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StoryCoaching ist wie gemeinsam Tandem fahren

Saskia Hagendorf ist Beraterin für effektive Zusammenarbeit, vielfältiges Allround-Talent als Assistenz und zuverlässige Sparringspartnerin für Führungskräfte. Ich darf sie seit Jahren auf ihrem Weg begleiten.

Saskia, wir kennen uns aus dem Frauen Netzwerk Ladies Mentoring. Dort hast du dich 2016 für ein Strategisches Karriere-Coaching beworben.

Wie beschreibst du heute deine Herausforderung von damals? Wonach warst du auf der Suche?

Ich war damals immer “nur” die Assistenz

Ich habe zu dem Zeitpunkt in einem kleinen Unternehmen als Assistentin der Geschäftsführung gearbeitet. Da landen viele Aufgaben auf dem Tisch der Assistenz.

Mein Ziel war, diese Assistenz-Tätigkeit als Karriere-Schritt ins Projektmanagement zu nutzen. Die Aufgaben einer Projektmanagerin hatte ich schon längst übernommen. Doch ich bekam den Titel nicht dazu.
Ich war „nur“ die Assistenz.

Wie stelle ich mir so eine klassische Assistenz von damals vor?

Das gute Mädchen im Unternehmen

Die klassische Assistenz – so die Geschichte in meinem Kopf – hat die ganzen Termine koordiniert, hat die Reisen gebucht, die Kalender gepflegt. Sie war für alle Themen da. Sozusagen das gute Mädchen im Unternehmen.

Doch du wolltest nicht länger das gute Mädchen, sondern viel mehr Projektmanagerin sein. Was war schwierig an diesem Schritt?

Die Herausforderung lag in der Unternehmensgröße. In kleinen Unternehmen sind natürlich nicht unendlich viele Stellen frei, um den nächsten Schritt in diese Richtung zu gehen.

Ich habe die Aufgaben übernommen, wirklich einige Projekte im Unternehmen umgesetzt, doch mir wurde kein Titel zugestanden, der der Verantwortung dieser Rolle gerecht wurde. Das hat mich gestört.

Jetzt könnte man natürlich fragen: „Ja, warum bist du dann nicht woanders hin gegangen?

Tja, es war einfach immer mein Traumjob. In meiner Traumbranche. Ich habe für dieses Unternehmen gelebt. Das heißt, ich habe auch private und sogar meine Familienpläne verschoben. Das zeigt mir, wie wichtig mir dieser Job an sich war. Ich wollte nicht weggehen, sondern mich im Unternehmen entwickeln.

An genau diesem Punkt stand ich zum Start des Karriere-Coachings. Ich wollte eigentlich im Unternehmen bleiben – doch mehr als die Assistenz sein. Und dachte mir:

Gut, wenn da mal jemand anders mit mir gemeinsam drauf schaut, wie das möglich wäre.

Assistenz damals und heute: Ich habe den Eindruck, da hat sich mächtig was verändert?

Für mich war eine Assistenz früher jemand, der von jemandem anders abhängig ist. Von einem Geschäftsführer oder Vorstand; immer diese Abhängigkeit von einer Person oder einem Team.

Assistenz als Sparringspartner – eine neue Story

Inzwischen habe ich mit vielen Assistenzen gesprochen. Ich habe mich in dem Bereich mehr vernetzt und gesehen, wie vielseitig dieser Beruf eigentlich ist.
2016 hatte ich noch nicht verstanden, wie wichtig die Rolle der Assistenz im Unternehmen ist. Dass sie wirklich ein Sparringspartner für die Führungskräfte ist.

Dass ich letztlich doch aus dem Unternehmen ausgetreten bin, hatte damit zu tun, dass ich Mama geworden bin. Ich habe deutlich gemacht, dass ich keine 40-Stunden-Woche im Event Management mehr machen will. Das funktioniert nicht mit kleinem Kind, und das wollte ich auch nicht für uns als Familie.

Damit begann mein Trennungsprozess vom Unternehmen. Ein emotionaler Weg, denn ich spürte: Ich kann jetzt nicht für irgendein anderes Unternehmen arbeiten. Ich konnte mich mit keinem mehr so identifizieren.

“Hinter mir selbst kann ich stehen”

Damit stand ich vor der Frage: „Okay, was mache ich jetzt?

Natürlich hatte ich Bewerbungsgespräche für Teilzeitstellen, auch bei großen Marken. Aber ich habe gemerkt, es catcht mich nicht. Es ist nicht so, dass ich dafür alles andere stehen und liegen lassen würde, um zu sagen: „Das ist jetzt mein Traumjob.“

Ich hing einfach emotional noch sehr am Unternehmen; konnte mir nicht vorstellen, für irgendjemand anders – vielleicht außer mir selbst – so viel Kraft und Zeit zu investieren.

Meine Entscheidung:
Dann mache ich mich selbstständig. Denn hinter mir kann ich stehen!“ So kam der Entschluss, als virtuelle Assistenz zu gründen.

Wie hat dir die Gründung dabei geholfen, den emotionalen Trennungsprozess für dich positiv zu gestalten?

Durch die Gründung habe ich mir auch jene Dinge sehr genau angeschaut, die mich in Unternehmen gestört haben. Zum Beispiel diese Abhängigkeit von anderen.

Ab sofort konnte ich entscheiden, welche Aufgaben ich wann mache, mit welchen Kunden ich zusammenarbeite. Ich war viel, viel selbstständiger. Konnte viel flexibler sein. Dadurch konnte ich mir auch meine Familien-Zeiten selber einteilen. Keiner schaut mich schief an, wenn ich drei Stunden Mittagspause mache und dafür am Abend noch mal arbeite.

Ich habe erkannt, dass es von den Rahmenbedingungen her deutlich besser lief, als es im Unternehmen möglich war.

Außerdem war meine Stelle im alten Unternehmen inzwischen komplett weg. Auch das hat mir bei meiner Entscheidung „geholfen“. Mein Job wurde nicht durch jemand anderen besetzt, sondern die Firma löste sich am Ende tatsächlich auf.

Vor neun Jahren haben wir ein Best- und ein WorstCase-Szenario erarbeitet, wir haben zwei mögliche Ausgänge der Geschichte entworfen. Wenn du dir das heute anschaust, wo siehst du dich?

Beispiel Zukunftsgeschichte mit Szenariotechnik Katrin Klemm

Die Geschichte ist gut ausgegangen

Wenn ich mir das anschaue, bin ich eindeutig auf der BestCase Seite.

Denn tatsächlich habe ich immer spannenden Projekte, ob lang- oder kurzfristig. Ich suche mir aus, welche Projekte ich machen möchte. Die wo ich sage: „Ach, das reizt mich irgendwie gar nicht“, die mache ich nicht.

Ich schlafe ruhiger, definitiv. Ich kann meinen Tag planen, habe die Flexibilität dann zu arbeiten, wann ich möchte und kann mir das so einteilen, dass es auch hier zu Hause mit der Familie gut funktioniert. Ich arbeite fast nur im Homeoffice, bin selten woanders. Urlaubstage brauche ich auch nicht einzureichen.

Natürlich hat Selbstständigkeit auch immer Schattenseiten. Da brauchen wir nicht drüber reden.

Wenn es einen roten Faden gibt – bestimmte Themen, die sich durch deine Entwicklung ziehen – welche sind es?

Gerade bei der Gründung habe ich mich viel damit befasst:

  • Was will ich eigentlich?
  • Wo soll es für mich hingehen?

Manche Geschichten muss man mehrmals lesen

Ich habe John Streleckys Café am Rande der Welt fünfmal gelesen. Das wurde mir ständig empfohlen. Doch ich konnte es nie greifen und dachte: „Was wollen die alle mit diesem Buch?

Dann habe ich es vor der Gründung noch mal gelesen und mir war klar: „Jetzt weiß ich es.“

 

Saskia Hagendorf Ich unterstütze andere dabei, Höchstleistungen zu bringen

Es geht im Buch um den Zweck der Existenz. Für mich habe ich dabei diesen roten Faden tatsächlich herausgefunden: Mein Zweck der Existenz ist, andere dabei zu unterstützen, persönliche Höchstleistungen zu bringen.

Das habe ich im Unternehmen gemacht. Das habe ich bereits mit 13 Jahren als Tischtennis-Trainerin gemacht. Das mache ich jetzt mit meinen Kindern.

Freiraum für Höchstleistungen schaffen

Und genau das tue ich für meine Kunden. Ich möchte, dass sie den Freiraum haben, persönliche Höchstleistungen zu bringen, also ihr Expertenwissen einzubringen, da, wo sie es können.

Genau das mache ich auch in meinen Workshops. Ich versuche immer, das Beste aus der Person rauszubekommen, ohne dass sie sich selbst in eine andere Person verwandeln müsste.

Dieser „Zweck der Existenz“ – vielleicht klingt das auch ein bisschen hochtrabend – ich nenne ihn lieber „meinen Leitstern“ – er hilft mir zu sondieren, was ist wirklich wichtig? Was passt zu mir?

Saskia, gab es auch Momente, in denen du gezweifelt hast? In denen du hinschmeißen wolltest? Denn eine Selbstständigkeit mit zuerst einem, dann zwei Kindern, ist ja nicht immer easy peasy…

Da fallen mir vor allem drei Momente ein.

Aufklärungsarbeit „Was bitte ist eine VA?“

Die erste Hürde war, dass ich 2018 – als ich gegründet habe – erst einmal viel Erklärungsarbeit leisten musste.

Der Begriff „Virtuelle Assistenz“ war in Deutschland noch nicht wirklich bekannt. Ich musste ganz, ganz viel erklären: Was ist das? Wie funktioniert das? Dass ich nicht Siri oder Google bin als virtuelle Assistenz, sondern wirklich eine reale Person, die Arbeit abnimmt. In den USA war das damals schon sehr groß, und jetzt auch in Deutschland gang und gäbe. Inzwischen sieht man gefühlt an jeder Ecke, was eine virtuelle Assistenz ist und dass es das gibt.

Die eigene Mutter Unternehmerin

Die nächste Schwierigkeit kam aus einer unerwarteten Ecke.

Ich komme aus einer Unternehmer-Familie. Meine Mama ist schon viele Jahre als Dolmetscherin und Übersetzerin selbstständig. Deshalb hatte ich mit einem Jubelschrei „Ja, mach das unbedingt“ gerechnet, wenn ich ihr erzähle, dass ich mich selbstständig mache. Doch sie hat mir erstmal aufgezählt, worauf ich alles achten muss, was Selbstständigkeit überhaupt bedeutet und dass man weiß, dass man selber für die Rente einzahlen und Krankenkasse selber tragen muss.

Ich sage: „Mama, ich weiß. Ich weiß das. Ich habe mich informiert.“

Aber ich hatte natürlich mit einer anderen Reaktion gerechnet als „Denk bitte daran, daran, daran, daran, daran.“ Ich weiß natürlich, dass sie es gut meinte und genau die Dinge aufdecken wollte, woran andere scheitern. Heute ist sie auch sehr stolz, dass es so gelaufen ist.

Selbstzweifel als Begleiter

Dann wurde es mit der zweiten Elternzeit – meine zweite Tochter ist im Juni 22 geboren – nochmal knifflig. Ich habe nach fünf Monaten wieder angefangen zu arbeiten. Zum einen hat mir die Arbeit wirklich gefehlt. Zum anderen wollte ich meine Kunden nicht so lange warten lassen.

Ich habe im März 24 einen neuen Kunden gewonnen, habe mir viele Gedanken gemacht: Wie funktioniert das? Wie arbeite ich mit langfristigen Kunden – die Betreuung umfasst viele Stunden – überhaupt zusammen?

