gab es Momente, in denen ich früher um des lieben Friedens willen eingeknickt wäre. Es fällt mir um einiges leichter, freundlich eine Grenze zu ziehen und „Nein“ zu sagen und dann das folgende Unbehagen auszuhalten.

“Bis hier her und nicht weiter”, heißt Energie kontrollieren. Nie mehr unterdrücken

Diese unkontrollierte Energie – weswegen ich zu dir gekommen bin, um zu lernen, sie zu kontrollieren – heute unterdrücke ich sie nicht mehr. Jetzt sage ich: „Bis hierher, und nicht weiter!“  Damit lasse ich sie raus, und sie verwandelt sich in etwas, das beiden Seiten nutzt.

“Was raus muss, muss raus” – der Schlüssel dazu: der richtige Ton

Ja, ich arbeite noch ein bisschen am Feinschliff meiner Tonlage. Doch es ist erst mal raus: „Okay, Freund, das war jetzt meine Meinung. Über das WIE können wir noch sprechen. Aber nicht über das, WAS ich dir sagen wollte. Es entspricht meiner Wahrheit, und mit der musst du jetzt umgehen.“

So bin ich mittlerweile unterwegs.

Auch das diplomatische Nein gelingt mir mittlerweile ganz gut. Ich wusste gar nicht, in wie vielen Varianten ich „Nein“ sagen kann. Und dass ich das immer wieder sagen darf. Heute klappt das ganz entspannt mit „Ja, muss ich, kann ich, will ich aber nicht.“ Ist Übungssache.

[Du willst auch leichter Nein sagen? TIPP: Starte mit einem Selbstcheck für dich.]

Der richtige Impuls bewegt das ganze System

Es scheint, als wäre das ganze System durch deine Veränderung in eine neue Qualität gewachsen.

In der Familie war es die ältere Schwester, die früher von sich sagte, sie sei ja „nur“ ein Mädchen. Der jüngere Bruder war viele Jahre der Chef im Ring… Und jetzt dieser winzige Impuls damit zu experimentieren, was passiert, wenn ich dieses „nur“ aus meinem Wortschatz streiche.

Dadurch hat sich tatsächlich viel geändert. Die alten Rollen sind nicht mehr so zementiert. Ich bin tatsächlich wieder die Erstgeborene. Klar hat er komisch geguckt, als ich ihn meinen „kleinen“ Bruder nannte. Er ist schließlich einen Kopf größer als ich. Doch ich habe meinen Platz als die Ältere im Familiensystem wieder eingenommen und die alte Rollenzuschreibung „Mädchen sind still und dienen“ abgestreift.

Gleichzeitig habe ich meine Grenzen neu definiert. Das merkt meine ganze Familie.

Deine beruflichen Veränderungen: 2022 warst du angestellte Assistentin der Geschäftsleitung. Heute 2024 bist du selbständig als Virtuelle Assistentin. Erzähl von deinem Weg.

“Dem Gehenden schiebt sich der Weg unter die Füsse”

Im Februar 2024 war mein Startschuss als Selbständige. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich tatsächlich schon meine erste Kundin. Im April war ich ausgebucht. Im Mai habe ich eine Kundin gekündigt, weil wir nicht zusammenpassten. Im Oktober meine erste Mitarbeiterin auf Minijob-Basis eingestellt.

Irgendwann dachte ich: „Ja, wenn man seinen Weg geht…“. Das erinnerte mich an den Spruch von Martin Walser.

Der Mut, diesen Satz wahrwerden zu lassen; das war die größte Hürde. In dieses Vertrauen zu gehen, dass wenn ich jetzt losmarschiere, sich der Rest ergibt.

Gratulation. Seit 2022 sind erst zwei Jahre vergangen. Das ist rasant.

Das erste halbe Jahr der Transformation war nicht ganz so einfach. 2023 war ich lange krankgeschrieben. Ich musste erst einmal raus aus dem Alten, zur Ruhe kommen, die Dinge tun, die mir guttaten. Das klingt leichter, als es war. Ich war so erschöpft. Einkaufen war schon Königsdisziplin.

Dankbar für die Zeit, die ich mir geschenkt habe

Ich bin mir selbst dankbar, dass ich mir diese Zeit gelassen habe. Meinem Umfeld bin ich dankbar, dass sie mir keinen Druck gemacht haben. Jeder hat irgendwie gespürt: „Die geht jetzt ihren Weg und den lassen wir sie so gehen, wie sie möchte.“

Als ich das erste Mal bei der Agentur für Arbeit war, hatte ich eine tolle Sachbearbeiterin. Ich habe über den Gutschein das Gründungscoaching machen können. Und der Antrag auf Gründungszuschuss war erfolgreich. Ohne den hätte ich nicht in die Selbstständigkeit gehen können. Alleinerziehend mit Kind wäre das finanziell nicht möglich gewesen.

