Meinen Weg zu mir weitergehen

Wohin führt mich mein Weg?
Und wie will ich ihn weitergehen?

Nina-Kristin Lederer ist heute Management Consultant Digital Transformation. Sie trägt dazu bei, Leistungen und Prozesse der öffentlichen Verwaltung digital, sicher und für Bürger*innen zugänglich zu gestalten. Eine Sisyphus-Arbeit.

Doch kein “klassischer” Karriereweg.

Unser strategisches Karriere-Coaching startete 2017. Wonach warst du auf der Suche? Welche Hürden wolltest du wegräumen?

Ich war zu diesem Zeitpunkt bereits neun Jahre – inklusive Babypause – bei meinem ersten Arbeitgeber. Das ist eine lange Zeit. Diese Zeit der ersten Berufsjahre, in der ich wahnsinnig viel gelernt habe, die hat mich sehr geprägt. Doch schon vor der Babypause habe ich bemerkt, wie Unzufriedenheit aufkam. Nicht mit den Aufgaben oder der Verantwortung, die ich hatte. Es war mehr das Gefühl, bei meiner persönlichen Weiterentwicklung an eine zu Grenze stoßen.

Der Common Purpose Standort in Hamburg  war eine kleine Organisation mit flacher Hierarchie. Durch meinen Wunsch, mehr Verantwortung zu tragen, war ich auf meinem Weg schon von der Programmkoordinatorin zur Programmmanagerin aufgestiegen. Doch mir war klar, der Posten zum nächsten Schritt – der Programmdirektorin – ist besetzt und wird besetzt bleiben. Da war ich ratlos, wo es für mich hingehen kann.

Gehen oder bleiben?

Einerseits gab mir der Job sehr viel Sinn, machte sehr viel Spaß. Ich hatte ein tolles Netzwerk aufgebaut. Dabei sind richtige Freundschaften entstanden, zu manchen Kolleg:innen habe ich heute noch Kontakt. Ich habe wahnsinnig viel erlebt, gesehen und erfahren. Und auf diesem Weg sollte es nicht mehr weitergehen?

Andererseits spürte ich die innere Unzufriedenheit und ahnte, dass irgendwann auch die Beziehung zu meinen Kolleg:innen darunter leiden würde. Ich wollte unsere großartige Arbeitskultur nicht gefährden.

Du hattest es damals als Sackgasse beschrieben.

Ja, genau so fühlte es sich an, dieses „Hier geht’s nicht weiter.“ Gleichzeitig hatte ich auch nicht das Gefühl, ich müsse jetzt nur mal einen Finger heben und würde dann schon irgendwo anders unterkommen.

Ich hatte ja selbst keine richtige Vorstellung davon, was der nächste Job für mich sein, in welche Richtung mein weiterer Weg mich führen könnte. Die internationale Organisation, die dahinter stand hatte mir sehr viel ermöglicht. Was könnte denn ein Job sein, der ähnlich bereichernd, ähnlich sinnvoll ist und mir ähnliche Möglichkeiten bietet, mich weiterzuentwickeln? Ich konnte mir allein kein Bild davon machen.

„Eigentlich stimmt alles. Und doch muss ich weiter!“

Das höre ich oft zum Coachingbeginn: „Eigentlich alles paletti, doch mein Gefühl sagt: Will ich mich entwickeln, muss ich weiter. Aber wohin?“

Dazu kommt bei aller Sinnerfüllung, dass man als junge Familie mit zwei Kindern auch von etwas leben muss, oder?

Als ich nach dem Studium eingestiegen bin, war das Einstiegsgehalt vollkommen okay, es hat mir gereicht. Es gab auch zwischendurch mal eine Gehaltserhöhung. Doch nach der Elternzeit hatte ich meine Stundenzahl auf dreißig Stunden reduziert. Das war von der Familienorganisation her nicht anders möglich, ich brauchte die zusätzliche Zeit.

Elternzeit: Im Gehalt Rolle rückwärts

Denn ich war mir bewusst, wenn ich etwas leisten möchte und das Gefühl habe, es kommt etwas Sinnvolles dabei raus, dann will ich nicht nur so ein bisschen Teilzeit machen, sondern volle Verantwortung übernehmen. Doch die Entscheidung für die dreißig Stunden hat mich fast auf mein Anfangsgehalt nach dem Studium zurückgeworfen.

Dabei hatten wir automatisch mit den Kindern steigende Lebenshaltungskosten, brauchten einen neue Wohnung. Der zukünftige Job musste mir also auf jeden Fall ein anderes Gehalt bringen.

Wohlbefinden hängt von vielen Faktoren ab.

Neben Sinn und Weiterentwicklung braucht es mehr. Deshalb haben wir im Strategischen Karriere-Coaching neben deinen Stärken und Wünschen auch die notwendigen Rahmenbedingungen unter die Lupe genommen.

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Was hat dir am meisten geholfen?

Ich erinnere mich, dass ich mich tatsächlich hingesetzt und mir aufgeschrieben habe: „Was brauche ich eigentlich zum Leben? Wie hoch sind meine Kosten?” Ich habe mich mit meinen Finanzen auseinandergesetzt und überlegt: „Was wäre ein Gehalt, mit dem ich gut klarkommen würde?“ Wie viel monatlich möchte ich ausgeben für Sport, für Gesundheit, für Freizeit? Dieses analytische Herangehen, es schriftlich durchzurechnen, hat mir eine klare Orientierung gegeben.

Dazu haben wir andere wichtige Faktoren für einen neuen Job auseinander genommen. Die Arbeitsatmosphäre, Teamarbeit und die Chance, Verantwortung übernehmen zu können. Es war sehr, sehr hilfreich, mir genau zu überlegen, welche Aufgaben ich wirklich gern erfülle.

Dadurch hatte ich meine persönliche Checkliste für den Bewerbungsprozess und konnte sehr schnell abprüfen: Was wird erfüllt? Was wird nicht erfüllt? Oder zu welchem Grad? Was ist dann vielleicht in meiner Gewichtung wichtiger?

Du hast sehr intensiv reflektiert, was Karriere für dich überhaupt bedeutet. Ich zitiere dich:

Karriere wird ja oft damit in Verbindung gebracht, dass man viel verdient, dass man hohe Positionen bekleidet, dass man viel reist oder viel arbeitet. Dass man bekannt ist, als Expertin angesehen wird.

Ich weiß heute, dass mich nichts davon wirklich antreibt, außer dem positiven Feedback.

Wie hat sich das entwickelt?

Schon in der Studienwahl habe ich festgestellt: Für meinen Weg ist es nicht das klassische BWL-, Medizin- oder Jurastudium. Ich möchte etwas machen, was interessant ist, vielseitig, wo ich unterschiedliche Perspektiven einnehmen kann.