Eines Tages kam unerwartet ein langes kritisches Feedback von einem Kunden: In einigen Punkten passe es nicht so. Er würde es hier und da und dort ganz anders machen.

In dem Moment habe ich sehr gezweifelt. An mir. An meiner Art zu arbeiten. Ich dachte: „Nein, bis Ende der Elternzeit brauche ich zwei feste Kunden und weitere Projekte. „Was passiert, wenn dieser Kunde nicht kommt? Oder keine langfristige Zusammenarbeit will?“

Der Druck, den ich mir selbst gemacht habe: „Jetzt muss es doch wieder richtig anlaufen. Jetzt muss es doch wieder funktionieren.“ haben mich das Feedback negativer aufnehmen lassen, als es eigentlich gemeint war. Doch ich habe mir intensiv Gedanken gemacht und meinen Mut zusammengenommen – vieles konnten wir klären.

Heute weiß ich, es gehört oft zum Anfangsprozess der Zusammenarbeit dazu, sich und die gegenseitige Arbeitsweise kennenzulernen und zu verstehen. So legten wir einige Grundregeln fest, diskutierten viele Punkte, wie wir besser und effektiver miteinander arbeiten können. Ich bin sehr froh, dass ich es angesprochen habe, denn jetzt arbeiten wir super seit über einem Jahr zusammen.

Doch Ja, das war ein Moment des Zweifels „Oha, ob das jetzt der richtige Weg war, das weiterzumachen?

Zweifel als Lernchance nutzen

Doch im Rückblick beweist es mir wieder: Jede Assistenz und jede Führungskraft müssen einen eigenen Weg finden, zusammenzuarbeiten. Es braucht diesen Prozess. Und diese längere Klärung – das war unser Prozess.

Es ist eine besondere Herausforderung, sich auf jeden Kunden einzeln einzustellen, oder? Das braucht viel Fingerspitzengefühl. Arbeitest du mit jedem Kunden? Wie wählst du Kunden aus, die zu dir passen?

Ich weiß nicht, ob das immer ein Fingerspitzengefühl ist. Es ist ganz, ganz viel Kommunikation.

Als gefühlte Norddeutsche bin ich Freund von direkter Kommunikation. Sobald ich bemerke, dass etwas nicht ausgesprochen wird, weiß ich, da passt irgendwas nicht. Doch es muss vor allem menschlich zusammenpassen.

Ich habe Kunden, mit denen arbeite ich seit 2019 zusammen, wirklich regelmäßig, wir verstehen uns richtig gut und können gut zusammenarbeiten. Doch nicht jede Assistenz passt auch zu jeder Führungskraft.

Ich bin zum Beispiel jemand, der Sachen auch schnell mal umschmeißt und sagt: „Das macht überhaupt keinen Sinn. Lass uns das mal anders aufbauen.“
Gerade bei Selbstständigen als Kunden – wenn sozusagen das eigene „Baby“ angefasst wird – und wir an diesem „Baby“ etwas verändern müssen, kann es manchmal schwierig sein. Doch wenn es nicht zu mir als Assistenz passt, nehme ich den Auftrag nicht an.

Das klingt, als würden deine Kunden und Kundinnen ein kleines „Assessment Center“ durchlaufen, um sicher zu stellen, ob ihr zusammenpasst?

Ich nehme meist nur zwei langfristige Kunden an, die ich wirklich täglich betreue. Denn ich gebe auch viele Workshops und will meinen Freiraum und genügend Flexibilität für kurzfristige Projekte haben.

Lerne ich einen neuen Kunden kennen, vereinbaren wir immer eine Testzeit. Wenn beide sagen: „Es funktioniert, unsere Arbeitsweisen passen zusammen.“, dann gebe ich noch einmal direkt Feedback, in dem ich alles ausspreche, was mir aufgefallen ist. Und dann sagt man immer noch mal: „Ja, das passt“. Oder man verlängert halt dann nicht.

Tägliche Kundenbetreuung und zusätzlich Projektarbeit? Wie vielfältig sieht dein Alltag heute aus?

Assistenz heißt Freiraum und Flexibilität

Ich gliedere meine Arbeit in zwei Bereiche. Einerseits das Operative, also die virtuelle Assistenz. Auf der anderen Seite die Beratung oder die Trainertätigkeit.

Als Virtuelle Assistenz übernehme ich fast alle Aufgaben außer das Buchen von Flügen. Reisebuchung und vorbereitende Buchhaltung habe ich schon im Angestelltenverhältnis nicht gern gemacht. Hier sage ich: „Das möchte ich einfach nicht, es gibt andere, die besser und auch effektiver sind.“

Aber dieses Thema Optimierung im Unternehmen, Aufgaben oder Projekte zu planen – wann muss was erledigt werden -, andere Menschen zu strukturieren, das fällt mir sehr leicht. Es ist die Event-Managerin in mir, die dann sagt: „Okay, das sind die Aufgaben. Das machen wir jetzt!“

Sparringspartnerin für meine Kunden

Ich bin für meine Kunden als Sparringpartnerin da. Wir sprechen Ideen durch, und ich bringe meine Expertise und meine Meinung als Unternehmerin mit ein. Wie können wir etwas aufbauen, es strukturieren und direkt im Unternehmen umsetzen?

Geht es zum Beispiel um eine neue Website gehe ich mit den Unternehmern ins Gespräch:

  • Wie könnte das aussehen?
  • Wie können wir das machen?
  • Wen holen wir als Dienstleister ins Boot?

Dann koordiniere ich das komplette Projekt.

Für einen anderen Kunden habe ich einen Onboarding-Prozess aufgebaut. Frage: Was steht an und was davon kann ich übernehmen? Oder: Wo suchen wir uns jemanden? Dann suche ich jemanden und briefe denjenigen, die Aufgaben zu übernehmen.

Solo-Selbstständige oder Start-ups schätzen es, mit jemandem zu arbeiten, der selbst gegründet, schon Erfahrungen in diesem Bereich hat, und selbst über ein großes Netzwerk verfügt, und damit weiß, wen er ansprechen kann.

Andere Menschen, andere Projekte zu strukturieren, das fällt mir total leicht. Das liegt an meinem starken Ordnungsmotiv. Ich brauche immer einen Plan und arbeite dann einzelne Schritte ab. Das ist genau das, was ich meinen Virtuelle-Assistenzkunden dann anbiete.

Diese Vielfalt und der Blick als Unternehmerin für andere Unternehmer, das gibt deinen Kunden ein fast unbezahlbares Extra obendrauf.

On top kommen dann noch die Workshops, die du gibst.

Das ist der andere Bereich, das Thema Beratung. Einerseits berate ich Führungskräfte, wie sie mit einer Assistenz effektiver zusammenarbeiten können. Wie sie Zeit gewinnen, entweder für strategische oder kreative Themen. Oder wirklich freie Zeit.

Auf der anderen Seite trainiere und schule ich Assistenzen, vor allem im Unternehmen zu neuen Tools, Strukturen oder darin, intern als Assistenzen besser zu netzwerken.

Du sagst oben: „Hinter mir kann ich immer stehen“. Wer ist die Person, hinter der du dann stehst? Was zeichnet sie aus?

Strukturiert – vielseitig – vernetzt

Ich habe das Ordnungsmotiv angesprochen, dieses Thema Struktur, Planung und Schritt für Schritt vorgehen. Das ist etwas, was mir total liegt, was mir Energie gibt, wenn ich einen Plan habe.

Ich brauche die Abwechslung und es zeichnet mich auch aus, dass ich in viele Themen reinschaue, mir Ideen hole. Teilweise tauche ich auch sehr tief in manche Themen ein, obwohl ich noch nicht weiß, ob ich es irgendwie brauchen kann. Doch es interessiert mich einfach in dem Moment.

“Ich muss nicht alles wissen.
Doch ich weiß, wer es weiß.”

Ich bin ein Mensch mit einem sehr guten Netzwerk in alle möglichen Richtungen. Das setze ich sehr gern ein und öffne meine Kontakte auch für andere. Bekomme ich eine Frage, auf die ich keine Antwort habe, dann kenne ich jemanden, der hat diese Antwort hat und kann die Person ansprechen.

Heute kann ich wirklich sagen: Ich liebe den Assistenzberuf.
Es ist ein wirklich toller Beruf und sehr, sehr vielseitig. Damals habe ich das noch nicht verstanden. Zusätzlich kannte ich keine guten Assistenzen, die ich durch meine Netzwerkkontakte jetzt habe.

Was hat die Arbeits-Welt davon, wenn das Verhältnis zwischen Führungskräften und Assistenzen heute ein ganz anderes ist?

Sobald eine Assistenz und eine Führungskraft im Unternehmen wirklich funktionieren, sich „blind“ verstehen, merkt man das im kompletten Unternehmen. Es spiegelt sich in alle Abteilungen oder Hierarchien hindurch.

Woran kann man das beobachten?

Moderne Assistenz: entspannte Führungskraft

Die Führungskraft ist entspannter. Sie hat jemanden, den sie ansprechen kann. Gleichzeitig ist sie erreichbarer durch die Assistenz. Bei einer Anfrage an die Assistenz kann man sich drauf verlassen, dass sie wirklich geklärt wird. Auch wenn die Führungskraft unterwegs ist.

Ich vergleiche es gern mit einer Ehe – zwei Personen, die viel Zeit miteinander verbringen und gemeinsam hinter einer Sache stehen. Es geht um Kommunikation und um gute Beziehungen zueinander. Wenn diese Beziehung funktioniert, funktioniert das komplette Konstrukt. Das gilt für die Familie genauso wie für ein Unternehmen.

Wenn sich Führungskräfte genau darauf fokussieren, was sie wirklich gut können und wofür sie gebraucht werden (und nicht noch alles andere machen, weil sie denken, sie müssen alles selber machen), wenn sie Dinge konsequent abgeben, bin ich sicher, dann hätten wir weniger Burnout in Führungsetagen. Wir hätten mehr Familien, in der die Eltern Führungskräfte sein UND ihre Kinder sehen können. Glücklichere Führungskräfte.

Im Briefing zum Strategischen Karrierecoaching hast du gesagt „Ich will mich nicht mehr herumärgern. Ich will glücklich sein. Und wenn ich raus will, lieber früher als später!

Du berätst heute andere Assistenzen. Begegnet dir das, was du damals erlebt hast, heute bei ihnen? Wenn du wahrnimmst, sie oder er sind nicht happy in dem, was sie tun, was empfiehlst du?

Das Wichtige ist, immer Alternativen aufzuzeigen. In einer solchen Situation kommt die Assistenz nicht darum herum, sich die Frage zu stellen: „Was will ich wirklich?“

Wenn sie, so wie ich damals, eigentlich nicht aus dem Unternehmen raus möchte, sollte sie überlegen:

  • Wie kann ich diese Position anders gestalten?
  • Welche Punkte sind es, die mich begeistern?
  • Warum möchte ich dortbleiben?
  • Hat das so viel Wert, dass sich andere Dinge vielleicht aufheben?

Ich ermutige Assistenzen immer dazu, offen auf die Führungskräfte zuzugehen, Feedback zu geben und sich auch Feedback zu holen. Es hilft keinem, dieses „Ja, ja, ja, mache ich, mache ich, mache ich…“ und dann abzuarbeiten.

