Meinen Weg zu mir weitergehen
Wohin führt mich mein Weg?
Und wie will ich ihn weitergehen?
Nina-Kristin Lederer ist heute Management Consultant Digital Transformation. Sie trägt dazu bei, Leistungen und Prozesse der öffentlichen Verwaltung digital, sicher und für Bürger*innen zugänglich zu gestalten. Eine Sisyphus-Arbeit.
Doch kein “klassischer” Karriereweg.
Unser strategisches Karriere-Coaching startete 2017. Wonach warst du auf der Suche? Welche Hürden wolltest du wegräumen?
Ich war zu diesem Zeitpunkt bereits neun Jahre – inklusive Babypause – bei meinem ersten Arbeitgeber. Das ist eine lange Zeit. Diese Zeit der ersten Berufsjahre, in der ich wahnsinnig viel gelernt habe, die hat mich sehr geprägt. Doch schon vor der Babypause habe ich bemerkt, wie Unzufriedenheit aufkam. Nicht mit den Aufgaben oder der Verantwortung, die ich hatte. Es war mehr das Gefühl, bei meiner persönlichen Weiterentwicklung an eine zu Grenze stoßen.
Der Common Purpose Standort in Hamburg war eine kleine Organisation mit flacher Hierarchie. Durch meinen Wunsch, mehr Verantwortung zu tragen, war ich auf meinem Weg schon von der Programmkoordinatorin zur Programmmanagerin aufgestiegen. Doch mir war klar, der Posten zum nächsten Schritt – der Programmdirektorin – ist besetzt und wird besetzt bleiben. Da war ich ratlos, wo es für mich hingehen kann.
Gehen oder bleiben?
Einerseits gab mir der Job sehr viel Sinn, machte sehr viel Spaß. Ich hatte ein tolles Netzwerk aufgebaut. Dabei sind richtige Freundschaften entstanden, zu manchen Kolleg:innen habe ich heute noch Kontakt. Ich habe wahnsinnig viel erlebt, gesehen und erfahren. Und auf diesem Weg sollte es nicht mehr weitergehen?
Andererseits spürte ich die innere Unzufriedenheit und ahnte, dass irgendwann auch die Beziehung zu meinen Kolleg:innen darunter leiden würde. Ich wollte unsere großartige Arbeitskultur nicht gefährden.
Du hattest es damals als Sackgasse beschrieben.
Ja, genau so fühlte es sich an, dieses „Hier geht’s nicht weiter.“ Gleichzeitig hatte ich auch nicht das Gefühl, ich müsse jetzt nur mal einen Finger heben und würde dann schon irgendwo anders unterkommen.
Ich hatte ja selbst keine richtige Vorstellung davon, was der nächste Job für mich sein, in welche Richtung mein weiterer Weg mich führen könnte. Die internationale Organisation, die dahinter stand hatte mir sehr viel ermöglicht. Was könnte denn ein Job sein, der ähnlich bereichernd, ähnlich sinnvoll ist und mir ähnliche Möglichkeiten bietet, mich weiterzuentwickeln? Ich konnte mir allein kein Bild davon machen.
„Eigentlich stimmt alles. Und doch muss ich weiter!“
Das höre ich oft zum Coachingbeginn: „Eigentlich alles paletti, doch mein Gefühl sagt: Will ich mich entwickeln, muss ich weiter. Aber wohin?“
Dazu kommt bei aller Sinnerfüllung, dass man als junge Familie mit zwei Kindern auch von etwas leben muss, oder?
Als ich nach dem Studium eingestiegen bin, war das Einstiegsgehalt vollkommen okay, es hat mir gereicht. Es gab auch zwischendurch mal eine Gehaltserhöhung. Doch nach der Elternzeit hatte ich meine Stundenzahl auf dreißig Stunden reduziert. Das war von der Familienorganisation her nicht anders möglich, ich brauchte die zusätzliche Zeit.