Mit meinem Magisterstudium Angewandte Kulturwissenschaften war mir von Anfang an klar, dass man damit vermutlich nicht reich wird. Mir war’s wichtiger, dass der Inhalt zu mir passt, dass es Felder sind, die mich interessieren. BWL habe ich trotzdem als ein Hauptfach gewählt, weil ich verstehen wollte, wie die Wirtschaft tickt. Ich habe festgestellt, wie viel Spaß es mir macht, dort hinzugucken, wo gesellschaftliche Entwicklungen sind.

Mein damaliges berufliches Interesse Corporate Social Responsibility lag genau an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Gesellschaft. Ich fragte mich:

  • Wie kann Wirtschaft sinnvoll passieren?
  • Wie kann Gesellschaft durch unternehmerisches Denken verbessert werden?

In meinen ersten Jahren Arbeit für Common Purpose habe ich festgestellt, wie wichtig mir das ist, mich selbst wirksam zu fühlen. Auf den regelmäßigen internationalen Treffen waren alle da, die Gründerinnen, Country Heads, unterschiedliche Kolleginnen und Kollegen aus allen möglichen Ländern.

Meine Chefin hat mir schon als junge Mitarbeiterin die Chance gegeben, mitzureisen. Vor Ort sind mir Ideen gekommen und ich hatte überhaupt keine Scheu, die vor allen vorzutragen.

“Ich denke in Wirksamkeit”

Ich habe nicht in Hierarchien gedacht, sondern in Wirksamkeit. Ich hatte Lust, was zu machen, hab Kolleg:innen gefunden, die Lust hatten, das mit mir umzusetzen und hab es gemacht. Meine Chefin meinte damals: „Du bist schon ganz schön mutig, dass du dir den Raum nimmst dafür!

Da hatte ich vorher nie darüber nachgedacht. Ich hatte einfach Lust darauf. Ich war intrinsisch motiviert und die vielen Begegnungen, die Moderationserfahrung, der Netzwerkaufbau, das hat mir einfach so viel Freude bereitet, dass ich erst später gespürt habe, wie wichtig mir das wertschätzende Feedback ist, um selber zu wachsen und das Gefühl zu haben: “Ah, hier liegt mein Potenzial“.

Es war nicht immer leicht, das aus mir heraus zu erkennen. Positives Feedback, Ermutigung und manchmal auch ein kleiner Schubs, mir was zuzutrauen, das ist mir unendlich viel wert.

Du hast mich mit deiner kreativen Wortassoziation zum deiner persönlichen Vorstellung von KARRIERE sehr beeindruckt. In seiner Ausgewogenheit ein Ausdruck echter Selbstwirksamkeit.

  • K Kooperation
  • A Anerkennung für Leistung
  • R Realität
  • R Ruhen in mir selbst
  • I Impulse
  • E Entwicklung
  • R Rahmenbedingungen
  • E Erfolg

 

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Sind das auch heute noch deine Keywords für eine gelingende Karriere?

Alle Punkte sind immer noch relevant für mein berufliches Wirken. Die Zufriedenheit in den Aufgaben und den Herausforderungen, die habe ich. Kooperation ist extrem wichtig. Ich arbeite super gern auf Augenhöhe im Team und mit Kundinnen und Kunden. Das ist mehr kooperatives Arbeiten als klassische Beratung.

Und Anerkennung für Leistung wird auch immer ein Motor sein, wenn ich meinen Weg weitergehe. Es geht um das bestärkende Feedback, darum, dass die Leistung gesehen wird.

Ruhen in mir selbst – extrem, extrem, extrem wichtig. Besonders in den letzten zehn Jahren – wenn es Themen gibt, die mich sehr stark beschäftigen oder Herausforderungen im Privatleben – sobald ich bemerke, ich ruhe nicht in mir selbst, versuche ich das wiederherzustellen.

Elternsein als berufliche Ressource

Ich reflektiere immer wieder für mich: “Was brauche ich eigentlich, damit das Ruhen im mir selbst möglich ist?

Die mit dem Alter zunehmende Erfahrung hilft dabei. Es wird immer wieder herausfordernde Situationen geben. Doch ich bin überzeugt, dass eine Elternrolle sehr stark zum Gefühl beiträgt: „Es gibt Dinge, die sind schlimm. Und es gibt Dinge, die fühlen sich schlimm an, aber sie sind eigentlich nicht schlimm.

Dadurch nimmt man bestimmte Herausforderungen nicht mehr so schwer, weil man einfach das Gefühl hat, hier geht jetzt gerade nicht die Welt unter. Es stirbt gerade niemand. Es ist nichts, das jetzt irgendwie einen langfristigen Schaden anrichtet. Und es wird eine Lösung geben.

In der Elternrolle bewältigst du im Familienalltag ganz andere Krisen. Schwere Erkrankungen im Familienumfeld zum Beispiel, die unerwartet viel Care-Arbeit erfordern, die kann man wirklich Krisen nennen. Das relativiert einige berufliche Situationen, in denen man tief durchatmet und dann auch durchkommt.

Kommen wir auf das I von Impulse in deinem Karrierebegriff

Impulse sind für mich vorrangig jene Impulse, die ich von meinen Kolleginnen und Kollegen bekomme oder durch Weiterbildung, durch Gespräche. Ich hab einfach nicht wahnsinnig viel Zeit, zu lesen oder Podcasts zu hören.

Jede Herausforderung ein Impuls zu lernen

Während sich andere darüber sehr viele Impulse in ihren Alltag holen, sind es für mich vor allem die Gespräche mit meinen Kolleginnen, Kollegen, Freunden über berufliche Themen. Die persönliche Herausforderungen vor denen wir stehen, sie werden gemeinsame Erfahrungen, die wir auf unserem Weg machen.

Nina, du hast dich seit 2017 stark weiterentwickelt. Wie stelle ich mir deinen Auftrag als Management Consultant Digital Transformation heute vor? Und welche Rolle spielen gute Geschichten dabei?

Als Beraterin arbeite ich primär für Auftraggeber:innen in der Freien und Hansestadt Hamburg, wie z.B. Behörden, Bezirksämter und Landesbetriebe.
Als ich damals als Strategieberaterin eingestellt worden bin, hatte ich noch keine praktische Erfahrung in Strategieberatung.

Und wie hat das funktioniert?

Ich habe mich in meiner Jobsuche damals primär auf meine Kernkompetenzen fokussiert. Dann habe ich geschaut, welche davon brauche ich für unterschiedliche Berufsfelder, die mich interessieren? Und habe mich getraut, mich auf diese Stelle in der Strategieberatung zu bewerben.