Aktive Assistenzen gestalten selbstbewusst ihre eigene Job-Geschichte

Assistenzen dürfen auch fordern, selbst in eine gewünschte Position zu kommen und deutlich zu machen: „Ich möchte bitte diese Aufgabe übernehmen. Ich denke, weil ich die und die Punkte schon gemacht habe, kann ich das richtig gut.“

Assistenzen dürfen mehr Selbstbewusstsein für die eigene Rolle haben und für ihre Themen besser einstehen. Dann können sie sich vielleicht im Unternehmen entwickeln, falls das ihr Ziel ist. Spannendes Fachwort dafür ist Jobcrafting.

Das nächste, das ich zu hinterfragen rate:

  • Bin ich am richtigen Ort?
  • Bin ich in der richtigen Rolle?
  • Sind das die richtigen Aufgaben?
  • Was kann ich in meiner Macht tun und ändern, damit ich nicht in diese Situation komme, zu sagen: „Ich ärgere mich, ich bin nicht glücklich in meinem Job.“

Das Leben ist so kurz. Die Arbeitszeit nimmt so viel Raum ein. Ich möchte nicht, dass eine Assistenz sagt: „Es ist schon wieder Montag. Ich möchte da nicht schon wieder hin. Ich habe keine Lust auf meine Arbeit. Ich arbeite nicht gerne.“

Wir haben heute so viele Möglichkeiten zu sagen: „Mein Job soll mich glücklich machen. Er soll mich erfüllen.“ Der Sinn in der eigenen Arbeit kann ganz unterschiedlich sein. Doch ich möchte nicht, dass Menschen unglücklich auf der Arbeit sind. Denn da stimmt dann etwas nicht.

Diese starke Botschaft „Du kannst etwas tun für dich. Und zwar viel mehr als nur schnell wegzurennen…!“, die teilen wir, Saskia – du in Workshops für Assistenzen und ich als StoryCoach.

[Anmerkung: wenn du selbst JETZT etwas ändern willst, willkommen bei Design Your LifeStory]

Doch der Begriff „Story“ assoziiert oft blitzschnell die Nutzung als Marketing-Tool. Wie erklärst du jemandem, der sich unter meiner Arbeit als StoryCoach noch gar nichts vorstellen kann, was ich tue und wie es wirkt?

Kurzfassung?

Klar.

Katrin macht sichtbar, was bereits in uns ist. Das ist Storycoaching

Katrin macht das sichtbar, was bereits in uns ist, in Form von Geschichten.
Genau das ist dein Markenzeichen. Du schaust nicht, was alle anderen auch machen.

Sondern du schaust wirklich: „Was sind die Punkte und die wichtigen Aspekte in deinem Leben, in deiner Entwicklung, in deinen Kompetenzen? Wie kannst du die einfach anders ausdrücken?“

Wir kennen uns schon sehr lange. Du kennst meine ganze Geschichte. Deshalb wusste ich sofort, dass das passt, wenn ich jetzt noch mehr von meiner Geschichte draußen erzählen will.

Und weil du genau zuhörst, kannst du mit Leichtigkeit noch mal andere Sachen rauskitzeln und aussprechen:

  • Aber was ist denn damit?
  • Hast du daran schon gedacht?
  • Da war doch noch eine ganz andere Situation… erzähl mir mehr.

Worauf darf man sich einstellen, wenn man mit mir zusammenarbeitet?

Ich glaube, man muss selbst eine Offenheit und eine Neugier haben. Denn es kann auch tief gehen. Man beschäftigt sich mit sich selbst, und wenn man das noch nicht so oft gemacht hat, wenn man als Coachee noch nicht so erfahren ist, kann das im ersten Moment natürlich hart sein. Denn sich mit sich selber befassen ist immer schwieriger als mit anderen.

Wer sollte lieber Abstand von einer Zusammenarbeit nehmen?

Menschen, die sofort einen festen Fahrplan und alle Fakten von dir vorbereitet haben wollen, sollten eher nicht mit dir arbeiten.

StoryCoaching ist wie ein Tandem

Denn StoryCoaching ist immer eine gemeinsame Arbeit. Das ist immer ein Tandem. Man muss selber viel reingeben und du steckst genau so viel Arbeit rein, die ich zurückbekomme.

Gleichzeitig ist es kein: Du lehrst jetzt, wie das „funktioniert“. Sondern man nimmt immer alles aus der eigenen Geschichte, den eigenen Stationen im Leben raus.

Dadurch wird es viel, viel authentischer, als wenn du eine Schulung mit hundert Leuten machen würdest zum Thema Storytelling, und lernst, wie es theoretisch „funktioniert“.

Mit dir als StoryCoach im Einzelgespräch kommt viel mehr dabei raus.

Coaching ist wie Tandem-Fahren“. Danke für diese spannende Perspektive.

Stelle ich mir jetzt mal Assistenz und Führungskraft auf einem Tandem vor, was hältst du von der These: “Sobald ich als Führungskraft genügend Größe habe, mich von meiner eigenen Assistenz in Frage stellen zu lassen, bringt mich das enorm vorwärts…“?

Natürlich ist da was dran. Denn du hast mit der Assistenz eine direkte Feedback-Partnerin an deiner Seite. Die dir ja wohlgesonnen ist. Klar, sie ist angestellt, bekommt aber nicht wie ein externer Berater Geld dafür, dir zu sagen, wie du besser arbeiten sollst. Plus, die Person weiß alles im Unternehmen. Sie hat so viel Einblick in alle Prozesse, kennt dich als Person. Das ist die beste Verbindung, die du haben kannst.

Wenn diese Person dir Feedback gibt, dann eins, das wirklich relevant ist.

Schau, auch hier stecken schon wieder zwei Geschichten dahinter.

Die erste: Dein eigener Weg von der „Assistenz, als dem netten Mädchen für alles“ zur Sparringpartnerin auf Augenhöhe heute.

Die andere will noch erzählt werden. Deine Kolleginnen brauchen den Mut, ihre Rolle neu zu entdecken und ihre Kompetenz zu erzählen: „Ich bin ein wichtiger Wachstums-, Wirtschafts- und Erfolgsfaktor in Unternehmen!“

Ja, da arbeiten wir sehr, sehr hart dran, dass das Ansehen aufgewertet wird.

Wie kann man euch da unterstützen?

Assistenzen nach vorn

Saskia Hagendorf selbstbewusste Assistenz im BüroEs geht tatsächlich darum, die Assistenz in den Vordergrund zu stellen.

Assistenzen halten sich ja gerne im Hintergrund. Doch eine Führungskraft sollte die Anerkennung, die sie erhält, auch weitergeben oder deutlich sagen: „He, all das wäre nicht möglich ohne meine Assistenz. Dieses Projekt würde nicht funktionieren.“

Oder offen zu sein, zuzuhören und zu sagen: „Okay, die Assistenz möchte mehr machen, möchte was anderes.“

Es bringt immer mehr für das Unternehmen, wenn die Assistenz sich weiterbildet, wenn die Assistenz ein internes Netzwerk hat oder auf Netzwerkveranstaltungen geht.

Als ich in einem Unternehmen für ein internes Assistenznetzwerk einen ganztägigen Workshop angeboten habe, hörte ich als Gegenargument, das Unternehmen bräche zusammen, sobald alle Assistenzen daran teilnähmen.

Wow. Das illustriert, wie viel Einfluss Assistenzen im Unternehmen haben. Dass sie sich dieser Wirkung bewusster werden dürfen. Ein gutes Argument, die eigene Story als Assistenz neu zu erzählen.

Ja, das ist das eine.

Gleichzeitig bringt dieser eine Tag den Führungskräften, dem ganzen Unternehmen viel, viel mehr. Denn wenn die Assistenz neue Fähigkeiten mitbringt, sich intern besser vernetzt – jede weiß dann: Wer kann im Unternehmen was wirklich gut und wofür kann ich wen ansprechen – das zahlt sich doch aus.

Ich bin überzeugt, als Unternehmen diese Offenheit zu haben, Assistenzen freiwillig dabei zu unterstützen, sich weiterzuentwickeln, ist eine gute Investition in das komplette Unternehmen.

Meine KollegInnen und ich – beispielsweise das Assistenznetzwerk in Deutschland (ANID) – sind da dran, damit sich hier etwas ändert und die Rolle der Assistenz noch mehr zu stärken.

Dabei wünsche ich dir und deinen KollegInnen viel Erfolg.

 

Noch mehr zu Saskia? Du findest sie auch auf Linkedin und Instagram

 

 

Fotos: Svenja Henschel – Fotografie Wolkenlos

Kommunikation: mein Schlüssel zur Freiheit

Silke, du bist im Februar 2022 durch eine Empfehlung zu mir gekommen. Meine ersten Notizen: „Assistentin der GF, ertrinkt in Arbeit, Bandscheibenvorfall, Tinnitus, sehr schwierige Gesprächssituationen im Office…“

Seit 2024 bist du selbständig als Virtuelle Assistentin. Was für eine Reise.

Für welche Herausforderung hast du mich damals als Coach gebucht?

An die Zeit damals kann ich mich sehr gut erinnern. Mein Körper sprach eine deutliche Sprache. Dabei machte es mir im Büro doch eigentlich Spaß. Aber mir war klar, dass es so nicht weitergehen kann. Ich wollte lernen, meine Grenzen besser zu wahren. Ich konnte gar nicht für mich sprechen.

Mein Motto war: „Hauptsache allen anderen geht es gut“.

Deshalb mein Ziel: „Meine persönlichen Grenzen definieren, kommunizieren und wahren. Entspannt und gelassen zu dem stehen, was mir wichtig ist.“

Du hast mal gesagt “Kakteen gedeihen nicht in der Antarktis”. Was heißt das?

Ich war einfach in der falschen Umgebung.

Deshalb wollte ich genau hinschauen: Wer bin ich eigentlich? Wie fühle ich mich? Ich wollte endlich sagen können: „Ja, genau so bin ich. So bleibe ich. So bin ich völlig in Ordnung. Ich bin ich genauso viel wert wie alle anderen auch.

Es gab einen Moment, in dem ich feststellen musste, dass die aktuelle Job-Umgebung nicht mehr meiner eigenen Energie entspricht. Da war ich bereit, mich auf die Reise zu machen.

Der Schlüssel “Die sein, die ich wirklich bin”

Ich wollte herausfinden, wie ich dorthin komme, wo meine eigene Energie genau hinpasst. Wo ich die sein darf, die ich bin, weil ich genau richtig bin. Zu diesem Raum hat mich das StoryCoaching herangeführt.

Gab es einen bestimmten Augenblick, in dem du deine Entscheidung für unsere Zusammenarbeit getroffen hast?

Schon bei unserem ersten Gespräch sagte mein Bauchgefühl: „Das passt mit uns“.

Der endgültige Moment war, als du – die im Business- Coaching-Bereich unterwegs bist – plötzlich die Karten rausgezogen hast und wir begonnen haben, so ganz intuitiv zu arbeiten. Das war diese Mischung, wo ich dachte: „Ja, das ist meins.“

Ich erinnere mich noch genau an eine Karte, die zweimal auftauchte: „Die Friedensbewahrerin“. Die bewegt mich immer noch. Da sind immer noch Dimensionen offen, die ich mir erschließen kann.

Friedensbewahrerin aus kartendeck Engel und Ahnen von Kyle Gray - Illustration Lilly Moses

Kartenset Kyle Gray | Lilly Moses

Frieden hat immer zwei Seiten

Einerseits ist es die, die den Frieden bringt. Das habe ich oft gemerkt, wie sich um mich herum diese Ruhe ausbreitet, weil ich eine Lösung suche für alle Seiten. Und zum Wohle aller.

Andererseits geht es da auch um den Preis dieses Friedens. Lange Zeit war ich die Einzige, die draufgezahlt hat.