Dankbarkeit als Lebensgefühl

Dieser Rückenwind war eine mega Unterstützung. Mit dieser Freiheit kam eins zum anderen. Die erste Kundin, die zweite Kundin. Der Lebenspartner der ersten Kundin mitsamt Firma. Da bin ich jetzt Head of Finance. Die sind alle Anfang 30, ich bin echt die „Seniorin“ unter ihnen. Aber das ist so ein so herzliches Miteinander.

Das sind Momente, in denen ich immer wieder denke: „Boah, Dankbarkeit das trifft’s“. Dieses Gefühl ist mir immer präsent.

Silke, welchen Tipp gibst du Frauen, wenn nicht alles so schnell geht, wie man es sich wünscht?

Aushalten. Ja, aushalten.

Aushalten heißt was?

Die Situation aushalten. Dem Druck von außen standhalten.

Wie gelingt dir das?

Vertrauen wagen. Gegen Durststrecken und Enttäuschungen

Nicht in Panik verfallen, immer wieder ins Vertrauen gehen.

Mich erst mal fragen: “Ist der Weg der Richtige?” Und wenn das Gefühl sagt: „Ja, ich will …“, dann dem Weg folgen.

Vertrauen auch für die Momente, in denen ein Kunde anfragt, sich dann aber nicht mehr meldet.

Letzte Woche habe ich mit einem potentiellen Neukunden gesprochen; hatte ein tolles Gefühl dabei. Du denkst dir: „Okay, super, das passt.“ und dann kommt nichts mehr. Nicht mal eine Absage. Das ist enttäuschend, doch ich denke mir dann „Okay, ist so. Ich kann mich anderweitig beschäftigen. An Arbeit mangelt es mir nicht.“

Ganz überraschend ruft mich dann heute Morgen jemand an, der auf der Suche nach einer VA ist.

Ja, das muss du aushalten können, das geht nur mit diesem Vertrauen.

Wissen warum. Und das auch spüren können.

Zum Vertrauen gehört für mich auch zu klären: „Warum mache ich das, was ich tue?“ Das war im letzten Jahr auch so ein Schlüsselmoment für mich. Als ich mir mein „Warum“ klar gemacht habe, sind mir die Tränen gekommen. Es kam so tief aus meinem Inneren.

Verrätst du uns, was dein Warum ist?

Ein freieres Leben.

Also dieses Selbst und Ständig, das habe ich bis jetzt noch keine Sekunde gespürt. Das ist eher dieses „Selbstständig-Ich“. Ich habe die Freiheit und auch die Pflicht, meine Entscheidungen selbst zu treffen.

Und als ich letzte Woche gemerkt habe: „Hey, du stellst jetzt gerade jemanden ein, du bist wieder Chefin“ war das ein klares „Ja“ dazu. Vielleicht sitze ich auch mal zehn Stunden hier. Aber Ja, es ist MEINE Entscheidung. Ich bin nicht mehr von irgend jemandem abhängig.

Jetzt ist dieser Kaktus wieder da, wo er hingehört.

So also fühlt es sich an, wenn es richtig ist. Für mich richtig.

Silke, du hast für deinen Weg gekämpft, ich erinnere mich an eine große innere Hürde im Spätherbst 2022. 

Ich wurde Zeugin, wie du in ein altes Muster zurück gekracht bist. Man hatte dir im Job eine Karotte vor die Nase gehalten. Dein schlauer Körper hatte lange verstanden, dass das nur eine Finte war und rebellierte wieder. Doch du warst wie erstarrt. Da habe ich in meine Filmkiste gegriffen, die ich als StoryCoach gern nutze. Erinnerst du dich?

Oh ja. Du meintest, ich würde mich zum Spielball machen.

Ich dachte, „Okay, als Coach lehnst du dich jetzt ganz schön weit aus dem Fenster.“ Bis zu diesem Zeitpunkt warst du immer neutral geblieben, hast mich die Antworten finden lassen. Das war das erste Mal, dass du deine Meinung so deutlich kundgetan hast. Du hast es auf den Punkt gebracht und deutlich Position bezogen.

Doch genau das hat mir in dem Moment über die Hürde geholfen. Da warst du mein Polarstern, weil du ausgesprochen hast, was ich in diesem ganzen Tohuwabohu nicht mehr sehen konnte.

Dann habe dir erzählt, dass ich die Kündigung eigentlich schon geschrieben hatte.
Von dir kam: „Du hast dich also entschieden?“.

Ja, und es hat sich genau richtig angefühlt. Am dritten Arbeitstag 2023 war dann exakt der richtige Zeitpunkt für mich, zu kündigen. Ich bin gegangen und habe nicht ein einziges Mal zurückgeschaut.

Was gibst du in eine Browser-Zeile ein, um eine Coach wie mich zu finden?

Kommunikationstrainerin.

Weshalb gerade das?

Kommunikation ist der Schlüssel von allem

Weil Kommunikation der Schlüssel von allem ist. Du zeigst das Verborgene, was in der Kommunikation noch stattfindet. Das, was dahintersteckt. Du hast mich gelehrt, hinter die Kulissen zu schauen. Und mir das Werkzeug an die Hand gegeben, das es braucht, um selbständig dahinter gucken zu können.