Denn ich wusste, ich kann Dienstleistung, ich kann Kommunikation und auch Führung. Ich hatte mit unterschiedlichen Menschen unterschiedlicher Ebenen gut gearbeitet. Das heißt, ich kann Augenhöhe auf unterschiedlichen Levels. Und damit bin ich da reingestartet.

In meinen Strategie-Beratungsprojekten geht es heute oft darum, eine Digitalstrategie für z.B. eine Behörde zu erstellen. Mit diesen Projekten sammeln und systematisieren wir in allen Abteilungen alle Digitalisierungsbedarfe. Mit der Führungsebene und ggf. weiteren Stakeholdern erarbeiten wir, welche Ziele und wie die Prioritäten zu setzen sind.

Wird es komplex, geh auf Augenhöhe

Behörden sind ja immer wahnsinnig groß. Sie haben sehr viele gesetzliche Aufgaben und eine unendliche Vielzahl von Themen zu bearbeiten. Hier braucht es noch ein ganzes Stück an Digitalisierung und Modernisierung. Nicht nur nach außen, um für Bürger und Bürgerinnen digitaler zu sein. Auch die internen Prozesse für ein besseres Zusammenarbeiten in der Organisation müssen angefasst werden.

In diesem Prozess bin ich in der Regel als Beraterin an der Seite meiner Kunden. Gemeinsam mit einer Ansprechpartner:in entwickeln wir, wie dieser Prozess aussehen soll.

  • Wen müssen wir beteiligen?
  • Wie wollen wir kommunizieren?
  • Wie wollen wir das Ganze durchführen?
  • Welche Analyseinstrumente nutzen wir?
  • Wie kommen wir auf Ziele?
  • Wie definieren wir Maßnahmen?

Und jeder einzelne Schritt braucht ganz viel Kommunikation.

Ah, jetzt kommen die Geschichten ins Spiel

Ja, in den letzten Jahren hat mich eine Kollegin sehr inspiriert, visuell zu denken und visuelle Geschichten zu erzählen.

Für Strategieprozesse, die wir nur virtuell mit Workshops begleiten konnten, habe ich Zeichnungen gemacht. Oder mir überlegt:

  • Was ist eigentlich die Geschichte?
  • Wie kommen die unterschiedlichen Bedarfe zusammen?
  • Wie sortieren die sich, wie entwickeln die sich weiter?

(c) Nina-Kristin Lederer

Ich habe dann z.B. in einem Projekt für einen virtuellen Analyseworkshop das Bild unterschiedlicher Trichter genutzt, in die die unterschiedlichen Bedarfe der Abteilung reinfließen.

Sie fließen in ein Reagenzglas, das für die aktuellen Projekte, Zukunftsthemen oder auch ganz akute Bedarfe steht.

So versuche ich immer, den teilnehmenden Partizipierenden dieser Workshops ein Bild zu geben.

Zur Digitalisierung der Verwaltung gibt es ja unterschiedliche Geschichten, die erzählt werden.

DIE Herausforderung dabei: diese Geschichten sind sehr langfristig gedacht. Man sagt: „Irgendwann haben wir viel mehr Zeit für die wesentlichen Dinge, weil dann die unwesentlichen Dinge automatisiert im Hintergrund ablaufen.“ Das sind Vorteile der Digitalisierung long term.

Die Herausforderungen: Keine Zeit, keine Ressourcen, kein Geld

Doch all das braucht unheimlich viel Zeit, viele Ressourcen und Menschen, die das realisieren. Und daran mangelt es einfach immer. Es gibt keine Zeit, es gibt keine Ressourcen, es gibt kein Geld, das alles so umzusetzen, wie man das möchte.

Deshalb muss man schauen, dass man andere Geschichten erzählt. Dass man Motivation aus anderen Dingen schöpft.

Weil in der Verwaltung Ämter – historisch bedingt – oft noch immer wie Säulen nebeneinander stehen, macht jeder so sein Ding. Also konzentriere ich mich darauf, die Geschichte zu erzählen, wie gemeinsame Arbeit aussehen könnte.
Wie könnte die Erfüllung dieser Vision – zum Beispiel in der Schulbehörde „Wir möchten Kinder, Jugendliche befähigen, in einer digital geprägten Welt zu bestehen…“ – wie könnte das aussehen, wenn man diese Grenzen zwischen den Säulen verschwimmen lässt? Wenn man es als gemeinsamen Weg sieht, viel stärker gemeinsam an den Themen arbeitet. Dazu muss man genau hinschauen, was genau die Personen motiviert, deren Mitwirken ich brauche. Welche Bilder helfen hier?

Kommunikationsabteilung fehlt auch

Eine weitere Herausforderung: In jedem größeren Unternehmen hat man eine Kommunikationsabteilung. Da gibt es Menschen, die sich um Kommunikation kümmern. Nach Außen und Innen.

In der Verwaltung gibt es das einfach nicht. Es gibt Pressesprecher in den Behörden, aber es gibt keine interne Kommunikation. Es gibt Orga-Abteilungen, aber die sind oft eher mit technischen prozessualen Organisationsthemen beschäftigt. Nicht mit interner Kommunikation. Das ist eine riesengroße Lücke.

In jedem Transformationsprojekt, muss man sich immer wieder seine eigenen Kanäle, seine eigenen Instrumente suchen. Es gibt keine bewährte Struktur, die dahintersteht, in die man seine Themen nur einspielen müsste. Nein, man designt alles immer wieder selbst.

Das bedeutet für uns Beraterinnen und Berater, dass wir teilweise sehr tief einsteigen in die Organisation, um das aufzufangen. Denn für Transformation braucht man Kommunikation, man braucht Geschichten, man braucht eine Vision – man braucht ganz viel Imagination sozusagen. Und kommt in einen Bereich, in dem es nur wenig Ressourcen gibt.

Wie also kann das aussehen? Wie können wir – auch langfristig in Projekten da herangehen, um die richtigen Geschichten zu entwickeln und zu nutzen?

Ich bringe selbst viel Beratungserfahrung aus Organisationsentwicklungs-projekten mit, habe vor Jahren damit begonnen, mit Geschichten zu arbeiten. Als StoryCoach nutze ich sie als Mittel, Kompetenzen oder Werte zielgerichtet zu erzählen.

Wie würdest du Menschen, die mit der Arbeit einer StoryCoach nicht vertraut sind, meine Art zu arbeiten beschreiben?

Du schaust genau hin: Wo wirkt eine Geschichte am stärksten?

Ich habe dich als einen Menschen kennengelernt, der sehr empathisch auf alle Beteiligten in einem Setting blickt. Ganz gleich, um welche Aufgabenstellung es geht, du schaust genau hin, wo eine gute Geschichte am stärksten wirksam werden kann. Gemeinsam mit deinen Kundinnen überlegst du:

  • Mit wem haben wir es eigentlich zu tun?
  • Welche Geschichten brauchen genau diese Beteiligten?