 

Eine Nachbarin meinte: „Du bist schon die, die den Frieden bringt. Aber zuerst reißt du alles ein, wie eine Urgewalt. Du walzt alles nieder, und daraus entsteht dann ein neuer Frieden. Das muss einer erstmal verkraften können. Doch wenn man sich entscheidet, diesen Weg weiterzugehen, merkt man, dass es wirklich friedlich wird.“

Katrin, das bringt die Aufgabe, die ich dir gestellt habe, auf den Punkt: „Hilf mir, mit dieser Energie, die ich heute kaum kontrollieren kann, die alles einreißen will, umzugehen. Wie kann ich diese Kraft besser nutzen, um das, was danach kommt, besser zu gestalten? Frieden zu schaffen. Innen und außen.

Gewaltige Energie friedlich nutzen

Mittlerweile weiß ich um diese Energie. Doch ich kann mich in eine Gelassenheit zurücklehnen, die auch mein Umfeld mir widerspiegelt: „Hey, wenn du sagst „Wir machen das nicht mehr, dann ist es auch in Ordnung“.

Inhaltlich arbeite ich heute an den gleichen Aufgaben wie vor zwei Jahren. Trotzdem ist es komplett anders.

Wir haben im Coaching erlebt, dass eine scharfe Trennung zwischen Business- und LifeCoaching überhaupt keinen Sinn macht…

Stimmt, das Thema Grenzen hat sich durch alles durchgezogen. Ich kenne es nicht nur im beruflichen Umfeld, sondern auch aus meiner Herkunftsfamilie. Ich wollte meinen Platz finden.

Wie hast du als “Urgewalt” deinen Platz gefunden?

Ich erlebe es überall. Du kannst in deiner Energie sein. Doch so lange du nicht in einem Feld bist, wo du gut hin passt, kommst du dir vor wie so ein Dum-Dum-Geschoss. (Anmerkung *Dum-Dum-Geschosse fügen dem Getroffenen schwerste Verletzungen zu und sind im Kriegseinsatz verboten  Quelle).

Deshalb war ich auf der Suche nach „meinem Feld“ – einem Raum, der meinem Sein entspricht. In dem alles leichter wird.

Dabei hast du mir mit deinem strukturierten Auseinanderdröseln meiner eigenen und fremder Kommunikationsmuster sehr geholfen. Du wolltest immer wieder wissen: Was steckt dahinter? Woran ich immer denke ist der Polarstern.

Der Polarstern leuchtet den Weg

Polarstern vor nachtblauem Himmel Orientierung im Konflikt

 

Mit dieser Frage: „Wo willst du wirklich hin?“ gelingt es mir, gerade in heißen Diskussionen über das eigentliche Problem hinweg zu blicken.

Ich kann mich auf mein eigentliches Ziel zu fokussieren, und so den anderen abholen: „Schau, wir beißen uns jetzt nicht hier in dem Moment fest. Wir wollen doch eigentlich genau dort hin.“

Inzwischen führe ich Gespräche mit klaren Ich-Botschaften: „Du, das kommt bei mir so nicht an!“ Wenn der Gegenüber dann sagt „Naja, das war ja auch für mich gemeint.“, kann ich ganz ruhig erwidern: „Du, dann darf das auch bei dir bleiben!

Wir haben ganz konkrete Gesprächssituationen am Online-Whiteboard auseinander gedröselt. Dadurch bin ich viel klarer geworden.

Einen Schritt zurücktreten, den ganzen Kommunikations-Wust nüchtern anschauen, und das Geschehen aus einer neutralen Position betrachten, das hat mir so geholfen. Ich habe entdeckt: „Ach, so kann ich das auch sagen.“

Ich habe heute den Mut, zu mir zu stehen.

Zum Mut gehört die Fähigkeit, zu mir zu stehen

Unser Auftrag war: „Gelassen zu mir stehen, und dem, was mir wichtig ist.“ Wie erlebst du das heute? Wie erleben es andere, wenn du klar zu dir stehst?

Ein paar Schlüsselmomente:

Eine meine ersten Kundinnen buchte mich als Urlaubsvertretung. Ich war so happy und dankbar, zu Beginn meiner Selbständigkeit Aufträge bekommen zu haben. Die Zusammenarbeit erwies sich für mich als nicht sehr erfüllend. Für sie schon. Sie hätte mich gern weiterbeschäftigt. Trotzdem habe ich ihr in einer freundlichen Mail die Zusammenarbeit aufgekündigt. In mir war dieses klare „Nein, so möchte ich keine Zusammenarbeit haben“.

Als Existenzgründerin in den ersten Monaten einer Kundin zu kündigen? Volles Risiko und Mut, zu sich zu stehen? Ja, das war definitiv die richtige Entscheidung. Einige Wochen später war ich komplett ausgebucht mit meinen absoluten Herzenskunden.

Auch im privaten Bereich gab es Momente, in denen ich früher um des lieben Friedens willen eingeknickt wäre. Es fällt mir um einiges leichter, freundlich eine Grenze zu ziehen und „Nein“ zu sagen und dann das folgende Unbehagen auszuhalten.

“Bis hier her und nicht weiter”, heißt Energie kontrollieren. Nie mehr unterdrücken

Diese unkontrollierte Energie – weswegen ich zu dir gekommen bin, um zu lernen, sie zu kontrollieren – heute unterdrücke ich sie nicht mehr. Jetzt sage ich: „Bis hierher, und nicht weiter!“  Damit lasse ich sie raus, und sie verwandelt sich in etwas, das beiden Seiten nutzt.

“Was raus muss, muss raus” – der Schlüssel dazu: der richtige Ton

Ja, ich arbeite noch ein bisschen am Feinschliff meiner Tonlage. Doch es ist erst mal raus: „Okay, Freund, das war jetzt meine Meinung. Über das WIE können wir noch sprechen. Aber nicht über das, WAS ich dir sagen wollte. Es entspricht meiner Wahrheit, und mit der musst du jetzt umgehen.“

So bin ich mittlerweile unterwegs.

Auch das diplomatische Nein gelingt mir mittlerweile ganz gut. Ich wusste gar nicht, in wie vielen Varianten ich „Nein“ sagen kann. Und dass ich das immer wieder sagen darf. Heute klappt das ganz entspannt mit „Ja, muss ich, kann ich, will ich aber nicht.“ Ist Übungssache.

[Du willst auch leichter Nein sagen? TIPP: Starte mit einem Selbstcheck für dich.]

Der richtige Impuls bewegt das ganze System

Es scheint, als wäre das ganze System durch deine Veränderung in eine neue Qualität gewachsen.

In der Familie war es die ältere Schwester, die früher von sich sagte, sie sei ja „nur“ ein Mädchen. Der jüngere Bruder war viele Jahre der Chef im Ring… Und jetzt dieser winzige Impuls damit zu experimentieren, was passiert, wenn ich dieses „nur“ aus meinem Wortschatz streiche.

Dadurch hat sich tatsächlich viel geändert. Die alten Rollen sind nicht mehr so zementiert. Ich bin tatsächlich wieder die Erstgeborene. Klar hat er komisch geguckt, als ich ihn meinen „kleinen“ Bruder nannte. Er ist schließlich einen Kopf größer als ich. Doch ich habe meinen Platz als die Ältere im Familiensystem wieder eingenommen und die alte Rollenzuschreibung „Mädchen sind still und dienen“ abgestreift.

Gleichzeitig habe ich meine Grenzen neu definiert. Das merkt meine ganze Familie.

Deine beruflichen Veränderungen: 2022 warst du angestellte Assistentin der Geschäftsleitung. Heute 2024 bist du selbständig als Virtuelle Assistentin. Erzähl von deinem Weg.

“Dem Gehenden schiebt sich der Weg unter die Füsse”

Im Februar 2024 war mein Startschuss als Selbständige. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich tatsächlich schon meine erste Kundin. Im April war ich ausgebucht. Im Mai habe ich eine Kundin gekündigt, weil wir nicht zusammenpassten. Im Oktober meine erste Mitarbeiterin auf Minijob-Basis eingestellt.

Irgendwann dachte ich: „Ja, wenn man seinen Weg geht…“. Das erinnerte mich an den Spruch von Martin Walser.

Der Mut, diesen Satz wahrwerden zu lassen; das war die größte Hürde. In dieses Vertrauen zu gehen, dass wenn ich jetzt losmarschiere, sich der Rest ergibt.

Gratulation. Seit 2022 sind erst zwei Jahre vergangen. Das ist rasant.

Das erste halbe Jahr der Transformation war nicht ganz so einfach. 2023 war ich lange krankgeschrieben. Ich musste erst einmal raus aus dem Alten, zur Ruhe kommen, die Dinge tun, die mir guttaten. Das klingt leichter, als es war. Ich war so erschöpft. Einkaufen war schon Königsdisziplin.

Dankbar für die Zeit, die ich mir geschenkt habe

Ich bin mir selbst dankbar, dass ich mir diese Zeit gelassen habe. Meinem Umfeld bin ich dankbar, dass sie mir keinen Druck gemacht haben. Jeder hat irgendwie gespürt: „Die geht jetzt ihren Weg und den lassen wir sie so gehen, wie sie möchte.“

Als ich das erste Mal bei der Agentur für Arbeit war, hatte ich eine tolle Sachbearbeiterin. Ich habe über den Gutschein das Gründungscoaching machen können. Und der Antrag auf Gründungszuschuss war erfolgreich. Ohne den hätte ich nicht in die Selbstständigkeit gehen können. Alleinerziehend mit Kind wäre das finanziell nicht möglich gewesen.

Dankbarkeit als Lebensgefühl

Dieser Rückenwind war eine mega Unterstützung. Mit dieser Freiheit kam eins zum anderen. Die erste Kundin, die zweite Kundin. Der Lebenspartner der ersten Kundin mitsamt Firma. Da bin ich jetzt Head of Finance. Die sind alle Anfang 30, ich bin echt die „Seniorin“ unter ihnen. Aber das ist so ein so herzliches Miteinander.

Das sind Momente, in denen ich immer wieder denke: „Boah, Dankbarkeit das trifft’s“. Dieses Gefühl ist mir immer präsent.

Silke, welchen Tipp gibst du Frauen, wenn nicht alles so schnell geht, wie man es sich wünscht?

Aushalten. Ja, aushalten.

Aushalten heißt was?

Die Situation aushalten. Dem Druck von außen standhalten.

Wie gelingt dir das?

Vertrauen wagen. Gegen Durststrecken und Enttäuschungen

Nicht in Panik verfallen, immer wieder ins Vertrauen gehen.

Mich erst mal fragen: “Ist der Weg der Richtige?” Und wenn das Gefühl sagt: „Ja, ich will …“, dann dem Weg folgen.

Vertrauen auch für die Momente, in denen ein Kunde anfragt, sich dann aber nicht mehr meldet.

Letzte Woche habe ich mit einem potentiellen Neukunden gesprochen; hatte ein tolles Gefühl dabei. Du denkst dir: „Okay, super, das passt.“ und dann kommt nichts mehr. Nicht mal eine Absage. Das ist enttäuschend, doch ich denke mir dann „Okay, ist so. Ich kann mich anderweitig beschäftigen. An Arbeit mangelt es mir nicht.“

Ganz überraschend ruft mich dann heute Morgen jemand an, der auf der Suche nach einer VA ist.

Ja, das muss du aushalten können, das geht nur mit diesem Vertrauen.

Wissen warum. Und das auch spüren können.