Wem würdest du empfehlen, mit mir zu arbeiten? Wer sollte es besser lassen?

Also wenn jemand keine direkten, klaren Fragen möchte, nicht durch bisschen Provokation aus der Reserve gelockt werden möchte, wer lieber in seiner Hängematte bleibt, der soll nicht zu dir kommen.

Doch wer durch ganz klare fundierte Analyse der Situation „Was ist vorhanden?“, „Wo möchtest du hin?“ und „Was fehlt noch?“ geführt werden will, der ist bei dir genau richtig.

Dein neues Leben als Selbstständige Virtuelle Assistentin. Auf deiner Webseite steht: „Vertrauen, Abgeben, Freiräume schaffen.Was bedeutet das für dein Leben als Dienstleisterin? Was für die Menschen, mit denen du arbeitest?

Eine Kundin hat mir geschrieben, sie hätte seit ihrer Zusammenarbeit mit mir 6.000 Euro mehr Umsatz. Weil ich ihr das genau das abnehme, was sie so ungern macht und sie sich dafür auf ihre Kernkompetenz konzentrieren kann.

Also jede macht das, was sie am besten kann. Dann ist jede in ihrer Energie. Statt sich z.B. mit dem Steuerberater herumzuärgern, konzentriert sie sich auf ihre Stärken. Ich bekomme eine kurze Info und ich kümmere mich. Neulich sagte sie zu mir: „Wenn man dir etwas gibt, dann weiß man, dass es zu 120% erledigt ist. Und zwar in meinem Sinn.“ Sie meinte, es sein ein absoluter Geniestreich gewesen, mich zu engagieren.

Silke kümmert sich! Brauchst du auch eine Silke?

Eine andere Kundin hat zum ersten Mal wieder zwei Wochen wirklich Urlaub mit ihrer Familie machen können, weil sie genau wusste, das läuft daheim. „Silke kümmert sich“ – genau dieses Feedback kommt oft.

Das Schärfste war eine Anfrage über Linkedin: „Ich habe die Empfehlung von X bekommen, die meinte, ich brauche jetzt auch eine Silke“. 😊

Deshalb Danke Katrin für

  • dein Mut machen,
  • dein hinter-dem Ofen hervorziehen,
  • dein Wachrütteln.

Ohne dich wäre ich nicht da, wo ich heute bin.

StoryCoaching schenkt die Fähigkeit, mit den eigenen Flügeln zu fliegen

Hast du dir 2022 vorstellen können, dich so schnell selbstständig zu machen?

Nein. Nein, nicht wirklich. Aber es war genau der richtige Zeitpunkt.

Klar, im Rückblick denke ich, hätte ich es vielleicht drei, vier Jahre früher machen können… Aber alles hat seine Zeit. Als würde eine Raupe, die sich im Kokon verpuppt hat, und eigentlich längst reif zum Schlüpfen ist, noch auf den richtigen Zeitpunkt warten.

Du hast gesehen, was schon da war, hast mir Auftrieb gegeben und geholfen, Vertrauen zu finden. Vertrauen in die Fähigkeit meiner eigenen Flügel zu fliegen.

Das strukturierte Ergründen, was ich mit Kommunikation erreichen kann, hilft mir noch heute, schwierige Gespräche zu führen. Denn die hat man als Virtuelle Assistentin häufiger. Im Auftrag seines Kunden unterwegs zu sein, heißt nicht immer eitel Sonnenschein.

Hat ein Kunde einen Steuerberater, mit dem ich zu tun habe, dann kann es sein, dass der Steuerberater und ich niemals beste Freunde werden. Doch das müssen wir auch nicht. Ich kann

  • ihn dort stehen lassen, wo er ist,
  • eine Kommunikationsebene anpeilen, die uns beiden dient.
  • in Mails emotionale Spitzen überlesen, mit denen ich gar nicht gemeint bin.
  • unterscheiden, ob da auf der anderen Seite alter Groll ist, der nichts mit mir zu tun hat. Wenn es nötig ist, spreche ich das ganz klar an.

Ich darf, wenn es nicht respektvoll läuft, den Kunden auch abgeben. Neulich fragte mich jemand: „Ja willst du mir drohen?“
Nein, das will ich nicht. Doch es gibt Dinge, die will, die brauche ich nicht mehr. Mit alten Geschichten, die mir nichts bringen, bin ich durch.

Genau das bedeutet für mich Freiheit. Gelassen zu dem stehen, was mir wichtig ist. Persönliche Grenzen setzen und wahren.

Deshalb ist Kommunikation mein Schlüssel zur Freiheit.