Man hat ja immer einen Inhalt, eine Botschaft. Man hat einen Sender, man hat einen Empfänger. Jede dieser drei Aspekte hat eine eigene Gewichtung. Empfänger und Sender, jeder hat seine eigene Emotionalität, persönliche Motivation, eigene Wünsche und Bedürfnisse.

StoryCoaching berücksichtigt komplexe Systeme

Du setzt deine Empathie dafür ein, dass nicht nur der Inhalt gut ist, sondern das ganze komplexe System berücksichtigt wird. Dadurch deckst du auch verborgene Ressourcen auf, die vielleicht sonst nicht zum Tragen kommen würden. Du hast das große Ganze im Blick.

Was ich an deiner Art zu coachen sehr schätze: Du versuchst das zu transportieren, was du selbst sehr intensiv lebst. Du bist wirklich sehr interessiert an Menschen. Immer wenn wir zusammenkommen, habe ich das Gefühl, du bist sehr, sehr interessiert an mir, an meiner Entwicklung, meinen Motiven. Du willst mich wirklich verstehen.

Dazu stellst du mir genau die richtigen Fragen. Mir macht es Spaß, sie zu beantworten, weil du eine gute Zuhörerin bist.

Geschichten beleuchten den eigenen Weg

Damals, als es um meine eigene Weiterentwicklung ging, haben wir meine eigenen Stärken, Erfahrungen in Geschichten verpackt. Dadurch habe ich ein viel besseres Bild von mir selbst bekommen:

  • Wie agiere ich eigentlich?
  • Was sind meine Gründe so oder so zu agieren?
  • Was steckt dahinter?

Sich das für die unterschiedlichsten beruflichen Situationen bewusst zu machen, das stärkt die Selbstwahrnehmung und erdet ungemein.

Heute, in meiner Arbeit als Beraterin nutze ich selbst Geschichten, um es meinen Kundinnen zu erleichtern, Zusammenhänge besser zu verstehen.

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Frauen in der männerdominierten IT-Branche

Auch im Frauennetzwerk habe ich viel mit Kolleginnen zu tun, die in der Organisation arbeiten – in Teams, bei Dataport, in den Funktionen. Was uns verbindet, sind die spezifischen Herausforderungen, denen Frauen in der männerdominierten IT-Branche gegenüberstehen. Wir sind ja schon recht gut aufgestellt, haben für ein IT-Unternehmen schon relativ viele Frauen. Doch bestimmte Herausforderungen bleiben.

Nehmen wir mal die vielen Frauen, die Verantwortungen übernehmen wollen. Fachlich, oder in einer Führungsposition, das aber in Teilzeit. Dafür braucht es Akzeptanz in den Teams und Lösungen wie Tandemführung.

Inzwischen gibt es da immer mehr gute Beispiele bei Dataport, doch es ist und bleibt wichtig, seine eigenen Stärken zu kennen, und sich darüber auszutauschen. Genau das ist es, was wir im Netzwerk ermöglichen wollen.

Frauen stärken durch kraftvolle Geschichten

Wir schaffen ein entspanntes Setting, um anhand bestimmter Leitfragen voneinander zu erzählen.

Zum Beispiel:

  • Wie überwinde ich typische Hürden oder Glaubenssätze, denen Frauen oft in sich selbst begegnen?
  • Was kann ich von den Erfahrungen anderer Frauen, die bereits Führungspositionen in der Verwaltung übernehmen, für mich nutzen?

Hier schließt sich im Netzwerktreffen der Kreis zu den individuellen Geschichten. Jede Einzelne bekommt den Raum, sich zu fragen:

  • Welche Geschichte bringst du mit?
  • Was erlebst du im täglichen Geschäft?
  • Was ist dir wichtig?
  • Was ist es, das du hier erreichen willst?

Wir wollen die Selbstreflektion und das Vorankommen jeder einzelnen Frau in der Organisation stärken. Dafür schafft der Austausch so viel Klarheit. Das macht ihn so wertvoll.

Auch um unsere gemeinsame Unternehmenskultur weiterzuentwickeln brauchen wir Vernetzung und Austausch. Wir wollen Synergien schaffen und Potenziale ausschöpfen. Ich bin sicher, für beides bringst du aus deiner langen Erfahrung viele Methoden und Anregungen mit.

Und es muss Spaß machen, damit es etwas bringt, oder?

Genau. Das gehört für mich immer dazu, damit es leicht bleibt.

Nina, dein Resümee zu unserem Gespräch?

Wenn ich mir anschaue „Welche Geschichte hätte ich damals über mich erzählt, und welche Geschichte würde ich heute über mich erzählen?“, dann sehe ich, dass sich da wahnsinnig viel verändert hat.

Mich selbst positiv erzählen

Nicht in der Kernmotivation, in den Werten, die mich antreiben. Doch darin, wie ich meine Fähigkeiten einschätze, was ich bewältigen kann, habe ich eine so viel positivere Erzählung über mich selbst.

Dafür braucht es immer eine intensive Selbstreflexion, davon bin ich überzeugt. Danach suche ich immer wieder. Gleichzeitig ist es der Austausch mit Kolleginnen oder Freundinnen, der mich weiterbringt.

Immer wieder vor einer neuen Aufgabenstellung taucht doch noch der selbstkritische Gedanke auf: „Kann ich das eigentlich? Bin ich nicht irgendwie nur ‘Generalistin’?”

Der wohlwollende Blick auf mich selbst

Doch dann stelle ich fest: „Mit dem, was ich kann, was ich erlebt habe, was heute meine Erzählung ist, da fühle ich mich wohl. Ich habe einen viel wohlwollenderen, positiven Blick auf mich gewonnen.

Und nun stell dir vor, du streichst in deiner Aussage „nur Generalistin“ dieses kleine Wörtchen „nur“. Und mir ist sehr bewusst, welch intensiver Prozess für manche von uns dahintersteckt, auf diese drei Buchstaben zu verzichten.

Ja, ich glaube ich, das ist die Challenge für viele Generalistinnen. Diese Frage: „Was ist eigentlich meine Geschichte?“, das ist oft teilweise schon die Geschichte selbst.

Die wahre Transformation, die hinter den Worten „Own your story“ steckt, entfaltet sich erst, wenn man – wie du – den Prozess selbst erlebt.

Ich bin Generalistin. Punkt.

Es ist der wohlwollende Blick auf mich selbst, der zählt.

 

StoryCoaching ist wie gemeinsam Tandem fahren

Saskia Hagendorf ist Beraterin für effektive Zusammenarbeit, vielfältiges Allround-Talent als Assistenz und zuverlässige Sparringspartnerin für Führungskräfte. Ich darf sie seit Jahren auf ihrem Weg begleiten.