Elternzeit: Im Gehalt Rolle rückwärts
Denn ich war mir bewusst, wenn ich etwas leisten möchte und das Gefühl habe, es kommt etwas Sinnvolles dabei raus, dann will ich nicht nur so ein bisschen Teilzeit machen, sondern volle Verantwortung übernehmen. Doch die Entscheidung für die dreißig Stunden hat mich fast auf mein Anfangsgehalt nach dem Studium zurückgeworfen.
Dabei hatten wir automatisch mit den Kindern steigende Lebenshaltungskosten, brauchten einen neue Wohnung. Der zukünftige Job musste mir also auf jeden Fall ein anderes Gehalt bringen.
Wohlbefinden hängt von vielen Faktoren ab.
Neben Sinn und Weiterentwicklung braucht es mehr. Deshalb haben wir im Strategischen Karriere-Coaching neben deinen Stärken und Wünschen auch die notwendigen Rahmenbedingungen unter die Lupe genommen.
Was hat dir am meisten geholfen?
Ich erinnere mich, dass ich mich tatsächlich hingesetzt und mir aufgeschrieben habe: „Was brauche ich eigentlich zum Leben? Wie hoch sind meine Kosten?” Ich habe mich mit meinen Finanzen auseinandergesetzt und überlegt: „Was wäre ein Gehalt, mit dem ich gut klarkommen würde?“ Wie viel monatlich möchte ich ausgeben für Sport, für Gesundheit, für Freizeit? Dieses analytische Herangehen, es schriftlich durchzurechnen, hat mir eine klare Orientierung gegeben.
Dazu haben wir andere wichtige Faktoren für einen neuen Job auseinander genommen. Die Arbeitsatmosphäre, Teamarbeit und die Chance, Verantwortung übernehmen zu können. Es war sehr, sehr hilfreich, mir genau zu überlegen, welche Aufgaben ich wirklich gern erfülle.
Dadurch hatte ich meine persönliche Checkliste für den Bewerbungsprozess und konnte sehr schnell abprüfen: Was wird erfüllt? Was wird nicht erfüllt? Oder zu welchem Grad? Was ist dann vielleicht in meiner Gewichtung wichtiger?
Du hast sehr intensiv reflektiert, was Karriere für dich überhaupt bedeutet. Ich zitiere dich:
„Karriere wird ja oft damit in Verbindung gebracht, dass man viel verdient, dass man hohe Positionen bekleidet, dass man viel reist oder viel arbeitet. Dass man bekannt ist, als Expertin angesehen wird.“
Ich weiß heute, dass mich nichts davon wirklich antreibt, außer dem positiven Feedback.
Wie hat sich das entwickelt?
Schon in der Studienwahl habe ich festgestellt: Für meinen Weg ist es nicht das klassische BWL-, Medizin- oder Jurastudium. Ich möchte etwas machen, was interessant ist, vielseitig, wo ich unterschiedliche Perspektiven einnehmen kann.
Mit meinem Magisterstudium Angewandte Kulturwissenschaften war mir von Anfang an klar, dass man damit vermutlich nicht reich wird. Mir war’s wichtiger, dass der Inhalt zu mir passt, dass es Felder sind, die mich interessieren. BWL habe ich trotzdem als ein Hauptfach gewählt, weil ich verstehen wollte, wie die Wirtschaft tickt. Ich habe festgestellt, wie viel Spaß es mir macht, dort hinzugucken, wo gesellschaftliche Entwicklungen sind.
Mein damaliges berufliches Interesse Corporate Social Responsibility lag genau an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Gesellschaft. Ich fragte mich:
- Wie kann Wirtschaft sinnvoll passieren?
- Wie kann Gesellschaft durch unternehmerisches Denken verbessert werden?