Du willst mehr Interviews aus dieser Reihe? Lies:

Teil  1: StoryCoaching gibt Sicherheit (Rose-Marie)

 

 

Fotocredit: Susanne Ganter

So sterben wir. Fakten und Geschichten – GoodRead Nr. 3

MyGoodReads: – 6 Bücher – 6 Wochen – 6 Blickwinkel- mein Sommerexperiment, um zu zeigen, welche Geschichten hinter StoryCoaching stecken. Herzliche Einladung zum Dialog, wenn du die Dinge ähnlich oder ganz anders siehst.

August in Hamburg. Kurz vor Mitternacht. Drinnen tobt die Party. Draußen sprechen N. und ich nun schon zwei Stunden. Die Nachtkühle ignorieren wir. N. liegt mir am Herzen. Und sie hat Krebs. Aktuell haben sie ihn im Griff. Phantastisch, welche Möglichkeiten moderne Medizin heute hat. Trotzdem, gesund ist sie nicht mehr.

Für N. kommen die Fragen. Das Leben will es jetzt wissen: Was kommt am Ende? Und was in der Zeit davor?

Sterben? Passiert mir nicht.

So gern würden wir glauben „Es trifft ja immer nur die anderen“.
Irrtum. Auch unser Ablaufdatum steht fest. Wir kennen es nur noch nicht.

So sterben wir

Roland Schulz

Im letzten Jahr habe ich behutsam begonnen, mir eine neue Haltung dazu zu erobern. Ein Einblick: “Wie kann Abschied fröhlich sein” – Interview mit einer Bestatterin.

Damals ist mir Roland Schulz Buch als fordernder Wegbegleiter zum ersten Mal begegnet. Lass es mich dir heute ans Herz legen.

Der moderne Mensch denkt über den Tod wie über den Weltraum: Er existiert zweifelsohne irgendwo da draußen – aber im tiefsten Herzen sind wir sicher, niemals durch seine Dunkelheit zu wandeln.“ (Schulz, Seite 18)

 

Wozu ich es lese.

Es werden viele Geschichten über das Sterben erzählt. Keine/r weiß, welche wahr sind. Dabei wünschen wir uns doch alle ein gutes Ende. Vielleicht sollten wir dann beginnen, uns für diese Geschichten zu interessieren. Um zu verstehen, was in unserer Macht liegt und was nicht.

Damit ich N. besser zuhören kann. Und einfach da sein.

Worum geht’s? Schlaglichter.

Die krumme Kraft der Kommunikation. Den Unfug, den Gesunde plappern, wenn wir nicht wissen, wie wir mit Krankheit und Tod natürlich umgehen können.

Wie sich Sterben anfühlt und wann es beginnt.

Dass Trauer mitten im Leben erlaubt ist. Auch die um dich selbst. (Dazu habe ich hier schon mal geschrieben)

Der knifflige Papierkram, der Fragen ans Leben aufwirft.

Sterben ist hart, Sterben schmerzt. Die Möglichkeiten der Palliativmedizin, und warum wir danach fragen müssen.

Der Papierkram beim Sterben

Wenn du gestorben bist, wird der Papierkram auch nicht weniger. Die gute Nachricht: der geht dich dann nichts mehr an. Doch ist die Bürokratie nach dem Tod beeindruckend. Eine Maschinerie, die sich beeinflussen lässt, wenn man weiß wie.

Roland Schulz hat für sein Buch mit Fachleuten gesprochen, die beim Sterben dabei sind, und die übernehmen, wenn dein Ende noch nicht das Ende ist: Hospiz- und Krankenhauspersonal, Bestatter, Menschen in Krematorien, einem Thanatopraktiker, Bestatter*innen, Verwaltungsbeamten, einem Trauerbegleiter.

Fun-Fact: Nicht nur wir glauben, dass Verdrängen uns beim Überleben hilft. Stellt Schulz den Profis die Frage nach den persönlichen Vorkehrungen für den eigenen Tod, haben sie oft genau so wenig getan, wie die meisten von uns. Auch Spezialist*innen für Sterben schieben es gern vor sich her, ihren Kram zu regeln. Wie menschlich.

Was es in mir auslöst.

  • Ein tiefes Gefühl von Verbundenheit durch die Gewissheit: diesen Weg gehen wir alle.
  • Frieden im Blick auf das Ende. Und die Bereitschaft, das Sprechen dem Schweigen vorzuziehen.
  • Lebensfreude, als tiefe Fähigkeit, mich an allem zu erfreuen, was jetzt ist.

Ich empfehle das Buch:

Mutigen Menschen, die sich ehrlich mit der eigenen Endlichkeit auseinandersetzen wollen, und dabei mehr Lust auf Klartext, als auf gute Ratschläge oder psychologischen Samthandschuhe haben.

Jedem und jeder, der/die sich ihrem Unbehagen oder ihrer Angst vor dem Unbekannten stellen wollen und nach einem guten Anfang suchen.

Dir, liebe N.

Leben ist jetzt

Das Leben ist jetzt.

Schönheit, Vergänglichkeit, Erneuerung: all das steckt in einem einzelnen Moment.