Saskia, wir kennen uns aus dem Frauen Netzwerk Ladies Mentoring. Dort hast du dich 2016 für ein Strategisches Karriere-Coaching beworben.

Wie beschreibst du heute deine Herausforderung von damals? Wonach warst du auf der Suche?

Ich war damals immer “nur” die Assistenz

Ich habe zu dem Zeitpunkt in einem kleinen Unternehmen als Assistentin der Geschäftsführung gearbeitet. Da landen viele Aufgaben auf dem Tisch der Assistenz.

Mein Ziel war, diese Assistenz-Tätigkeit als Karriere-Schritt ins Projektmanagement zu nutzen. Die Aufgaben einer Projektmanagerin hatte ich schon längst übernommen. Doch ich bekam den Titel nicht dazu.
Ich war „nur“ die Assistenz.

Wie stelle ich mir so eine klassische Assistenz von damals vor?

Das gute Mädchen im Unternehmen

Die klassische Assistenz – so die Geschichte in meinem Kopf – hat die ganzen Termine koordiniert, hat die Reisen gebucht, die Kalender gepflegt. Sie war für alle Themen da. Sozusagen das gute Mädchen im Unternehmen.

Doch du wolltest nicht länger das gute Mädchen, sondern viel mehr Projektmanagerin sein. Was war schwierig an diesem Schritt?

Die Herausforderung lag in der Unternehmensgröße. In kleinen Unternehmen sind natürlich nicht unendlich viele Stellen frei, um den nächsten Schritt in diese Richtung zu gehen.

Ich habe die Aufgaben übernommen, wirklich einige Projekte im Unternehmen umgesetzt, doch mir wurde kein Titel zugestanden, der der Verantwortung dieser Rolle gerecht wurde. Das hat mich gestört.

Jetzt könnte man natürlich fragen: „Ja, warum bist du dann nicht woanders hin gegangen?

Tja, es war einfach immer mein Traumjob. In meiner Traumbranche. Ich habe für dieses Unternehmen gelebt. Das heißt, ich habe auch private und sogar meine Familienpläne verschoben. Das zeigt mir, wie wichtig mir dieser Job an sich war. Ich wollte nicht weggehen, sondern mich im Unternehmen entwickeln.

An genau diesem Punkt stand ich zum Start des Karriere-Coachings. Ich wollte eigentlich im Unternehmen bleiben – doch mehr als die Assistenz sein. Und dachte mir:

Gut, wenn da mal jemand anders mit mir gemeinsam drauf schaut, wie das möglich wäre.

Assistenz damals und heute: Ich habe den Eindruck, da hat sich mächtig was verändert?

Für mich war eine Assistenz früher jemand, der von jemandem anders abhängig ist. Von einem Geschäftsführer oder Vorstand; immer diese Abhängigkeit von einer Person oder einem Team.

Assistenz als Sparringspartner – eine neue Story

Inzwischen habe ich mit vielen Assistenzen gesprochen. Ich habe mich in dem Bereich mehr vernetzt und gesehen, wie vielseitig dieser Beruf eigentlich ist.
2016 hatte ich noch nicht verstanden, wie wichtig die Rolle der Assistenz im Unternehmen ist. Dass sie wirklich ein Sparringspartner für die Führungskräfte ist.

Dass ich letztlich doch aus dem Unternehmen ausgetreten bin, hatte damit zu tun, dass ich Mama geworden bin. Ich habe deutlich gemacht, dass ich keine 40-Stunden-Woche im Event Management mehr machen will. Das funktioniert nicht mit kleinem Kind, und das wollte ich auch nicht für uns als Familie.

Damit begann mein Trennungsprozess vom Unternehmen. Ein emotionaler Weg, denn ich spürte: Ich kann jetzt nicht für irgendein anderes Unternehmen arbeiten. Ich konnte mich mit keinem mehr so identifizieren.

“Hinter mir selbst kann ich stehen”

Damit stand ich vor der Frage: „Okay, was mache ich jetzt?

Natürlich hatte ich Bewerbungsgespräche für Teilzeitstellen, auch bei großen Marken. Aber ich habe gemerkt, es catcht mich nicht. Es ist nicht so, dass ich dafür alles andere stehen und liegen lassen würde, um zu sagen: „Das ist jetzt mein Traumjob.“

Ich hing einfach emotional noch sehr am Unternehmen; konnte mir nicht vorstellen, für irgendjemand anders – vielleicht außer mir selbst – so viel Kraft und Zeit zu investieren.

Meine Entscheidung:
Dann mache ich mich selbstständig. Denn hinter mir kann ich stehen!“ So kam der Entschluss, als virtuelle Assistenz zu gründen.

Wie hat dir die Gründung dabei geholfen, den emotionalen Trennungsprozess für dich positiv zu gestalten?

Durch die Gründung habe ich mir auch jene Dinge sehr genau angeschaut, die mich in Unternehmen gestört haben. Zum Beispiel diese Abhängigkeit von anderen.

Ab sofort konnte ich entscheiden, welche Aufgaben ich wann mache, mit welchen Kunden ich zusammenarbeite. Ich war viel, viel selbstständiger. Konnte viel flexibler sein. Dadurch konnte ich mir auch meine Familien-Zeiten selber einteilen. Keiner schaut mich schief an, wenn ich drei Stunden Mittagspause mache und dafür am Abend noch mal arbeite.

Ich habe erkannt, dass es von den Rahmenbedingungen her deutlich besser lief, als es im Unternehmen möglich war.

Außerdem war meine Stelle im alten Unternehmen inzwischen komplett weg. Auch das hat mir bei meiner Entscheidung „geholfen“. Mein Job wurde nicht durch jemand anderen besetzt, sondern die Firma löste sich am Ende tatsächlich auf.

Vor neun Jahren haben wir ein Best- und ein WorstCase-Szenario erarbeitet, wir haben zwei mögliche Ausgänge der Geschichte entworfen. Wenn du dir das heute anschaust, wo siehst du dich?

Beispiel Zukunftsgeschichte mit Szenariotechnik Katrin Klemm

Die Geschichte ist gut ausgegangen

Wenn ich mir das anschaue, bin ich eindeutig auf der BestCase Seite.

Denn tatsächlich habe ich immer spannenden Projekte, ob lang- oder kurzfristig. Ich suche mir aus, welche Projekte ich machen möchte. Die wo ich sage: „Ach, das reizt mich irgendwie gar nicht“, die mache ich nicht.

Ich schlafe ruhiger, definitiv. Ich kann meinen Tag planen, habe die Flexibilität dann zu arbeiten, wann ich möchte und kann mir das so einteilen, dass es auch hier zu Hause mit der Familie gut funktioniert. Ich arbeite fast nur im Homeoffice, bin selten woanders. Urlaubstage brauche ich auch nicht einzureichen.