Zum Vertrauen gehört für mich auch zu klären: „Warum mache ich das, was ich tue?“ Das war im letzten Jahr auch so ein Schlüsselmoment für mich. Als ich mir mein „Warum“ klar gemacht habe, sind mir die Tränen gekommen. Es kam so tief aus meinem Inneren.

Verrätst du uns, was dein Warum ist?

Ein freieres Leben.

Also dieses Selbst und Ständig, das habe ich bis jetzt noch keine Sekunde gespürt. Das ist eher dieses „Selbstständig-Ich“. Ich habe die Freiheit und auch die Pflicht, meine Entscheidungen selbst zu treffen.

Und als ich letzte Woche gemerkt habe: „Hey, du stellst jetzt gerade jemanden ein, du bist wieder Chefin“ war das ein klares „Ja“ dazu. Vielleicht sitze ich auch mal zehn Stunden hier. Aber Ja, es ist MEINE Entscheidung. Ich bin nicht mehr von irgend jemandem abhängig.

Jetzt ist dieser Kaktus wieder da, wo er hingehört.

So also fühlt es sich an, wenn es richtig ist. Für mich richtig.

Silke, du hast für deinen Weg gekämpft, ich erinnere mich an eine große innere Hürde im Spätherbst 2022. 

Ich wurde Zeugin, wie du in ein altes Muster zurück gekracht bist. Man hatte dir im Job eine Karotte vor die Nase gehalten. Dein schlauer Körper hatte lange verstanden, dass das nur eine Finte war und rebellierte wieder. Doch du warst wie erstarrt. Da habe ich in meine Filmkiste gegriffen, die ich als StoryCoach gern nutze. Erinnerst du dich?

Oh ja. Du meintest, ich würde mich zum Spielball machen.

Ich dachte, „Okay, als Coach lehnst du dich jetzt ganz schön weit aus dem Fenster.“ Bis zu diesem Zeitpunkt warst du immer neutral geblieben, hast mich die Antworten finden lassen. Das war das erste Mal, dass du deine Meinung so deutlich kundgetan hast. Du hast es auf den Punkt gebracht und deutlich Position bezogen.

Doch genau das hat mir in dem Moment über die Hürde geholfen. Da warst du mein Polarstern, weil du ausgesprochen hast, was ich in diesem ganzen Tohuwabohu nicht mehr sehen konnte.

Dann habe dir erzählt, dass ich die Kündigung eigentlich schon geschrieben hatte.
Von dir kam: „Du hast dich also entschieden?“.

Ja, und es hat sich genau richtig angefühlt. Am dritten Arbeitstag 2023 war dann exakt der richtige Zeitpunkt für mich, zu kündigen. Ich bin gegangen und habe nicht ein einziges Mal zurückgeschaut.

Was gibst du in eine Browser-Zeile ein, um eine Coach wie mich zu finden?

Kommunikationstrainerin.

Weshalb gerade das?

Kommunikation ist der Schlüssel von allem

Weil Kommunikation der Schlüssel von allem ist. Du zeigst das Verborgene, was in der Kommunikation noch stattfindet. Das, was dahintersteckt. Du hast mich gelehrt, hinter die Kulissen zu schauen. Und mir das Werkzeug an die Hand gegeben, das es braucht, um selbständig dahinter gucken zu können.

Wem würdest du empfehlen, mit mir zu arbeiten? Wer sollte es besser lassen?

Also wenn jemand keine direkten, klaren Fragen möchte, nicht durch bisschen Provokation aus der Reserve gelockt werden möchte, wer lieber in seiner Hängematte bleibt, der soll nicht zu dir kommen.

Doch wer durch ganz klare fundierte Analyse der Situation „Was ist vorhanden?“, „Wo möchtest du hin?“ und „Was fehlt noch?“ geführt werden will, der ist bei dir genau richtig.

Dein neues Leben als Selbstständige Virtuelle Assistentin. Auf deiner Webseite steht: „Vertrauen, Abgeben, Freiräume schaffen.Was bedeutet das für dein Leben als Dienstleisterin? Was für die Menschen, mit denen du arbeitest?

Eine Kundin hat mir geschrieben, sie hätte seit ihrer Zusammenarbeit mit mir 6.000 Euro mehr Umsatz. Weil ich ihr das genau das abnehme, was sie so ungern macht und sie sich dafür auf ihre Kernkompetenz konzentrieren kann.

Also jede macht das, was sie am besten kann. Dann ist jede in ihrer Energie. Statt sich z.B. mit dem Steuerberater herumzuärgern, konzentriert sie sich auf ihre Stärken. Ich bekomme eine kurze Info und ich kümmere mich. Neulich sagte sie zu mir: „Wenn man dir etwas gibt, dann weiß man, dass es zu 120% erledigt ist. Und zwar in meinem Sinn.“ Sie meinte, es sein ein absoluter Geniestreich gewesen, mich zu engagieren.

Silke kümmert sich! Brauchst du auch eine Silke?

Eine andere Kundin hat zum ersten Mal wieder zwei Wochen wirklich Urlaub mit ihrer Familie machen können, weil sie genau wusste, das läuft daheim. „Silke kümmert sich“ – genau dieses Feedback kommt oft.

Das Schärfste war eine Anfrage über Linkedin: „Ich habe die Empfehlung von X bekommen, die meinte, ich brauche jetzt auch eine Silke“. 😊

Deshalb Danke Katrin für

  • dein Mut machen,
  • dein hinter-dem Ofen hervorziehen,
  • dein Wachrütteln.

Ohne dich wäre ich nicht da, wo ich heute bin.

StoryCoaching schenkt die Fähigkeit, mit den eigenen Flügeln zu fliegen

Hast du dir 2022 vorstellen können, dich so schnell selbstständig zu machen?

Nein. Nein, nicht wirklich. Aber es war genau der richtige Zeitpunkt.

Klar, im Rückblick denke ich, hätte ich es vielleicht drei, vier Jahre früher machen können… Aber alles hat seine Zeit. Als würde eine Raupe, die sich im Kokon verpuppt hat, und eigentlich längst reif zum Schlüpfen ist, noch auf den richtigen Zeitpunkt warten.

Du hast gesehen, was schon da war, hast mir Auftrieb gegeben und geholfen, Vertrauen zu finden. Vertrauen in die Fähigkeit meiner eigenen Flügel zu fliegen.

Das strukturierte Ergründen, was ich mit Kommunikation erreichen kann, hilft mir noch heute, schwierige Gespräche zu führen. Denn die hat man als Virtuelle Assistentin häufiger. Im Auftrag seines Kunden unterwegs zu sein, heißt nicht immer eitel Sonnenschein.

Hat ein Kunde einen Steuerberater, mit dem ich zu tun habe, dann kann es sein, dass der Steuerberater und ich niemals beste Freunde werden. Doch das müssen wir auch nicht. Ich kann

  • ihn dort stehen lassen, wo er ist,
  • eine Kommunikationsebene anpeilen, die uns beiden dient.
  • in Mails emotionale Spitzen überlesen, mit denen ich gar nicht gemeint bin.
  • unterscheiden, ob da auf der anderen Seite alter Groll ist, der nichts mit mir zu tun hat. Wenn es nötig ist, spreche ich das ganz klar an.

Ich darf, wenn es nicht respektvoll läuft, den Kunden auch abgeben. Neulich fragte mich jemand: „Ja willst du mir drohen?“
Nein, das will ich nicht. Doch es gibt Dinge, die will, die brauche ich nicht mehr. Mit alten Geschichten, die mir nichts bringen, bin ich durch.

Genau das bedeutet für mich Freiheit. Gelassen zu dem stehen, was mir wichtig ist. Persönliche Grenzen setzen und wahren.

Deshalb ist Kommunikation mein Schlüssel zur Freiheit.

Du willst mehr Interviews aus dieser Reihe? Lies:

Teil  1: StoryCoaching gibt Sicherheit (Rose-Marie)

 

 

Fotocredit: Susanne Ganter

25 letzte Sommer – Goodread Nr. 9

Von der wahren Entscheidung du selbst zu sein

Weshalb ich es lese:

Es begann mit einem Irrtum. Eine Klientin, die ich sehr schätze, hatte mir erzählt, sie hätte sich mit „ihrer persönlichen Pastorin“ – einer Frau, die ihr sehr nahesteht – darüber unterhalten, wie viele gute Sommer ihnen wohl noch bevorstünden.

Der Gedanke gefällt mir.

Als ich zur Langen Nacht der Literatur in Hamburg eine Lesung mit diesem Titel entdecke, nehme ich an, es wäre der Buchtitel, über den sie sich unterhalten haben. War er nicht, wie sich später herausstellt. Doch da habe ich das Ticket für die Lesung schon gebucht.

Klebe einen spätsommerheißen Abend auf meinem Plastikstuhl fest. Genieße berührende, nachdenkliche Momente im Hier und Jetzt. Mehr zur Lesung.

Stephan Schäfer

25 letzte Sommer

In sich ruhig sein, sich mit dem Leben verwurzelt fühlen, das wär’s,“ beginnt der Autor. „Doch statt dessen, fühlte ich mich wie ein angegessener Apfel nach 30 Jahren im Job.“

 

Stephan Schäfer – Journalist, Chefredakteur, Vorstand – weiß, wie sich Dinge lesen müssen, damit wir ihnen mühelos folgen können.

Worum es geht:

Der Protagonist: ein Mensch mit endlosen ToDo-Listen, dem Smartphone auf Dauerstandby, pflichtbewusst. Mit einer „gläsernen Wand“ zwischen sich und der Welt. „Ein Optimierer… Streng zu sich selbst, selten zufrieden, entschlossen statt entspannt.“ (Seite 10). Beim Joggen am See – irgendwie muss man den Kopf ja freibekommen – begegnet ihm Karl. Ein Kartoffelbauer, der sein Leben in einem ganz eigenen Rhythmus lebt.

Was folgt ist Begegnung. Sind Fragen, Gespräche, Entdeckungen und Einsichten.

Schlichte Fragen. Bedeutsame Fragen.

Denn was wäre, wenn uns wirklich nur noch 25 gute Sommer blieben? Werden es überhaupt so viele sein? Und was heißt denn überhaupt gut?

Fragen, die ich seit Jahrzehnten als Coach immer wieder höre. Verpackt in einem kleinen Buch, das sich als Hardcover sanft in die Hand schmiegt.

Fragen die – wenn wir dranbleiben (und auch wirklich nur dann) – uns unserem Leben neu begegnen lassen. Die uns (wieder)finden helfen, was abhanden gekommen ist. Alles ohne erhobenen Zeigefinger. Das Buch liest sich entspannt fröhlich, so wie der Autor an dem Abend auf mich wirkt. Da hat einer Entscheidungen getroffen. Gute Entscheidungen.

Entspannte Fröhlichkeit- gern mehr davon.

Entspannte Fröhlichkeit liegt liebevoll in der Luft. Davon könnten wir mehr gebrauchen. Auch – oder vor allem – uns selbst gegenüber.

Momente, in denen das Buch mich besonders berührt:

Der Protagonist bestaunt auf dem Kartoffelfeld eine Knolle: „Und du hast nie etwas anderes angebaut in all den vielen Jahren? Keinen Salat, kein Gemüse oder so?“ will er vom Bauern wissen. „Nein, nicht ein einziges Mal. Ich wechsle nur die Felder“, antwortete Karl. (Seite 47).

Das lässt mich schmunzeln. Denn was für Karl die Kartoffeln, waren für mich in all den Jahren die Geschichten der Menschen, mit denen ich arbeite. Auch wenn meine Herangehensweisen variieren. Nur war mir das vorher nie so klar.