Die Kirschblüten an der Hamburger Alster sind dafür gerade ein eindringliches Symbol. Ende März: die Knospen platzen fast. Die Ahnung, bald geht es los mit der rosafarbenen Pracht. Doch die Tage bleiben gefühlt endlos nass und kalt. Sogar Frost haben wir nachts. Dann endlich – zwischen blassem Rosé und knalligem Pink explodiert Schönheit vor Grauhimmelkulisse, verspricht Frühling und Erneuerung.

Wenn…, ja wenn nur nicht der Regen alles wieder zunichtemacht.

Jahrelang habe ich gebangt: Wie lange hält die empfindliche Pracht?

Doch Leben ist jetzt.

Heute habe ich verstanden: Sorgen sind sinnlos. Denn ob ich mich sorge oder nicht, der Regen kommt sowieso. Das lässt mich den Moment – mein persönliches Hanami – das Blüten betrachten, viel intensiver genießen.

Ich denke an Doris Dörries Film Hanami von 2008. Sie beschreibt darin nicht nur die Schönheit der Bäume. Sie erzählt die Geschichte von Rudi, der – unheilbar erkrankt – nach dem unerwarteten Tod seiner Frau an ihren Sehnsuchtsort Japan reist, um ihr versäumtes Leben nachzuholen. Mich hat schon damals der Versuch, Vergebliches dennoch zu versuchen, sehr berührt.

Doch Leben lässt sich nicht nachholen, es ist immer jetzt und hier.

Halte einen Augenblick inne in dem was du gerade tust, ganz gleich wo du gerade bist: am Schreibtisch, im Meeting, im Bus, im Wartezimmer.

Atme aus und finde deine Antworten zu:

Schönheit: Was entdecke ich gerade Schönes um mich herum?

  • Menschen, ihren Blick, ihre Gesten?
  • Dinge, ihre Farben oder Formen?
  • Die Sounds der Stadt oder Natur?
  • Mich selbst im Spiegelbild einer Schaufensterscheibe?

Vergänglichkeit:

  • Was wird es nur heute für mich geben?
  • Was macht diesen Augenblick kostbar, weil er sich niemals (oder erst im nächsten Frühjahr) wiederholen wird?
  • Was genieße ich deshalb jetzt mit allen Sinnen, und sei es nur ein paar Sekunden lang?

Erneuerung: Wohin bin ich unterwegs? Wohin soll mein nächster Schritt mich führen?

  • Jetzt gerade oder in den nächsten Stunden oder Tagen: ein wichtiger Termin, eine entscheidende Verhandlung, die Kita, der Einkauf, ein Krankenbett?
  • Mit weitem Blick: in diesem Jahr, in meinem Job, meinem Leben? Ist das gerade wirklich mein Weg? Wie kann ich mutig neu beginnen?

Bei aller Eile, mit der wir oft durchs Leben rennen:

Es lohnt sich, hin und wieder bewusst den Moment zu betrachten.

Jeder Augenblick ist wie eine Kirschblüte im April. Denn unser Leben ist jetzt. In diesem Moment.

Leben ist jetzt. Genieße den Moment, jeden Augenblick deiner eigenen LifeStory. Katrin Klemm StoryCoaching

Das nächste Hamburger Kirschblütenfest ist am 19. Mai 2023. Sehen wir uns zum Feuerwerk an der Alster?

Oder – wenn du nicht mehr warten und dein Leben in die eigenen Hände nehmen willst, die nächste Hamburger Design your LifeStory startet bereits am 10. Mai.

Denn dein Leben ist jetzt. Und alles Neue beginnt in diesem Moment. Worauf wartest du noch?

Lass uns miteinander sprechen.

 

Alte Stories neu erzählt: Abschied

Wie kann Abschied fröhlich sein?

Lange habe ich nicht mehr so von Herzen gelacht wie bei meiner Weiterbildung im Lotsenhaus Hamburg . Das Thema: „Abschied und Bestattung“. Ein Thema, bei dem vielen das Lachen im Halse stecken bleibt.

Mit Julia Kreuch ist das ganz anders. Ihr kerniges Lachen ist ansteckend. Sie macht Tote schön und sagt über sich „Ich bin genau da, wo ich sein will“. Wenn sie uns zeigt, was alles möglich ist auf der letzten Reise, dann gehört der Tod ganz natürlich zum Leben.

Julia ist Bestatterin.

Das war sie nicht immer.

Wir unterhalten uns über:

  • ihre Arbeit und den Weg dorthin.
  • das was sie jeden Tag für Menschen tun kann, die Lebenden und die Toten
  • Abgrenzung im Job als Naturtalent
  • bezahlbare Abschiede
  • die alte Geschichte mit der Pietät „So was fragt man doch nicht“

Julia, ich habe das Gefühl, dein Lachen spiegelt deine Art, mit Abschied und mit den Lebenden humorvoll umzugehen. Dadurch nimmst du dem Tod ein Stück den Schrecken. Doch verlangt man von einer Bestatterin nicht eine seriöse Ernsthaftigkeit? Wie passt das mit deiner Lebenslust und deinem Humor zusammen?