Natürlich hat Selbstständigkeit auch immer Schattenseiten. Da brauchen wir nicht drüber reden.

Wenn es einen roten Faden gibt – bestimmte Themen, die sich durch deine Entwicklung ziehen – welche sind es?

Gerade bei der Gründung habe ich mich viel damit befasst:

  • Was will ich eigentlich?
  • Wo soll es für mich hingehen?

Manche Geschichten muss man mehrmals lesen

Ich habe John Streleckys Café am Rande der Welt fünfmal gelesen. Das wurde mir ständig empfohlen. Doch ich konnte es nie greifen und dachte: „Was wollen die alle mit diesem Buch?

Dann habe ich es vor der Gründung noch mal gelesen und mir war klar: „Jetzt weiß ich es.“

 

Saskia Hagendorf Ich unterstütze andere dabei, Höchstleistungen zu bringen

Es geht im Buch um den Zweck der Existenz. Für mich habe ich dabei diesen roten Faden tatsächlich herausgefunden: Mein Zweck der Existenz ist, andere dabei zu unterstützen, persönliche Höchstleistungen zu bringen.

Das habe ich im Unternehmen gemacht. Das habe ich bereits mit 13 Jahren als Tischtennis-Trainerin gemacht. Das mache ich jetzt mit meinen Kindern.

Freiraum für Höchstleistungen schaffen

Und genau das tue ich für meine Kunden. Ich möchte, dass sie den Freiraum haben, persönliche Höchstleistungen zu bringen, also ihr Expertenwissen einzubringen, da, wo sie es können.

Genau das mache ich auch in meinen Workshops. Ich versuche immer, das Beste aus der Person rauszubekommen, ohne dass sie sich selbst in eine andere Person verwandeln müsste.

Dieser „Zweck der Existenz“ – vielleicht klingt das auch ein bisschen hochtrabend – ich nenne ihn lieber „meinen Leitstern“ – er hilft mir zu sondieren, was ist wirklich wichtig? Was passt zu mir?

Saskia, gab es auch Momente, in denen du gezweifelt hast? In denen du hinschmeißen wolltest? Denn eine Selbstständigkeit mit zuerst einem, dann zwei Kindern, ist ja nicht immer easy peasy…

Da fallen mir vor allem drei Momente ein.

Aufklärungsarbeit „Was bitte ist eine VA?“

Die erste Hürde war, dass ich 2018 – als ich gegründet habe – erst einmal viel Erklärungsarbeit leisten musste.

Der Begriff „Virtuelle Assistenz“ war in Deutschland noch nicht wirklich bekannt. Ich musste ganz, ganz viel erklären: Was ist das? Wie funktioniert das? Dass ich nicht Siri oder Google bin als virtuelle Assistenz, sondern wirklich eine reale Person, die Arbeit abnimmt. In den USA war das damals schon sehr groß, und jetzt auch in Deutschland gang und gäbe. Inzwischen sieht man gefühlt an jeder Ecke, was eine virtuelle Assistenz ist und dass es das gibt.

Die eigene Mutter Unternehmerin

Die nächste Schwierigkeit kam aus einer unerwarteten Ecke.

Ich komme aus einer Unternehmer-Familie. Meine Mama ist schon viele Jahre als Dolmetscherin und Übersetzerin selbstständig. Deshalb hatte ich mit einem Jubelschrei „Ja, mach das unbedingt“ gerechnet, wenn ich ihr erzähle, dass ich mich selbstständig mache. Doch sie hat mir erstmal aufgezählt, worauf ich alles achten muss, was Selbstständigkeit überhaupt bedeutet und dass man weiß, dass man selber für die Rente einzahlen und Krankenkasse selber tragen muss.

Ich sage: „Mama, ich weiß. Ich weiß das. Ich habe mich informiert.“

Aber ich hatte natürlich mit einer anderen Reaktion gerechnet als „Denk bitte daran, daran, daran, daran, daran.“ Ich weiß natürlich, dass sie es gut meinte und genau die Dinge aufdecken wollte, woran andere scheitern. Heute ist sie auch sehr stolz, dass es so gelaufen ist.

Selbstzweifel als Begleiter

Dann wurde es mit der zweiten Elternzeit – meine zweite Tochter ist im Juni 22 geboren – nochmal knifflig. Ich habe nach fünf Monaten wieder angefangen zu arbeiten. Zum einen hat mir die Arbeit wirklich gefehlt. Zum anderen wollte ich meine Kunden nicht so lange warten lassen.

Ich habe im März 24 einen neuen Kunden gewonnen, habe mir viele Gedanken gemacht: Wie funktioniert das? Wie arbeite ich mit langfristigen Kunden – die Betreuung umfasst viele Stunden – überhaupt zusammen?

Eines Tages kam unerwartet ein langes kritisches Feedback von einem Kunden: In einigen Punkten passe es nicht so. Er würde es hier und da und dort ganz anders machen.

In dem Moment habe ich sehr gezweifelt. An mir. An meiner Art zu arbeiten. Ich dachte: „Nein, bis Ende der Elternzeit brauche ich zwei feste Kunden und weitere Projekte. „Was passiert, wenn dieser Kunde nicht kommt? Oder keine langfristige Zusammenarbeit will?“

Der Druck, den ich mir selbst gemacht habe: „Jetzt muss es doch wieder richtig anlaufen. Jetzt muss es doch wieder funktionieren.“ haben mich das Feedback negativer aufnehmen lassen, als es eigentlich gemeint war. Doch ich habe mir intensiv Gedanken gemacht und meinen Mut zusammengenommen – vieles konnten wir klären.

Heute weiß ich, es gehört oft zum Anfangsprozess der Zusammenarbeit dazu, sich und die gegenseitige Arbeitsweise kennenzulernen und zu verstehen. So legten wir einige Grundregeln fest, diskutierten viele Punkte, wie wir besser und effektiver miteinander arbeiten können. Ich bin sehr froh, dass ich es angesprochen habe, denn jetzt arbeiten wir super seit über einem Jahr zusammen.

Doch Ja, das war ein Moment des Zweifels „Oha, ob das jetzt der richtige Weg war, das weiterzumachen?

Zweifel als Lernchance nutzen

Doch im Rückblick beweist es mir wieder: Jede Assistenz und jede Führungskraft müssen einen eigenen Weg finden, zusammenzuarbeiten. Es braucht diesen Prozess. Und diese längere Klärung – das war unser Prozess.

Es ist eine besondere Herausforderung, sich auf jeden Kunden einzeln einzustellen, oder? Das braucht viel Fingerspitzengefühl. Arbeitest du mit jedem Kunden? Wie wählst du Kunden aus, die zu dir passen?