In meinen ersten Jahren Arbeit für Common Purpose habe ich festgestellt, wie wichtig mir das ist, mich selbst wirksam zu fühlen. Auf den regelmäßigen internationalen Treffen waren alle da, die Gründerinnen, Country Heads, unterschiedliche Kolleginnen und Kollegen aus allen möglichen Ländern.
Meine Chefin hat mir schon als junge Mitarbeiterin die Chance gegeben, mitzureisen. Vor Ort sind mir Ideen gekommen und ich hatte überhaupt keine Scheu, die vor allen vorzutragen.
“Ich denke in Wirksamkeit”
Ich habe nicht in Hierarchien gedacht, sondern in Wirksamkeit. Ich hatte Lust, was zu machen, hab Kolleg:innen gefunden, die Lust hatten, das mit mir umzusetzen und hab es gemacht. Meine Chefin meinte damals: „Du bist schon ganz schön mutig, dass du dir den Raum nimmst dafür!“
Da hatte ich vorher nie darüber nachgedacht. Ich hatte einfach Lust darauf. Ich war intrinsisch motiviert und die vielen Begegnungen, die Moderationserfahrung, der Netzwerkaufbau, das hat mir einfach so viel Freude bereitet, dass ich erst später gespürt habe, wie wichtig mir das wertschätzende Feedback ist, um selber zu wachsen und das Gefühl zu haben: “Ah, hier liegt mein Potenzial“.
Es war nicht immer leicht, das aus mir heraus zu erkennen. Positives Feedback, Ermutigung und manchmal auch ein kleiner Schubs, mir was zuzutrauen, das ist mir unendlich viel wert.
Du hast mich mit deiner kreativen Wortassoziation zum deiner persönlichen Vorstellung von KARRIERE sehr beeindruckt. In seiner Ausgewogenheit ein Ausdruck echter Selbstwirksamkeit.
- K Kooperation
- A Anerkennung für Leistung
- R Realität
- R Ruhen in mir selbst
- I Impulse
- E Entwicklung
- R Rahmenbedingungen
- E Erfolg
Sind das auch heute noch deine Keywords für eine gelingende Karriere?
Alle Punkte sind immer noch relevant für mein berufliches Wirken. Die Zufriedenheit in den Aufgaben und den Herausforderungen, die habe ich. Kooperation ist extrem wichtig. Ich arbeite super gern auf Augenhöhe im Team und mit Kundinnen und Kunden. Das ist mehr kooperatives Arbeiten als klassische Beratung.
Und Anerkennung für Leistung wird auch immer ein Motor sein, wenn ich meinen Weg weitergehe. Es geht um das bestärkende Feedback, darum, dass die Leistung gesehen wird.
Ruhen in mir selbst – extrem, extrem, extrem wichtig. Besonders in den letzten zehn Jahren – wenn es Themen gibt, die mich sehr stark beschäftigen oder Herausforderungen im Privatleben – sobald ich bemerke, ich ruhe nicht in mir selbst, versuche ich das wiederherzustellen.
Elternsein als berufliche Ressource
Ich reflektiere immer wieder für mich: “Was brauche ich eigentlich, damit das Ruhen im mir selbst möglich ist?”
Die mit dem Alter zunehmende Erfahrung hilft dabei. Es wird immer wieder herausfordernde Situationen geben. Doch ich bin überzeugt, dass eine Elternrolle sehr stark zum Gefühl beiträgt: „Es gibt Dinge, die sind schlimm. Und es gibt Dinge, die fühlen sich schlimm an, aber sie sind eigentlich nicht schlimm.“
Dadurch nimmt man bestimmte Herausforderungen nicht mehr so schwer, weil man einfach das Gefühl hat, hier geht jetzt gerade nicht die Welt unter. Es stirbt gerade niemand. Es ist nichts, das jetzt irgendwie einen langfristigen Schaden anrichtet. Und es wird eine Lösung geben.