Zuerst mal Nein, es ist gar kein trauriger Job. Er ist ganz, ganz wundervoll. Für mich ist das wirklich der schönste Beruf der Welt: Ich bin ein Menschenfreund und habe hier ganz viel mit Menschen zu tun. Ja, die Menschen sind traurig. Aber ich bin ja nicht diejenige, die das Leid geschaffen hat. Weder kreiere ich Krebs, noch fahre ich mit dem Auto irgendjemand tot, noch bringe ich Menschen auf andere Weise um.
Ich helfe einfach, wenn der Trauerfall eingetreten ist.

Abschied ist wichtig

Im Lotsenhaus ist uns das Abschiednehmen sehr wichtig, und wir können das richtig gut. Wir können Abschied sehr fröhlich gestalten. Fröhlich ist vielleicht das falsche Wort, aber man kann es so gestalten, dass es zu dem Verstorbenen passt.

Streichholz im Sarg - Storytelling

Was gehört alles zu dieser Gestaltung des Abschieds? Wie stelle ich mir den Job der Bestatterin vor? Wo fängt er an? Wo hört er auf?

Der fängt ganz klassisch mit dem Anruf an: eine Person ist verstorben. Unsere ersten Fragen sind dann: Wo ist sie verstorben und war der Arzt schon da? Wie schnell können wir diese Person überführen?
Das heißt, Überführungen gehören bei uns dazu, und am liebsten holen wir die Verstorbenen tatsächlich ins Lotsenhaus. Hier können wir sie waschen, ankleiden und jetzt kommt der wichtige Part für den Abschied.

Den Tod gestalten und begreifen

Gestalten und begreifen, das heißt Abschied von Anfang an. Wir sind der Meinung, dass man den Tod besser versteht, wenn man den Verstorbenen noch mal gesehen hat, sich verabschiedet hat. Das ist für uns super super wichtig.

Ich bin jetzt bald zwei Jahre hier. In zwei Jahren hatten wir nur ein einziges Mal die Situation, wo wir davon abraten mussten, weil wir den Sterbenden nicht mehr zeigen konnten. Ansonsten kann man die Hand zeigen, man kann den Fuß zeigen, man kann irgendwas zeigen. Die/ der Angehörige hat die Chance, sich zu verabschieden. Damit begreifen wir den Tod als eine neue Stufe, der ja auch in meinem eigenen Leben eine große Veränderung hervorruft.

Die eigene Geschichte neu schreiben

Große Veränderungen. Da sind wir mitten in deiner persönlichen Geschichte. Du bist noch nicht so lange Bestatterin. Bevor du vor zwei Jahren als Minijobberin im Lotsenhaus angefangen hast, warst du Partner-Managerin bei Xing. Welche Ähnlichkeiten haben die Aufgaben? Worin unterscheiden sie sich?

Ja, es gibt Überschneidungen. Beide Jobs haben mit Menschen zu tun. Auch wenn das bei Xing natürlich Business-to-Business war, das waren ja keine Maschinen mit denen ich zu tun hatte.

Was ich schon immer gemacht habe, war Social Selling. Ich kenne all die ganzen Vertriebsmethoden theoretisch und praktisch. Doch ich habe es immer in meiner Art gemacht. Im Partner-Management ist das ein Geben und Nehmen, man hilft sich gegenseitig.

Als Bestatterin helfe ich Menschen in ihrem ganz persönlichen Leben. Für eine ganz kurze Zeit bin ich Teil ihres Privatlebens. Und das hat bei meinem Gegenüber nichts mit dem Beruf zu tun.

Abschied: ein ganz persönlicher Job

Ich greife wirklich ins Privatleben ein und bin für eine Weile ein Teil davon. Das ist der riesige Unterschied. In den Wochen nach dem Tod gebe ich den Angehörigen Hausaufgaben, sage ihnen, was sie zu tun haben, wie wir die Trauerfeier gestalten, und dann entlasse ich sie wieder. Aber erst mal bin ich da ganz schön tief drin.

Ich stelle es mir nicht leicht vor, sich da abzugrenzen. So wie ich als Coach bist du ein MenschenMensch. Wir mögen Menschen und sind sehr empathisch. Wie bekommst du es hin, dich abzugrenzen zu den Menschen, die dir ihre Verstorbenen anvertraut haben; die dann aber in ihr Leben weitergehen.

Grenzen sind nötig. Oder nicht?

Hm, ich habe das einfach. Ich glaube, nur deswegen kann ich diesen Job machen. Das habe ich nicht gelernt, oder so. Im Praktikum hatte ich schon die Sorge: „Kommen jetzt die Verstorbenen zu mir nachts ins Bett, nehme ich das mit?“ Doch ich habe relativ schnell gemerkt, dass sie nicht kommen.