Man verwandelt einen Fremden nur in einen Freund, indem man ehrliches Interesse zeigt und ohne zu bewerten zuhört.” (Seite 65) Wenn wir Fremden offen und interessiert begegnen, verwandelt sich das weiße unbeschriebene Blatt eines ersten Kontaktes in Vertrauen. Und das brauchen wir heute mehr als je zuvor.

Dann gibt es die Geschichte in der Geschichte, die einen hypnotischen Zauber ausübt. Denn die vier Entscheidungsfragen (Seite 80), die Stephan Schäfer stellt, könnten helfen, viel Leid in unserer Welt zu lindern. Leid, das wir uns durch unsere hektische Rennerei im Alltag selbst zufügen.

Wofür entscheidest du dich?

Also frag dich vor der nächsten Entscheidung:

  • Gibt es dir Liebe und Frieden?
  • Gibt es dir Lebensfreude und Energie?
  • Gibt es dir Freiheit und Selbstbestimmung?
  • Gibt es dir Ruhe und Halt?

Ein unerwarteter Moment kurz vor Schluss lässt mich die Luft anhalten. Roh, wie ein Blick in den Spiegel. Da denke ich immer „So was passiert nur mir.“ Tut es nicht. Wir alle leben unser Leben. Ganz gleich, ob wir Verlagschef, Kartoffelbauer oder Coach sind. Und wir wissen nie, wie viele Sommer uns noch geschenkt werden.

Ich empfehle das Buch:

Menschen, die

  • ein wichtiges Kapitel ihrer Lebensreise beenden. Oder beenden müssen. Die abschließen wollen und die – bevor sie sich ins nächste Abenteuer stürzen – sich zunächst einmal selbst Hallo sagen wollen.
  • sich von Erwartungen verabschieden wollen, die andere an uns haben. Wir müssen gar nichts erfüllen.
  • sich an ihre Träume erinnern und sie wieder in die eigenen Hände nehmen wollen. Behutsam, Schritt für Schritt – wie auch die Kartoffel nicht schneller wächst, nur weil man daran zieht.

Mein Fazit

Wenn du nicht sicher bist, ob dein Mut reicht, aufzubrechen, wenn du zweifelst du es durchhältst, umgib dich mit Menschen, die sagen „Fang doch mal an!“ Wenn du soweit bist: Ich bin hier für dich!

 

Idee – Klarheit – Netzwerk: Neuer Job mit 60

„Jobsuche mit Anfang 60? Für mich kein Ding!“

Mit diesem Satz hat sie mich… Überall hören wir von enormen Schwierigkeiten, denen Frauen 50plus am Arbeitsmarkt begegnen. Und dann ein solcher Satz?

Caterine Schwierz ist im September 24 noch Director Business Development & Marketing in einer Patent- und Rechtsanwalts-Kanzlei. Sie ist 60 Jahre alt. Und wollte sich eigentlich aus dem Erwerbsleben zurückziehen. Jetzt startet sie im November 24 noch einmal durch.

Ich will erfahren, was hinter dieser Geschichte steckt.

Wir verabreden uns zum Interview, sind uns schnell einig: Ihre Geschichte macht Mut, sie weckt Hoffnung. Die wollen wir teilen. Wir bürsten gängige Narrative gegen den Strich, und zeigen, wie es funktionieren kann, einen sinnstiftenden, erfüllenden Job zu finden. Jetzt erst recht.

Kennengelernt habe ich Caterine in den Schnupperworkshops zur LifeStory im November 2023. Da verblüffte sie mich schon, buchte gleich alle vier.

Caterine, an welcher Kreuzung deines Lebens standest du damals?

Ich hatte gerade meinen Job in der Kanzlei gekündigt, in der ich die letzten vier Jahre tätig war und habe wirklich überlegt: Was kommt jetzt als Nächstes? Ich hatte also nicht den üblichen Schritt gemacht, erst mal für die Zukunft sorgen und dann kündigen. Meine sehr lange Kündigungsfrist von zwölf Monaten verschaffte mir ausreichend Zeit nachzudenken. Mit Anfang 60 ist das natürlich eine ganz wichtige Entscheidung.

Was kommt als nächstes?

Doch das Positive an diesem Alter ist, seine eigenen Freiheitsgrade zu spüren. Ich muss jetzt nicht mehr überlegen: „Was ist der sinnvolle nächste Karriere-Schritt? Wie liest sich das im Lebenslauf? Wie erkläre ich das anderen?“ Sondern ich konnte überlegen: „Was kommt jetzt als Nächstes?

Für mich persönlich war klar, dass ich in meine Heimatstadt Berlin zurückgehe, zurück zu meiner Familie, um mich um meinen Vater kümmern zu können. Deshalb fühlte sich das auch sehr richtig an.

Ansonsten war es ein völlig freies Feld voller Überlegungen, die ich angestellt habe.

Du scheinst freie Felder zu genießen. Anderen machen sie eher Angst. Welches Gefühl war für dich mit dem freien Feld verbunden?

Zum einen ist es natürlich ein Privileg, dass ich Veränderungen mag. Ich habe schon immer den Mut gehabt, solche Schritte zu gehen. Weil ich schon öfter den Beruf und die Branche gewechselt habe, hatte ich Übung darin. Dazu kommt, dass Weiterentwicklung und Weiterlernen zu meinen Kernwerten gehören und ich mit der Aufgabe der Selbstreflexion gut vertraut bin.

Aus meiner Zeit als Karriereberaterin weiß ich auch, dass das für viele Menschen nicht so ist. Ich habe viele Menschen erlebt, die so leiden unter ihrem Arbeitsumfeld, aber nicht die Kraft finden, zu springen.

Da ist Wertearbeit gut. Sich die Frage zu stellen: „Was tue ich mir eigentlich an, wenn ich viel zu lange Zeit in einem Umfeld verbleibe, in dem meine Werte verletzt werden?“

Und welche Potenziale werden freigesetzt, wenn das Umfeld so ist, dass ich meine Werte leben kann?

Du darfst dich entscheiden, nicht mehr zu leiden.

Was hält Frauen zu lange an einem Platz, der nicht gut für sie ist?

Ich nehme wahr, dass Menschen ihre Fähigkeiten total falsch einschätzen – als zu niedrig. Aus dieser Angst heraus sagen sie: „Ich finde da draußen nichts!“ Das hält sie wie Blei.

Frauen sind prädestiniert dafür, sich zu unterschätzen und die Anforderungen da draußen völlig zu überschätzen. Die Angst: „Ich werde das nicht schaffen. Der Arbeitsmarkt wird mich abstoßen wie einen Fremdkörper!“, diese Angst vor Ablehnung führt dazu, dass sie festhalten und nicht mal den Versuch unternehmen, sich umzuschauen.

Das wirksamste Mittel gegen diese Angst?

Diese wertvolle Arbeit, die du ja auch machst, hilft dabei, sich von dieser Angst nicht lähmen zu lassen.

Es ist ein guter Weg, sich darüber klar zu werden:

  • Was kann ich eigentlich?
  • Was macht mich besonders?
  • Was sind meine Stärken?
  • Was sind meine Erfolge, wenn ich diese Arbeit leiste?

Caterine, dein Lebenslauf liest sich auf Linkedin sehr geradlinig. Das lässt es leicht erscheinen, auf die eigenen Stärken zu setzen. Doch wir hören und lesen häufig von Menschen 50plus, die wieder und wieder abgelehnt werden. Was empfiehlst du ihnen?

Die Antwort ist ganz klar: Such dir Unterstützung.

Auch als ich bei von Rundstedt weggegangen bin, habe ich mir eine Karriereberaterin genommen. Das ist teuer. Wenn man jemand Gutes bucht, ist das teuer. Aber es ist extrem hilfreich.

Es ist anstrengend. Hol dir Unterstützung.

Denn gerade, wenn jemand so viele Absagen bekommt, dann ist da an der Strategie was nicht stimmig. Es ist total schwer, das selbst zu erkennen. Ablehnung tut einfach wahnsinnig weh. Also man geht so schnell rein, fühlt sich hilflos und als Opfer, anstatt zu sagen „Oh, das müssen wir uns noch genau angucken. Da kommt zu viel Ablehnung. Was passt da nicht?“ Und genau das kann eine Profi leisten.

Ich kann mich noch gut erinnern, meine Beraterin hat mich gequält mit diesem: „Was ist dein USP? Warum sollte dich jemand einladen?“ Es ist so anstrengend, und oft total schwer, das alleine zu leisten. Deshalb ist eine externe Unterstützung gut investiertes Geld.

Bist du strategisch vorgegangen bei der Auswahl deiner bisherigen Jobs?

Nein, bin ich eigentlich nicht. Sondern ich habe das erst beim letzten Mal so gemacht. Ich war Ende 50 und da wusste ich, ich muss jetzt wirklich strategisch vorgehen. Ich muss das ganz genau planen.

Ansonsten habe ich sehr früh in meiner Karriere überlegt: „Was ist eigentlich mein Purpose, meine Mission? Warum? Was gibt mir Sinn bei meiner Arbeit oder im Leben?“ Das habe ich definiert. Das war auch ein quälender Prozess. Den kann man auch mit Unterstützung wahrscheinlich sehr viel besser machen.

Caterine, verrätst du uns deine Mission?

Meine Mission ist, Menschen und Organisationen dabei zu unterstützen, ihr Potenzial zu entdecken und für ihren Erfolg zu nutzen. Die eigene Mission hat ja oft viel damit zu tun, was wir selber irgendwann gebraucht haben. Deshalb war es für mich ein Wendepunkt, als ich gemerkt habe, wo ist eigentlich mein Potenzial, wo sind meine Stärken, wo meine besonderen Talente?

In unserer Generation hat sich die Karriereentwicklung damals stark an Erwartungen von außen orientiert: Wie macht man Karriere? Wie hat man zu sein als Führungskraft oder als Mensch im beruflichen Alltag?

Als ich meine Stärken und Talente erarbeitet hatte, konnte ich mich davon abwenden. Mir wurde wichtiger zu sagen: „Nein, das will ich nicht mehr. Lasst doch mal gucken, was bin ich denn? Wer bin ich?

Finde deinen Kompass - orientiere dich neu Katrin Klemm Hamburg LifeStory

Daraus wurde mein Kompass, dem ich gefolgt bin. Dazu habe ich sehr stark auf meinen Bauch gehört. Sobald ich mehr über meine Werte wusste, habe ich dann sofort gespürt „Da passt was nicht mehr, die Zeit der Veränderung ist gekommen.

Also, damals habe ich noch nicht strategisch geplant. Es gab mal einen Wechsel von einem Job in den anderen. Da habe ich mich für den Job entschieden, weil ich überzeugt war, dass ich da viel lernen kann. Genau das interessierte mich. Deshalb bin ich sogar im Gehalt um ca. 20-25% runtergegangen.

Entscheide dich zu wachsen.

Es gibt diesen schönen Satz von Heinz von Foerster „Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten grösser wird!”  Das ist mir wichtig.

Katrin Klemm im Interview mit Caterine Schwierz und ihren Weg, mit über 60 einen neuen Job zu finden - Zitat Heinz von Foerster

Mein Rat deshalb: “Entscheide dich weniger für das strategische „Wie müsste eigentlich meine Karriere verlaufen?“. Frage dich lieber „Wie schaffe ich mehr Möglichkeiten für persönliches Wachstum?

Ja, vielleicht ist das auch mal ein Schritt zurück im Gehalt. Bei mir dauerte es nicht allzu lange, bis es gehaltlich wieder nach oben ging.