Ich weiß nicht, ob das immer ein Fingerspitzengefühl ist. Es ist ganz, ganz viel Kommunikation.

Als gefühlte Norddeutsche bin ich Freund von direkter Kommunikation. Sobald ich bemerke, dass etwas nicht ausgesprochen wird, weiß ich, da passt irgendwas nicht. Doch es muss vor allem menschlich zusammenpassen.

Ich habe Kunden, mit denen arbeite ich seit 2019 zusammen, wirklich regelmäßig, wir verstehen uns richtig gut und können gut zusammenarbeiten. Doch nicht jede Assistenz passt auch zu jeder Führungskraft.

Ich bin zum Beispiel jemand, der Sachen auch schnell mal umschmeißt und sagt: „Das macht überhaupt keinen Sinn. Lass uns das mal anders aufbauen.“
Gerade bei Selbstständigen als Kunden – wenn sozusagen das eigene „Baby“ angefasst wird – und wir an diesem „Baby“ etwas verändern müssen, kann es manchmal schwierig sein. Doch wenn es nicht zu mir als Assistenz passt, nehme ich den Auftrag nicht an.

Das klingt, als würden deine Kunden und Kundinnen ein kleines „Assessment Center“ durchlaufen, um sicher zu stellen, ob ihr zusammenpasst?

Ich nehme meist nur zwei langfristige Kunden an, die ich wirklich täglich betreue. Denn ich gebe auch viele Workshops und will meinen Freiraum und genügend Flexibilität für kurzfristige Projekte haben.

Lerne ich einen neuen Kunden kennen, vereinbaren wir immer eine Testzeit. Wenn beide sagen: „Es funktioniert, unsere Arbeitsweisen passen zusammen.“, dann gebe ich noch einmal direkt Feedback, in dem ich alles ausspreche, was mir aufgefallen ist. Und dann sagt man immer noch mal: „Ja, das passt“. Oder man verlängert halt dann nicht.

Tägliche Kundenbetreuung und zusätzlich Projektarbeit? Wie vielfältig sieht dein Alltag heute aus?

Assistenz heißt Freiraum und Flexibilität

Ich gliedere meine Arbeit in zwei Bereiche. Einerseits das Operative, also die virtuelle Assistenz. Auf der anderen Seite die Beratung oder die Trainertätigkeit.

Als Virtuelle Assistenz übernehme ich fast alle Aufgaben außer das Buchen von Flügen. Reisebuchung und vorbereitende Buchhaltung habe ich schon im Angestelltenverhältnis nicht gern gemacht. Hier sage ich: „Das möchte ich einfach nicht, es gibt andere, die besser und auch effektiver sind.“

Aber dieses Thema Optimierung im Unternehmen, Aufgaben oder Projekte zu planen – wann muss was erledigt werden -, andere Menschen zu strukturieren, das fällt mir sehr leicht. Es ist die Event-Managerin in mir, die dann sagt: „Okay, das sind die Aufgaben. Das machen wir jetzt!“

Sparringspartnerin für meine Kunden

Ich bin für meine Kunden als Sparringpartnerin da. Wir sprechen Ideen durch, und ich bringe meine Expertise und meine Meinung als Unternehmerin mit ein. Wie können wir etwas aufbauen, es strukturieren und direkt im Unternehmen umsetzen?

Geht es zum Beispiel um eine neue Website gehe ich mit den Unternehmern ins Gespräch:

  • Wie könnte das aussehen?
  • Wie können wir das machen?
  • Wen holen wir als Dienstleister ins Boot?

Dann koordiniere ich das komplette Projekt.

Für einen anderen Kunden habe ich einen Onboarding-Prozess aufgebaut. Frage: Was steht an und was davon kann ich übernehmen? Oder: Wo suchen wir uns jemanden? Dann suche ich jemanden und briefe denjenigen, die Aufgaben zu übernehmen.

Solo-Selbstständige oder Start-ups schätzen es, mit jemandem zu arbeiten, der selbst gegründet, schon Erfahrungen in diesem Bereich hat, und selbst über ein großes Netzwerk verfügt, und damit weiß, wen er ansprechen kann.

Andere Menschen, andere Projekte zu strukturieren, das fällt mir total leicht. Das liegt an meinem starken Ordnungsmotiv. Ich brauche immer einen Plan und arbeite dann einzelne Schritte ab. Das ist genau das, was ich meinen Virtuelle-Assistenzkunden dann anbiete.

Diese Vielfalt und der Blick als Unternehmerin für andere Unternehmer, das gibt deinen Kunden ein fast unbezahlbares Extra obendrauf.

On top kommen dann noch die Workshops, die du gibst.

Das ist der andere Bereich, das Thema Beratung. Einerseits berate ich Führungskräfte, wie sie mit einer Assistenz effektiver zusammenarbeiten können. Wie sie Zeit gewinnen, entweder für strategische oder kreative Themen. Oder wirklich freie Zeit.

Auf der anderen Seite trainiere und schule ich Assistenzen, vor allem im Unternehmen zu neuen Tools, Strukturen oder darin, intern als Assistenzen besser zu netzwerken.

Du sagst oben: „Hinter mir kann ich immer stehen“. Wer ist die Person, hinter der du dann stehst? Was zeichnet sie aus?

Strukturiert – vielseitig – vernetzt

Ich habe das Ordnungsmotiv angesprochen, dieses Thema Struktur, Planung und Schritt für Schritt vorgehen. Das ist etwas, was mir total liegt, was mir Energie gibt, wenn ich einen Plan habe.

Ich brauche die Abwechslung und es zeichnet mich auch aus, dass ich in viele Themen reinschaue, mir Ideen hole. Teilweise tauche ich auch sehr tief in manche Themen ein, obwohl ich noch nicht weiß, ob ich es irgendwie brauchen kann. Doch es interessiert mich einfach in dem Moment.

“Ich muss nicht alles wissen.
Doch ich weiß, wer es weiß.”

Ich bin ein Mensch mit einem sehr guten Netzwerk in alle möglichen Richtungen. Das setze ich sehr gern ein und öffne meine Kontakte auch für andere. Bekomme ich eine Frage, auf die ich keine Antwort habe, dann kenne ich jemanden, der hat diese Antwort hat und kann die Person ansprechen.

Heute kann ich wirklich sagen: Ich liebe den Assistenzberuf.
Es ist ein wirklich toller Beruf und sehr, sehr vielseitig. Damals habe ich das noch nicht verstanden. Zusätzlich kannte ich keine guten Assistenzen, die ich durch meine Netzwerkkontakte jetzt habe.

Was hat die Arbeits-Welt davon, wenn das Verhältnis zwischen Führungskräften und Assistenzen heute ein ganz anderes ist?