Natürlich, über manche Familie, manche Fälle, über die denke ich vielleicht länger nach. Länger kann für mich aber auch schon eine halbe Stunde bedeuten. Ich fahre mit dem Fahrrad zur Arbeit hin und zurück, und in dieser halben Stunde entsteht Abstand. Wenn ich zu Hause ankomme, ist es dann meistens schon Vergangenheit. Da gibt es für mich keine Methode. Ich kann das einfach. Es ist ein Naturtalent.

Alte Geschichten renovieren

Als StoryCoach weiß ich, dass wir Menschen uns Geschichten erzählen, um die Welt besser zu verstehen. Da sind auch eine Menge alte Geschichten dabei, die uns am Leben hindern und dringend renovierungsbedürftig sind.

Falsche Bilder - alte Stories vom Abschied

Als ich begonnen habe, mich mit Abschied und Trauer zu beschäftigen [So fing es an] , hatte ich auch solche alten Geschichten im Kopf. Die eine, dass Bestatter vergrämte, verhutzelte alte Männer sind, die mit ihren Bestattungsinstituten grundsätzlich die Familien der Verstorbenen abzocken. Ist ja schließlich ein lukratives Geschäft. Bei anderen ging es um Pietätlosigkeit, das Wort habe ich von meiner Großmutter gelernt. Es heißt mich „So was fragt man nicht!“.

Welche alten Geschichten begegnen dir im Alltag rund um den Abschied? Welche sollten dringend korrigiert werden?

Ich merke tatsächlich oft, dass unsere Angehörigen irritiert sind, weil wir im Lotsenhaus drei Frauen sind. Denn diese mittelalten, grauhaarigen, kurzärmlige Hemden tragenden Bestatter, die sind schon noch allgegenwärtig. Das sehe ich auf Friedhöfen.

Lebe ich in meiner alternativen Bestatter Blase? Ja schon.

Doch wenn ich mich mit anderen Bestattern austausche, höre ich immer wieder gruselige Geschichten. Von Menschen, die abgezockt werden, von viel zu teuren Särgen, die für eine Einäscherung verkauft werden.

Was mir nachhaltig hängengeblieben ist: Viele Angehörige bekommen von Mitarbeitern der Bestatter gesagt, sie sollen ihre Verstorbenen nicht mehr angucken und sich nicht verabschieden. Na ja, warum machen das viele Bestatter? Weil sie keinen Bock haben, die Verstorbenen zu versorgen. Das finde ich schon übel.
Ist das immer der Grund? Nicht immer, vielleicht hatte sich der Mensch schon zu sehr verändert. Sie sind ja im Tod so unterschiedlich wie im Leben. Die Medikamente, die Chemo, wann ein Mensch gefunden wird, der einsam gestorben ist – da kann es sein, dass es wirklich nicht geht. Aber immer, wenn ich höre, dass man sich nicht verabschieden soll, gehen bei mir die Alarmglocken an. Machen das alle? Nein, aber das begegnet mir schon oft.

Was das Abzocken angeht, wir gehen ganz transparent mit den Preisen um. Wir haben eine Preisliste, da wird nichts gewürfelt nach dem Motto: „Für die Familie kostet der Sarg so viel. Für die andere Familie, die viel reicher aussieht, kostet der mehr.“ Im Erstgespräch sprechen wir über diese Preisliste, denn wir brauchen Handlungsvollmachten. Aber wir schreiben auch ein Angebot und betrachten das als lebendes Dokument.

 Transparenz gibt Sicherheit

Gleich zu Beginn zeigen wir den Angehörigen transparent, was auf sie zukommt. Wenn wir dann im Prozess beginnen: „Welches Catering nehmen wir, welche Blumen?“, da kann sich noch viel ändern. Nicht immer wird’s teurer. Oft wird es günstiger, weil wir uns für andere Sachen entscheiden. Wenn wir mit der Familie zum Beispiel den Abschied privat in der Gartenlaube der Oma machen, weil sich die Familie das so wünscht.

Aber da sind wir schon bei dieser Pietät. Ja, Angehörige fragen nicht nach der Gartenlaube. Aber ich bin ja nicht doof. Gerade wenn ein Mensch überraschend verstirbt, dann muss die Familie auf einmal 10.000 Euro irgendwo herhaben. Da kann man doch nachfragen. Gibt es eine Sterbegeld-Versicherung? Sollen wir die Rechnung splitten? Sollen wir sie später stellen? Ich möchte, dass sie sich darüber keine Sorgen machen müssen.
Wir finden heraus, wie wir einen Abschied oder eine Feier gestalten können, auch wenn nicht so viel Geld vorhanden ist. Dann ist es eben in dem Schrebergarten oder was auch immer.

Worüber reden wir weniger gern übers Geld oder über Tod?

Da haben wir gleich zwei Tabu-Themen, über die wir Deutschen nicht so gern sprechen. Geld und Tod. Wenn wir nicht darüber sprechen, können wir so tun, als ginge es uns alles nichts an.

Neue Geschichten über die letzte Reise

Welche alten Geschichten über Tod und Abschied sollten wir außerdem neu schreiben?