In der Elternrolle bewältigst du im Familienalltag ganz andere Krisen. Schwere Erkrankungen im Familienumfeld zum Beispiel, die unerwartet viel Care-Arbeit erfordern, die kann man wirklich Krisen nennen. Das relativiert einige berufliche Situationen, in denen man tief durchatmet und dann auch durchkommt.
Kommen wir auf das I von Impulse in deinem Karrierebegriff
Impulse sind für mich vorrangig jene Impulse, die ich von meinen Kolleginnen und Kollegen bekomme oder durch Weiterbildung, durch Gespräche. Ich hab einfach nicht wahnsinnig viel Zeit, zu lesen oder Podcasts zu hören.
Jede Herausforderung ein Impuls zu lernen
Während sich andere darüber sehr viele Impulse in ihren Alltag holen, sind es für mich vor allem die Gespräche mit meinen Kolleginnen, Kollegen, Freunden über berufliche Themen. Die persönliche Herausforderungen vor denen wir stehen, sie werden gemeinsame Erfahrungen, die wir auf unserem Weg machen.
Nina, du hast dich seit 2017 stark weiterentwickelt. Wie stelle ich mir deinen Auftrag als Management Consultant Digital Transformation heute vor? Und welche Rolle spielen gute Geschichten dabei?
Als Beraterin arbeite ich primär für Auftraggeber:innen in der Freien und Hansestadt Hamburg, wie z.B. Behörden, Bezirksämter und Landesbetriebe.
Als ich damals als Strategieberaterin eingestellt worden bin, hatte ich noch keine praktische Erfahrung in Strategieberatung.
Und wie hat das funktioniert?
Ich habe mich in meiner Jobsuche damals primär auf meine Kernkompetenzen fokussiert. Dann habe ich geschaut, welche davon brauche ich für unterschiedliche Berufsfelder, die mich interessieren? Und habe mich getraut, mich auf diese Stelle in der Strategieberatung zu bewerben.
Denn ich wusste, ich kann Dienstleistung, ich kann Kommunikation und auch Führung. Ich hatte mit unterschiedlichen Menschen unterschiedlicher Ebenen gut gearbeitet. Das heißt, ich kann Augenhöhe auf unterschiedlichen Levels. Und damit bin ich da reingestartet.
In meinen Strategie-Beratungsprojekten geht es heute oft darum, eine Digitalstrategie für z.B. eine Behörde zu erstellen. Mit diesen Projekten sammeln und systematisieren wir in allen Abteilungen alle Digitalisierungsbedarfe. Mit der Führungsebene und ggf. weiteren Stakeholdern erarbeiten wir, welche Ziele und wie die Prioritäten zu setzen sind.
Wird es komplex, geh auf Augenhöhe
Behörden sind ja immer wahnsinnig groß. Sie haben sehr viele gesetzliche Aufgaben und eine unendliche Vielzahl von Themen zu bearbeiten. Hier braucht es noch ein ganzes Stück an Digitalisierung und Modernisierung. Nicht nur nach außen, um für Bürger und Bürgerinnen digitaler zu sein. Auch die internen Prozesse für ein besseres Zusammenarbeiten in der Organisation müssen angefasst werden.
In diesem Prozess bin ich in der Regel als Beraterin an der Seite meiner Kunden. Gemeinsam mit einer Ansprechpartner:in entwickeln wir, wie dieser Prozess aussehen soll.
- Wen müssen wir beteiligen?
- Wie wollen wir kommunizieren?
- Wie wollen wir das Ganze durchführen?
- Welche Analyseinstrumente nutzen wir?
- Wie kommen wir auf Ziele?
- Wie definieren wir Maßnahmen?
Und jeder einzelne Schritt braucht ganz viel Kommunikation.
Ah, jetzt kommen die Geschichten ins Spiel
Ja, in den letzten Jahren hat mich eine Kollegin sehr inspiriert, visuell zu denken und visuelle Geschichten zu erzählen.