Von November 23 „Was kommt jetzt im Ruhestand?“ bis November 24 „Neuer Job mit 60. Ich starte durch!“ hast du das Steuerrad kräftig gedreht. Wie kam es zu diesem Kurswechsel?

Jobwechsel mit 50plus. Wenn du deinen Kurs ändern oder neu bestimmen willst: Design your LifeStory.

Freiheit bedeutet auch finanzielle Freiheit.

Lass mich starten bei den Freiheitsgraden. Die haben ja auch viel mit Finanzen zu tun.

Ich habe mich – das ist in jeder beruflichen Phase wichtig – mit meinen Finanzen beschäftigt, und habe mir ganz genau angeschaut:

  • Wie stehe ich da?
  • Was bedeuten bestimmte Entscheidungen?
  • Wie sieht es mit der Rente aus?
  • Welche privaten Vorsorgeleistungen habe ich zu erwarten?

So habe ich mir die innere Freiheit, geschaffen, zu sagen: Ich kann entscheiden, ob ich noch arbeiten will oder ob ich mich aus dem Arbeitsleben zurückziehe. Nichts ist konsequenzlos! Das unterschätzen viele. Jede Entscheidung im Leben hat ihren Preis.

Die Entscheidung für mich, nicht mehr zu arbeiten, hätte geheißen, den Gürtel gewaltig enger zu schnallen. Doch ich habe mir das wirklich vorgestellt: „Wie ist das, wenn ich den Gürtel enger schnalle?“ Darin habe ich eher eine positive Herausforderung gespürt. „Die Konsequenz ist mir klar, damit kann ich leben!“ Das war eine wichtige Grundlage. Jetzt standen mir verschiedene Wege offen.

Das war die Ausgangssituation. Das meine ich mit Freiheitsgraden.

Der magische Moment, in dem alles klar wird.

Und dann hatte ich meinen Balkon-Moment.

Ich war umgezogen von München nach Berlin. Da stand ich also in meiner schönen Wohnung. Alles war getan. Ich hatte noch ein paar Tage frei. Es war wirklich so eine leere Zeit.

Da klingelte – wie ein unerwarteter Gast – plötzlich der Gedanke bei mir: „Wie ist das, wenn das jeden Morgen so ist?“ Für ein paar Tage mag sich das ja super anfühlen. Aber auf Dauer? Und jetzt gleich?

Da spürte ich deutlich: „Ich bin gar nicht vorbereitet!“ Oder auf jeden Fall zu wenig für das Szenario: „Ich arbeite gar nicht mehr. Nie wieder im Erwerbsleben!“

Vorbereitung auf den Ruhestand ist mehr als nice to have.

Erst da habe ich verstanden, was gemeint ist, wenn wir überall lesen: „Auf den Ruhestand, auf dieses Nicht-mehr-arbeiten, sollte man sich vorbereiten“.

Ich habe richtig gespürt: „Ich bin noch nicht bereit. Das ist mir zu viel Veränderung.

Ich bin von München nach Berlin gezogen. Ein neues Umfeld. Zwar ist es eine bekannte Stadt, aber doch alles neu: Bezugspersonen oder die Netzwerke aufbauen, in denen ich sein möchte. Ne, das reichte erstmal. Da muss diese riesige Veränderung, mit dem Arbeiten aufzuhören, nicht noch oben drauf.

Auf in die nächste Entwicklungsaufgabe.

Die Entwicklungsaufgabe, die jetzt vor mir steht ist es, meinen Wert, mein „Warum bin ich da?“ nicht mehr daran zu messen, wer ich im Job bin. Die wird mich darauf vorbereiten, auch den nächsten Übergang gut zu meistern.

Also das war so der Balkonmoment bei mir. Ich habe von außen nach innen geschaut und entdeckt, was wirklich gerade dran ist.

Aha, die innere Arbeit war getan. Wie ging es dann ganz praktisch weiter?

Ich hatte zwei Ideen. Nein, eigentlich hatte ich eine Idee und das, was ich jetzt machen werde, war dann eher der Zufall. Meine Idee war, in die Berliner Verwaltung zu gehen. Ich habe mich mit Bürgerämtern beschäftigt. Ja, das wäre ein extremer Wechsel gewesen, in so ein Bürgeramt zu gehen und Bürgerinnen und Bürger bei allen Angelegenheiten zu beraten, die sie so haben: Pass, Ummelden von Wohnungen und so weiter.

Du kommst aus der freien Wirtschaft. Wie kommst du auf Bürgerämter?

Ursprung war der Gedanke: „Ich gehe diesen bedeutsamen Schritt zurück in meine Heimatstadt. Was braucht diese Stadt? Und was kann ich leisten? Dann habe ich mir überlegt: Was ist das, was ich besonders gerne mache, dieser Kontakt mit Menschen?“ Und dann liest du in jeder Berliner Zeitung die Bürgerämter sind unterbesetzt und so.

Neuer Job? Netzwerken schlägt Konventionen.

Dann haben mir meine Netzwerke geholfen, mich da rein zu fräsen. Als passionierte Netzwerkerin liebe ich das Geben und Nehmen im Netzwerk. Und genau jetzt war mein Moment, nach Unterstützung und Kontakten zu fragen. Es war erstaunlich, ein total schönes Gefühl. Ich habe eine Empfehlung bekommen, war bei vielen Bürgerämtern auf einmal im Gespräch.

Alter spielt keine Rolle. Die Welt bleibt voller Möglichkeiten.

Kein Mensch hat mich gefragt: „Wie alt sind Sie?“

Verwaltungen haben Quereinsteigerprogramme. Da hätte ich an verschiedenen Stellen wirklich einen Job bekommen können. Daraus hätten sich bestimmt noch weitere Möglichkeiten ergeben, beim Aufbau von Wahlämtern oder als Unterstützung in der Personalabteilung. Alle wollten wissen: „Wäre das was für Sie?“

Meine Welt war plötzlich voller Möglichkeiten.

Hätte ich eine ganz traditionelle Bewerbung geschickt, wäre ich schon am Anfang von der künstlichen Intelligenz ausgesiebt worden, weil ich keinen Verwaltungs-Background habe, weil, weil, weil … Keine Ahnung, weshalb.

Aber so – über das Netzwerken – funktioniert das wirklich super. Ich kann es nur empfehlen, auch wenn man eben nicht mehr im zarten Alter von Mitte 20 oder Mitte 30 steht. Netzwerke sind DER Schlüssel zum Erfolg. Und genauso kam das dann eben auch mit dem Job, den ich letztendlich jetzt starten werde.

Rechne mit Überraschungen.

Am Tag, als ich mich aus meinem Kanzlei-Netzwerk verabschiedet habe, kam die Anfrage: „Mensch, wir haben da einen Berlin-Job. Bist du interessiert?

Ich hatte überhaupt nicht über Kanzleien nachgedacht, weil ich dachte: „Ja, die werden mich sowieso nicht nehmen.“ Da war sofort diese innere Schranke: „Ja, in meinem Alter…“ Auch mir sind diese Zweifel gekommen. Auch ich war davor nicht gefeit.

Doch ich möchte jede Frau ermutigen: “Geh trotzdem weiter. Es lohnt sich.”

Mutig sein lohnt sich, wenn du im Innen klar bist.

Ich habe zwei Tage nachgedacht; dann habe ich meinen CV eingereicht. Es gab einen tollen Prozess und so kam es zu dieser Stelle.

Was ich in einem inneren Reflexionsprozess jedoch für mich vorab entschieden habe: „Ich beende meine klassische Karriere mit dem Weggang aus München.“ Mit „klassische Karriere“ meine ich dieses „Da gibt es einen schicken Job-Titel und da gibt es Führungsverantwortung.“ Damit ist Schluss. Und genau das hat den Pool an Jobs, die für mich in Frage kamen, vergrößert.

Warum diese innere Entscheidung nötig war?

Anfang 50 ist heute ein total jugendliches Alter am Arbeitsmarkt. Anfang 60 ist dann das Spiel schon anders. Mein persönlicher Horizont hat sich durch diese Entscheidung noch einmal erweitert.

Ich sehe es aus tiefstem Herzen als meine Aufgabe, mich auf die Zeit ohne Erwerbsarbeit vorzubereiten. Deshalb will ich downshiften im Job. Downshift meint: Ich habe weiter eine Vollzeitstelle, doch der Grad der Verantwortung ist ein anderer. Ich will auch die innere Freiheit haben, mich mit Ehrenämtern zu beschäftigen und so weiter.

Mein zukünftiger Arbeitgeber hat sehr schnell erkannt: „Da kriegen wir sehr viel Erfahrung und eine Unterstützung für teilweise auch ein junges Team.“

Meine Geschichte hat gestimmt. Ich hatte ja jetzt Übung: Wie muss ich meine Geschichte aufbauen? Wie erzähle ich sie den anderen? Sie war glaubwürdig, weil sie aus dem Herzen kam.

Meinen Purpose lebe ich auch in Zukunft.

Hier zieht sich mein Purpose konsequent durch. Ich kann anderen helfen, ihr Potenzial zu entwickeln und erfolgreich zu sein. Und mein Arbeitgeber bekommt das von einer, die ihre Karriere gemacht hat und in sich ruht.

Ein Blick in die Zukunft. Du wirst ab November im Business Development einer Wirtschaftskanzlei starten. Worum soll es gehen im nächsten Kapitel deines Lebens?

Ich will meine Erfahrung in der Arbeit in der Sozietät, mit Partnern nutzen. Ich habe in diesem Feld viel gelernt. Ich habe auch Fehler gemacht. All diese Erkenntnisse nutze ich jetzt, mich in dem neuen Feld einzubringen. Ich will das Team stärken, kann wieder in meiner Mission sein.

Ich bin mir meines Privilegs bewusst, so einen begrenzten Zeitraum zu haben. In vier Jahren gibt es wahrscheinlich diesen Wechsel in den Ruhestand. Das ist super, wie eine Art Projekt. Vier Jahre: Was will ich am Ende inhaltlich geschafft haben? Was soll da stehen? Was will ich entwickeln?

Meine Stadt Berlin will ich mir neu erobern.

Und ich will dann mit einem wirklich guten Plan in die Zeit des Ruhestands wechseln. Dafür habe ich auch – dafür war der Schnupperworkshop Zeitgeschenke super – so ein klares Bild, dem ich mit meinem Herzen folgen kann. Wo kann dieses Engagement liegen, das ich weiter betreibe? Wie bereite ich mich gut darauf vor?

Katrin Klemm im Interview mit Caterine Schwierz und den roten Faden einer erfolgreichen Jobsuche über 50

Neuer Job mit 60 – mein Erfolgsgeheimnis.

Das Wichtigste zusammengefasst:

  1. Das Privileg, sich noch einmal verändern zu dürfen
    Entscheidend ist es, sich seiner Fähigkeiten bewusst zu werden. Jede hat sie. Vertrau darauf – und das sage ich auch aus meiner Erfahrung als Karriereberaterin – so wie jeder Mensch hast auch du mehr Fähigkeiten als du zunächst siehst. Da ist ein riesiges Potential. Schau hin.Auch wenn es sich – erstaunlicherweise, denn eigentlich ist es so toll, sich mit Fähigkeiten und Erfolgen zu beschäftigen – wie harte Arbeit anfühlt. Doch bleib dran. Es ist ein Schlüssel.
  2. Netzwerken unverkrampft aus dem Herzen
    Netzwerken ist toll, weil wir im Prozess neue Ideen bekommen. Ich hatte meine Idee. Dann habe ich überlegt: „Wen kenne ich, der mir weiterhelfen kann?“

    Netzwerken aus dem Herzen

    Geh ans Netzwerken nicht taktisch oder strategisch ran, sondern mit Herz. Frag dich: „Welche Menschen würde ich gerne kennenlernen? Und wenn das Menschen sind, die sich mit Gartenbau oder Backen beschäftigen, ist das völlig in Ordnung. Wo sind die Menschen, die ein Interesse mit mir teilen?