Ich sage all meinen Familien, gerade bei einer Trauerfeier, dass wir beim Abschied doch das Leben des Verstorbenen feiern. Wir feiern, wie lange er Teil in der Familie, im Freundeskreis, im Kollegenkreis war, was man alles erlebt hat und nicht, dass er jetzt tot ist. Natürlich sind wir traurig, aber es sollte doch die Dankbarkeit, die Freude überwiegen, wie lange man/sie ihn im besten Fall hatte.

Das habe ich für mich selbst schon sehr früh entdeckt. Ich war Anfang 30 als mein Opa gestorben ist. Natürlich war ich traurig, aber ich war so dankbar. Wer hat denn bis Anfang 30 seinen Opa? Er war Tierarzt, er hat mir das Reiten beigebracht und noch so viel mehr. Ich war Anfang 30 und kein Kind vom fünf Jahren. Was für ein Glück hatte ich da. Jetzt ist er tot. Das ist traurig, doch er war einfach alt. Diese Dankbarkeit und diese Freude, dass man jemanden lange hatte, das wichtig.

Jeden Tag neu entscheiden

Unser Leben ist ja ein Kreislauf aus Entscheidungen und Entwicklungen. Du scheinst in beiden richtig gut zu sein. So wie zu der Zeit in der du Abschied von deinem Managerinnen-Job genommen hast. Wie kam das? Gab es einen Moment, wo du gesagt hast: Jetzt muss ich aufbrechen, jetzt will ich was anderes? Das was ich jetzt mache, das ist es nicht?

Gab es den richtigen Moment? Na ja, ich musste mich ja irgendwann entscheiden. Ich hatte schon länger drüber nachgedacht. Hinweis: Darüber wie alles anfing und was Julia in ihrem Leben als „Nomaden Kind“ vorher alles erlebt hat spricht sie in einem ausführlichen NDR Interview .

Zuerst hatte ich ein Praktikum, dann den Minijob neben XING. Das zwei Jahre lang parallel, das war anstrengend. Das hätte ich nicht mehr lange durchhalten können. Da habe ich mir gedacht: Was soll mir denn passieren? Im schlimmsten Fall gehe ich zurück zu Xing. Wenn nicht dorthin, dann gehe ich zur LinkedIn oder Pinterest oder wie sie alle heißen. Mit einem Einstieg in den Job klappt das im Vertrieb immer wieder, denn das wollen nicht allzu viele Menschen machen.

Manchmal muss man einfach ausprobieren

Man muss doch Dinge zwischendurch mal ausprobieren. Was soll denn passieren? Also vielleicht habe ich da auch meine Luftschlösser gebaut. Wie es sich entwickeln wird? Ich kann es jetzt noch nicht wissen und selbst wenn, dann wird es doch wieder anders, als geplant.
Aber ich möchte nicht an meinem eigenen Grab stehen und denken „Ach hätte ich mal! Warum habe ich bloß nicht?“ Dann fliege ich lieber mal auf die Schnauze.

Man muss das Leben nicht so verbissen sehen. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich mich nicht als Karrierefrau sehe. Das war ich nie. Ich habe auch bei Xing mein Team geliebt, meinen Job geliebt. Aber ich wollte da nicht unbedingt Geschäftsführerin werden. Ich bin zufrieden. Mir ist auch mein Privatleben wichtig. Ich reise super gern. Ich will meine Freunde sehen, ich will hier in Hamburg was erleben. Und das kann ich nicht, wenn ich von morgens um sechs bis abends um elf arbeite.

Sich auf das Leben einlassen

Ich glaube, wir sollten echt einfach mutig sein und Dinge ausprobieren. Klar könnte jetzt auch jemand sagen: „Du hast keine Kinder, hast keine Familie!“. Aber trotzdem habe ich ja einen Partner und eine Eigenverantwortung. Aber wir sollten alle immer mal ein bisschen mutiger sein und Dinge ausprobieren.

Sich aufs Leben einlassen. Das ist ein Tipp an alle Frauen, die spüren: Ich bin nicht mehr am richtigen Platz, ich fühle das. Doch aus Sicherheitsgründen bleibe ich lieber da.

Julia, neben deiner Neugier aufs Leben, deiner Lebensfreude, deiner Risikobereitschaft sehe ich bei dir auch diese Fähigkeit, sich aufs Leben einzulassen. So eine wunderbare Gabe. Und das perfekte Schlusswort.

Vielen, vielen, vielen Dank für dieses intensive Interview.

Eine allerletzte Frage noch:
Für Menschen, die sich langsam an das Tod und Abschied herantasten wollen, welche Bücher empfiehlst du für den Einstieg?

  • Eric Wrede, der Bestatter von Lebensnah: The End
  • Roland Schulz: So sterben wir . Das ist schon ein bisschen harte Kost, keine bequeme Lektüre.
  • Caitlin Doughty: Wo die Toten tanzen – Wie rund um die Welt gestorben und getrauert wird. Sie ist als Bestatterin um die Welt gereist und hat sich verschiedene Arten des Abschieds angeschaut.