Für Strategieprozesse, die wir nur virtuell mit Workshops begleiten konnten, habe ich Zeichnungen gemacht. Oder mir überlegt:
- Was ist eigentlich die Geschichte?
- Wie kommen die unterschiedlichen Bedarfe zusammen?
- Wie sortieren die sich, wie entwickeln die sich weiter?

(c) Nina-Kristin Lederer
Ich habe dann z.B. in einem Projekt für einen virtuellen Analyseworkshop das Bild unterschiedlicher Trichter genutzt, in die die unterschiedlichen Bedarfe der Abteilung reinfließen.
Sie fließen in ein Reagenzglas, das für die aktuellen Projekte, Zukunftsthemen oder auch ganz akute Bedarfe steht.
So versuche ich immer, den teilnehmenden Partizipierenden dieser Workshops ein Bild zu geben.
Zur Digitalisierung der Verwaltung gibt es ja unterschiedliche Geschichten, die erzählt werden.
DIE Herausforderung dabei: diese Geschichten sind sehr langfristig gedacht. Man sagt: „Irgendwann haben wir viel mehr Zeit für die wesentlichen Dinge, weil dann die unwesentlichen Dinge automatisiert im Hintergrund ablaufen.“ Das sind Vorteile der Digitalisierung long term.
Die Herausforderungen: Keine Zeit, keine Ressourcen, kein Geld
Doch all das braucht unheimlich viel Zeit, viele Ressourcen und Menschen, die das realisieren. Und daran mangelt es einfach immer. Es gibt keine Zeit, es gibt keine Ressourcen, es gibt kein Geld, das alles so umzusetzen, wie man das möchte.
Deshalb muss man schauen, dass man andere Geschichten erzählt. Dass man Motivation aus anderen Dingen schöpft.
Weil in der Verwaltung Ämter – historisch bedingt – oft noch immer wie Säulen nebeneinander stehen, macht jeder so sein Ding. Also konzentriere ich mich darauf, die Geschichte zu erzählen, wie gemeinsame Arbeit aussehen könnte.
Wie könnte die Erfüllung dieser Vision – zum Beispiel in der Schulbehörde „Wir möchten Kinder, Jugendliche befähigen, in einer digital geprägten Welt zu bestehen…“ – wie könnte das aussehen, wenn man diese Grenzen zwischen den Säulen verschwimmen lässt? Wenn man es als gemeinsamen Weg sieht, viel stärker gemeinsam an den Themen arbeitet. Dazu muss man genau hinschauen, was genau die Personen motiviert, deren Mitwirken ich brauche. Welche Bilder helfen hier?
Kommunikationsabteilung fehlt auch
Eine weitere Herausforderung: In jedem größeren Unternehmen hat man eine Kommunikationsabteilung. Da gibt es Menschen, die sich um Kommunikation kümmern. Nach Außen und Innen.
In der Verwaltung gibt es das einfach nicht. Es gibt Pressesprecher in den Behörden, aber es gibt keine interne Kommunikation. Es gibt Orga-Abteilungen, aber die sind oft eher mit technischen prozessualen Organisationsthemen beschäftigt. Nicht mit interner Kommunikation. Das ist eine riesengroße Lücke.
In jedem Transformationsprojekt, muss man sich immer wieder seine eigenen Kanäle, seine eigenen Instrumente suchen. Es gibt keine bewährte Struktur, die dahintersteht, in die man seine Themen nur einspielen müsste. Nein, man designt alles immer wieder selbst.
Das bedeutet für uns Beraterinnen und Berater, dass wir teilweise sehr tief einsteigen in die Organisation, um das aufzufangen. Denn für Transformation braucht man Kommunikation, man braucht Geschichten, man braucht eine Vision – man braucht ganz viel Imagination sozusagen. Und kommt in einen Bereich, in dem es nur wenig Ressourcen gibt.
Wie also kann das aussehen? Wie können wir – auch langfristig in Projekten da herangehen, um die richtigen Geschichten zu entwickeln und zu nutzen?