    Agiere von Herzen und frag dich nicht:“ Wen genau muss ich jetzt kennen, um beruflich weiterzukommen?“ Das führt zu nichts, weil das verkrampft. Weder machen wir es gern, noch ist es erfolgreich. Denn andere spüren: „die ist nur zu einem bestimmten Zweck für sich selbst hier, oder um einen bestimmten Vorteil zu erreichen.

    Starte mit dem Herzen, und dann bleib dran.

  3. „Geh in den Fahrersitz!“
    Lass dich nicht infizieren von all dem: „Die Welt ist schlecht. Frauen haben schwierigere Startmöglichkeiten. Die Kräfte lassen vielleicht nach mit 60.“Das Ziel ist doch, dass du ein glückliches und erfülltes Leben haben willst, oder? Das Einzige, was da hilft, ist, in den Fahrersitz gehen, volle Verantwortung zu übernehmen, auch für die schwierigen Seiten. Und dann das Beste daraus machen.

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Ich habe mit Caterine außerdem über das Thema Vorurteile gegenüber Frauen 50plus gesprochen. Doch das wird ein nächster Artikel!

Stay tuned 😉

Wenn du deine Erfahrungen, Ideen und Tipps teilen möchtest, gern hier im Kommentar. Oder schreib mir!

 

Neues wagen – GoodRead Nr. 7

Alles neu mit 50plus?!

Etwas Neues wagen!

Beginnt ein Buch mit dieser Zeile, ahne ich, dass es sich lohnen wird. Schon auf der zweiten Seite hat sie mich. Margaret Heckel – Expertin für demografischen Wandel – holt mich mit den ersten fünf Lebensgeschichten so schnell rein ins Thema, dass ich unbedingt mehr wissen will.

Weshalb ich es lese:

In der LifeStory  begegnen mir seit Jahren mutige Menschen, die sich in ihrer Lebensmitte nicht auf dem Status Quo ausruhen. Sie wollen noch einmal wissen, was das Leben für sie bereithält. In diesem Programm bekommt jede Teilnehmer*in das Beste, das ich als MenschenMensch zu bieten habe: Erfahrung, Klarheit, Fokus, Leidenschaft, Pragmatismus und immer wieder Ideen, Ideen, Ideen. Damit mir die nicht ausgehen, lasse ich mich von Menschen inspirieren, die sich auskennen.

Neues wagen - Buchbesprechung Margaret Heckel - Der Weg in den Unruhestand - von Katrin Klemm

 

 

Heute Inspiriert mich

Margaret Heckel
Der Weg in den UNRUHESTAND

44 Jobideen für
eine entspannte
zweite Lebenshälfte

 

 

Worum es geht:

Da sind Angestellte, die sich neu orientieren wollen (oder müssen), Solo-Selbstständige, Minijobber. Heckel hat mit Menschen in Übergängen gesprochen. Sie hat Menschen interviewt, die mit 50plus ihr eigenes Ding machen, vielleicht sogar ein Unternehmen gründen wollen.

Sie erzählt auch von Menschen, die ihr Hobby zum Job machen. Mit Susanne und Tina teile ich die Leidenschaft, Menschen mit gutem Essen und Geschichten zu „füttern“. Was bei mir StoryTeller heißt, nennen sie Brotsucht. Die Story, von der Autoverkäuferin und der Angestellten im Sozialbereich fesselt mich. Schade, dass die beiden ihr Brot nicht nach Hamburg liefern.

Ich habe große Lust, noch mehr zu spoilern, so überraschend sind die Um- und Neueinstiege. Doch das musst du schon selber lesen. Ok, die Branchen verrate ich: Mobilität, Handwerk, IT & Digitalisierung, Öffentlicher Dienst & Bildung, Pflege – Senioren – Betreuung, Dienstleistungen aller Art. Von der Bahnbegleiterin, über den Flugkurier bis zur Unternehmerin, die den CityCaddy erfindet und sich nicht unterkriegen lässt. Elke Jensen ist 72, lebt bei mir um die Ecke und ich kannte sie bisher noch nicht. Das werde ich ändern.

Neues wagen, damit sich Leben lohnt

Was alle, die sich trauen gewinnen ist so individuell, wie wir es alle mit unseren Wünschen ans Leben sind: Sinn, neue Kollegen, von denen sie geschätzt werden, eine Arbeit nach ihren eigenen Wertvorstellungen und Vorlieben, ein neuer Blick auf Sicherheit.

Schon die Einführung Etwas Neues wagen! illustriert, wie umfassend sich Heckel auskennt, um überholte Geschichten übers Altern gründlich gegen den Strich zu bürsten. Am Ende demonstriert sie sogar, wie sich welche Rentenvariante rechnet.

Auch wenn ich als Selbständige zu jenen gehöre, die bis ins hohe Alter arbeiten wollen – vor allem aus einem Grund “Es bereitet Freude, [ich kann] so weiter zur Gesellschaft beitragen, nützlich sein und .. Wissen und .. Erfahrung weitergeben.” (Seite 174) bin ich überzeugt, dass dieser Ratgeber vielen Angestellten helfen wird, ihre nächsten Schritt zu gehen.

Neues wagen in der Lebensmitte - nimm dein Leben in die Hand - StoryCoach Katrin Klemm über Margaret Heckel Der Weg in den Unruhestand

Was das Buch in mir auslöst:

Ich bin ein Fan echter Geschichten. Und diese hier sind echt. Sie erzählen von mutigen Frauen und Männern, die ihren Weg gehen, ihren Träumen folgen – auch wenn es mal schwierig wird. Ja, dafür stehe ich jeden Tag auf, um Menschen auf diesem Weg zu unterstützen.

Ich empfehle das Buch:

  • Menschen in der zweiten Lebenshälfte, die sich bisher von den alten Geschichten, die wir uns übers Altern erzählen, davon abschrecken ließen, sich beruflich zu verändern.
  • Allen, die der Gedanke “Warum eigentlich nicht” schon länger heimlich beschäftigt, und die sich Tipps und viele praktische Anleitungen wünschen, wie ein Umstieg gelingen kann.

Mein Fazit

Ja, es liegt in deiner Hand, was du aus deinen nächsten Jahren machst.

Es ist viel mehr möglich als du heute noch denkst. Danke Margaret Heckel für lebendige Geschichten aus dem Leben, für den pragmatischen Schreibstil und einen liebevollen Blick auf Menschen. DAs alles macht Mut, die Gestaltung der eigenen LifeStory für die zweite Hälfte des Lebens JETZT nicht weiter auf die lange Bank zu schieben.

Nimm dir ruhig mal einen Moment. Wenn du noch Träume hast – uralte oder ganz neue – mit welchen würdest du gern Neues wagen?

Lass uns drüber sprechen: Kontakt

Wie es der Selbstbestimmung ergeht, wenn Träume platzen

Gestern ist der Flieger TG2102 wohlbehalten in Chiang Mai | Thailand gelandet.

Ich saß nicht drin.

Falls du eine geplatzte Workation für ein Luxusproblem hältst, lies jetzt bitte nicht weiter. Willst du hingegen wissen, weshalb das eine echte Challenge für mich ist, willkommen.

Katrin Klemm StoryCoach über Freiheit und Selbstbestimmung, auch wenn Träume platzen

 

Sieben Wochen Thailand bedeuten für mich weit mehr als nur barfuß am Sonnenstrand einen Cocktail schlürfen.

Sie verkörpern für mich kostbare Werte, nach denen ich mich lange Zeit in meinem Leben gesehnt, sie kaum für lebbar gehalten, später fremdbestaunt und schließlich doch erobert habe: Freiheit und Selbstbestimmung.

Freiheit und Selbstbestimmung

Warum?

Aufgewachsen hinter dem Eisernen Vorhang wusste ich damals nur aus dem Geographielehrbuch, dass Asien hinter dem Ural noch weiter geht. Familienurlaub fand an der Ostsee, oder auch mal in Ungarn am Balaton statt – das war schon ein gewisser Luxus.

Nach dem Mauerfall war erst einmal Überleben angesagt. Ich schliff mich stromlinienförmig, um in eine Konzernlandschaft zu passen. Dafür hat man mich gut entlohnt. Ich begann zu reisen. Thailand wurde mein Land. Ich verliebte mich auf Anhieb in die aufgeschlossenen Menschen, das phantastische Essen einfacher Garküchen, das farbenprächtige Leben über und unter Wasser.

Anfang der 2000er startete ich in die Selbständigkeit. Da machst du Pläne für alles Mögliche… Urlaub gehört nicht dazu. Auch später wurden es nie mehr als 2 Wochen. Das Business musste weitergehen. Und es ging weiter: Coaching, Training, Bücher – alles selbstbestimmt. Häufig anstrengend, doch ich beschwere mich nicht. Denn mein Business ist immer erfüllend.

Es gibt ja immer schlaue Leute, die empfehlen, ein Business nur dann zu machen, wenn wir es skalieren können. Doch ich will kein skalierbares Business. Denn meine 1:1-Coaching-, 1:4-LifeStory- oder 1:many-Moderations-Arbeit ist nicht nur das, was ich am meisten liebe. Es ist das, was meinen Klient*innen – jenen, die wirklich dicke Bretter bohren und nicht nur ein bisschen Kosmetik wollen – am meisten bringt.

Die Sehnsucht blieb

Doch da war diese Sehnsucht, für die ich noch keinen Namen hatte. Eine Sehnsucht nach tieferem Eintauchen, einem wirklich Da-Sein, sich aufs Land weit mehr einlassen als in zwei Wochen als Touristin möglich ist.

Practise what you preach. Zu meinen wichtigsten Arbeitsprinzipen gehört, dass ich nur von Klientinnen verlangen würde, was ich selbst bereit bin zu leisten. Ein LifeStoryDesign – ganz gleich ob in Hamburg oder Portugal – klingt auch in mir persönlich immer nach.

Der Sehnsucht auf die Spur kommen

Als Prototyp begann das Jahr 2019 mit Arbeiten und Leben in Thailand. Erst waren es vier, dann fünf, dann sechs Wochen. Menschen wurden zu Freunden. In diesem Jahr wären es sieben Wochen geworden. Doch eine Knieverletzung verbot das Fliegen.

Ja, ich war enttäuscht, wütend, abgrundtief traurig – das hatte seine Zeit. Jetzt nehme ich meine Challenge an: Freiheit und Selbstbestimmung im nasskalten deutschen Norden finden.

Aber wie?

  • Weiterarbeiten, als wäre nichts gewesen?
  • Mir warme Gedanken machen?
  • Täglich mit Laptop in die Sauna?

Ich weiß es noch nicht.

Erstmal muss ich Stiefel kaufen für den Winter in Hamburg. Ein anderes Luxusproblem? Oh nein, denn ich gehöre nicht zu den Frauen, die darin Freude finden. Lieber geh ich freiwillig zum Zahnarzt.

PS: Aber warte mal, eine Idee hab ich – jetzt wo ich im Lande bleibe, nutze ich doch meine Freiheit und lade einfach zu einem weiteren StoryTeller ein – am 31. Januar um 19 Uhr – Thema: Geplatzte Träume – Küche: Thailändisch. Lust dabei zu sein? Sei herzlich willkommen und sichere dir deinen Platz beim StoryTeller an meinem Hamburger Küchentisch.