Ich bringe selbst viel Beratungserfahrung aus Organisationsentwicklungs-projekten mit, habe vor Jahren damit begonnen, mit Geschichten zu arbeiten. Als StoryCoach nutze ich sie als Mittel, Kompetenzen oder Werte zielgerichtet zu erzählen.
Wie würdest du Menschen, die mit der Arbeit einer StoryCoach nicht vertraut sind, meine Art zu arbeiten beschreiben?
Du schaust genau hin: Wo wirkt eine Geschichte am stärksten?
Ich habe dich als einen Menschen kennengelernt, der sehr empathisch auf alle Beteiligten in einem Setting blickt. Ganz gleich, um welche Aufgabenstellung es geht, du schaust genau hin, wo eine gute Geschichte am stärksten wirksam werden kann. Gemeinsam mit deinen Kundinnen überlegst du:
- Mit wem haben wir es eigentlich zu tun?
- Welche Geschichten brauchen genau diese Beteiligten?
Man hat ja immer einen Inhalt, eine Botschaft. Man hat einen Sender, man hat einen Empfänger. Jede dieser drei Aspekte hat eine eigene Gewichtung. Empfänger und Sender, jeder hat seine eigene Emotionalität, persönliche Motivation, eigene Wünsche und Bedürfnisse.
StoryCoaching berücksichtigt komplexe Systeme
Du setzt deine Empathie dafür ein, dass nicht nur der Inhalt gut ist, sondern das ganze komplexe System berücksichtigt wird. Dadurch deckst du auch verborgene Ressourcen auf, die vielleicht sonst nicht zum Tragen kommen würden. Du hast das große Ganze im Blick.
Was ich an deiner Art zu coachen sehr schätze: Du versuchst das zu transportieren, was du selbst sehr intensiv lebst. Du bist wirklich sehr interessiert an Menschen. Immer wenn wir zusammenkommen, habe ich das Gefühl, du bist sehr, sehr interessiert an mir, an meiner Entwicklung, meinen Motiven. Du willst mich wirklich verstehen.
Dazu stellst du mir genau die richtigen Fragen. Mir macht es Spaß, sie zu beantworten, weil du eine gute Zuhörerin bist.
Geschichten beleuchten den eigenen Weg
Damals, als es um meine eigene Weiterentwicklung ging, haben wir meine eigenen Stärken, Erfahrungen in Geschichten verpackt. Dadurch habe ich ein viel besseres Bild von mir selbst bekommen:
- Wie agiere ich eigentlich?
- Was sind meine Gründe so oder so zu agieren?
- Was steckt dahinter?
Sich das für die unterschiedlichsten beruflichen Situationen bewusst zu machen, das stärkt die Selbstwahrnehmung und erdet ungemein.
Heute, in meiner Arbeit als Beraterin nutze ich selbst Geschichten, um es meinen Kundinnen zu erleichtern, Zusammenhänge besser zu verstehen.
➡️Praxistipp Job-Stories entwickeln
Du tust dich schwer damit, relevante Geschichten aus deinem beruflichen Alltag zu finden und zu entwickeln? Probiere dieses Vorgehen aus.
Sortiere – so wie Nina – deine Bausteine einer guten Geschichte.
Frauen in der männerdominierten IT-Branche
Auch im Frauennetzwerk habe ich viel mit Kolleginnen zu tun, die in der Organisation arbeiten – in Teams, bei Dataport, in den Funktionen. Was uns verbindet, sind die spezifischen Herausforderungen, denen Frauen in der männerdominierten IT-Branche gegenüberstehen. Wir sind ja schon recht gut aufgestellt, haben für ein IT-Unternehmen schon relativ viele Frauen. Doch bestimmte Herausforderungen bleiben.
Nehmen wir mal die vielen Frauen, die Verantwortungen übernehmen wollen. Fachlich, oder in einer Führungsposition, das aber in Teilzeit. Dafür braucht es Akzeptanz in den Teams und Lösungen wie Tandemführung.
Inzwischen gibt es da immer mehr gute Beispiele bei Dataport, doch es ist und bleibt wichtig, seine eigenen Stärken zu kennen, und sich darüber auszutauschen. Genau das ist es, was wir im Netzwerk ermöglichen wollen.
Frauen stärken durch kraftvolle Geschichten
Wir schaffen ein entspanntes Setting, um anhand bestimmter Leitfragen voneinander zu erzählen.
Zum Beispiel:
- Wie überwinde ich typische Hürden oder Glaubenssätze, denen Frauen oft in sich selbst begegnen?
- Was kann ich von den Erfahrungen anderer Frauen, die bereits Führungspositionen in der Verwaltung übernehmen, für mich nutzen?
Hier schließt sich im Netzwerktreffen der Kreis zu den individuellen Geschichten. Jede Einzelne bekommt den Raum, sich zu fragen:
- Welche Geschichte bringst du mit?
- Was erlebst du im täglichen Geschäft?
- Was ist dir wichtig?
- Was ist es, das du hier erreichen willst?
Wir wollen die Selbstreflektion und das Vorankommen jeder einzelnen Frau in der Organisation stärken. Dafür schafft der Austausch so viel Klarheit. Das macht ihn so wertvoll.
Auch um unsere gemeinsame Unternehmenskultur weiterzuentwickeln brauchen wir Vernetzung und Austausch. Wir wollen Synergien schaffen und Potenziale ausschöpfen. Ich bin sicher, für beides bringst du aus deiner langen Erfahrung viele Methoden und Anregungen mit.
Und es muss Spaß machen, damit es etwas bringt, oder?
Genau. Das gehört für mich immer dazu, damit es leicht bleibt.
Nina, dein Resümee zu unserem Gespräch?
Wenn ich mir anschaue „Welche Geschichte hätte ich damals über mich erzählt, und welche Geschichte würde ich heute über mich erzählen?“, dann sehe ich, dass sich da wahnsinnig viel verändert hat.
Mich selbst positiv erzählen
Nicht in der Kernmotivation, in den Werten, die mich antreiben. Doch darin, wie ich meine Fähigkeiten einschätze, was ich bewältigen kann, habe ich eine so viel positivere Erzählung über mich selbst.
Dafür braucht es immer eine intensive Selbstreflexion, davon bin ich überzeugt. Danach suche ich immer wieder. Gleichzeitig ist es der Austausch mit Kolleginnen oder Freundinnen, der mich weiterbringt.
Immer wieder vor einer neuen Aufgabenstellung taucht doch noch der selbstkritische Gedanke auf: „Kann ich das eigentlich? Bin ich nicht irgendwie nur ‘Generalistin’?”
Der wohlwollende Blick auf mich selbst
Doch dann stelle ich fest: „Mit dem, was ich kann, was ich erlebt habe, was heute meine Erzählung ist, da fühle ich mich wohl. Ich habe einen viel wohlwollenderen, positiven Blick auf mich gewonnen.“
Und nun stell dir vor, du streichst in deiner Aussage „nur Generalistin“ dieses kleine Wörtchen „nur“. Und mir ist sehr bewusst, welch intensiver Prozess für manche von uns dahintersteckt, auf diese drei Buchstaben zu verzichten.
Ja, ich glaube ich, das ist die Challenge für viele Generalistinnen. Diese Frage: „Was ist eigentlich meine Geschichte?“, das ist oft teilweise schon die Geschichte selbst.
Die wahre Transformation, die hinter den Worten „Own your story“ steckt, entfaltet sich erst, wenn man – wie du – den Prozess selbst erlebt.
Ich bin Generalistin. Punkt.
Es ist der wohlwollende Blick auf mich selbst, der zählt.
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