Sobald eine Assistenz und eine Führungskraft im Unternehmen wirklich funktionieren, sich „blind“ verstehen, merkt man das im kompletten Unternehmen. Es spiegelt sich in alle Abteilungen oder Hierarchien hindurch.

Woran kann man das beobachten?

Moderne Assistenz: entspannte Führungskraft

Die Führungskraft ist entspannter. Sie hat jemanden, den sie ansprechen kann. Gleichzeitig ist sie erreichbarer durch die Assistenz. Bei einer Anfrage an die Assistenz kann man sich drauf verlassen, dass sie wirklich geklärt wird. Auch wenn die Führungskraft unterwegs ist.

Ich vergleiche es gern mit einer Ehe – zwei Personen, die viel Zeit miteinander verbringen und gemeinsam hinter einer Sache stehen. Es geht um Kommunikation und um gute Beziehungen zueinander. Wenn diese Beziehung funktioniert, funktioniert das komplette Konstrukt. Das gilt für die Familie genauso wie für ein Unternehmen.

Wenn sich Führungskräfte genau darauf fokussieren, was sie wirklich gut können und wofür sie gebraucht werden (und nicht noch alles andere machen, weil sie denken, sie müssen alles selber machen), wenn sie Dinge konsequent abgeben, bin ich sicher, dann hätten wir weniger Burnout in Führungsetagen. Wir hätten mehr Familien, in der die Eltern Führungskräfte sein UND ihre Kinder sehen können. Glücklichere Führungskräfte.

Im Briefing zum Strategischen Karrierecoaching hast du gesagt „Ich will mich nicht mehr herumärgern. Ich will glücklich sein. Und wenn ich raus will, lieber früher als später!

Du berätst heute andere Assistenzen. Begegnet dir das, was du damals erlebt hast, heute bei ihnen? Wenn du wahrnimmst, sie oder er sind nicht happy in dem, was sie tun, was empfiehlst du?

Das Wichtige ist, immer Alternativen aufzuzeigen. In einer solchen Situation kommt die Assistenz nicht darum herum, sich die Frage zu stellen: „Was will ich wirklich?“

Wenn sie, so wie ich damals, eigentlich nicht aus dem Unternehmen raus möchte, sollte sie überlegen:

  • Wie kann ich diese Position anders gestalten?
  • Welche Punkte sind es, die mich begeistern?
  • Warum möchte ich dortbleiben?
  • Hat das so viel Wert, dass sich andere Dinge vielleicht aufheben?

Ich ermutige Assistenzen immer dazu, offen auf die Führungskräfte zuzugehen, Feedback zu geben und sich auch Feedback zu holen. Es hilft keinem, dieses „Ja, ja, ja, mache ich, mache ich, mache ich…“ und dann abzuarbeiten.

Aktive Assistenzen gestalten selbstbewusst ihre eigene Job-Geschichte

Assistenzen dürfen auch fordern, selbst in eine gewünschte Position zu kommen und deutlich zu machen: „Ich möchte bitte diese Aufgabe übernehmen. Ich denke, weil ich die und die Punkte schon gemacht habe, kann ich das richtig gut.“

Assistenzen dürfen mehr Selbstbewusstsein für die eigene Rolle haben und für ihre Themen besser einstehen. Dann können sie sich vielleicht im Unternehmen entwickeln, falls das ihr Ziel ist. Spannendes Fachwort dafür ist Jobcrafting.

Das nächste, das ich zu hinterfragen rate:

  • Bin ich am richtigen Ort?
  • Bin ich in der richtigen Rolle?
  • Sind das die richtigen Aufgaben?
  • Was kann ich in meiner Macht tun und ändern, damit ich nicht in diese Situation komme, zu sagen: „Ich ärgere mich, ich bin nicht glücklich in meinem Job.“

Das Leben ist so kurz. Die Arbeitszeit nimmt so viel Raum ein. Ich möchte nicht, dass eine Assistenz sagt: „Es ist schon wieder Montag. Ich möchte da nicht schon wieder hin. Ich habe keine Lust auf meine Arbeit. Ich arbeite nicht gerne.“

Wir haben heute so viele Möglichkeiten zu sagen: „Mein Job soll mich glücklich machen. Er soll mich erfüllen.“ Der Sinn in der eigenen Arbeit kann ganz unterschiedlich sein. Doch ich möchte nicht, dass Menschen unglücklich auf der Arbeit sind. Denn da stimmt dann etwas nicht.

Diese starke Botschaft „Du kannst etwas tun für dich. Und zwar viel mehr als nur schnell wegzurennen…!“, die teilen wir, Saskia – du in Workshops für Assistenzen und ich als StoryCoach.

[Anmerkung: wenn du selbst JETZT etwas ändern willst, willkommen bei Design Your LifeStory]

Doch der Begriff „Story“ assoziiert oft blitzschnell die Nutzung als Marketing-Tool. Wie erklärst du jemandem, der sich unter meiner Arbeit als StoryCoach noch gar nichts vorstellen kann, was ich tue und wie es wirkt?

Kurzfassung?

Klar.

Katrin macht sichtbar, was bereits in uns ist. Das ist Storycoaching

Katrin macht das sichtbar, was bereits in uns ist, in Form von Geschichten.
Genau das ist dein Markenzeichen. Du schaust nicht, was alle anderen auch machen.

Sondern du schaust wirklich: „Was sind die Punkte und die wichtigen Aspekte in deinem Leben, in deiner Entwicklung, in deinen Kompetenzen? Wie kannst du die einfach anders ausdrücken?“

Wir kennen uns schon sehr lange. Du kennst meine ganze Geschichte. Deshalb wusste ich sofort, dass das passt, wenn ich jetzt noch mehr von meiner Geschichte draußen erzählen will.

Und weil du genau zuhörst, kannst du mit Leichtigkeit noch mal andere Sachen rauskitzeln und aussprechen:

  • Aber was ist denn damit?
  • Hast du daran schon gedacht?
  • Da war doch noch eine ganz andere Situation… erzähl mir mehr.

Worauf darf man sich einstellen, wenn man mit mir zusammenarbeitet?

Ich glaube, man muss selbst eine Offenheit und eine Neugier haben. Denn es kann auch tief gehen. Man beschäftigt sich mit sich selbst, und wenn man das noch nicht so oft gemacht hat, wenn man als Coachee noch nicht so erfahren ist, kann das im ersten Moment natürlich hart sein. Denn sich mit sich selber befassen ist immer schwieriger als mit anderen.

Wer sollte lieber Abstand von einer Zusammenarbeit nehmen?

Menschen, die sofort einen festen Fahrplan und alle Fakten von dir vorbereitet haben wollen, sollten eher nicht mit dir arbeiten.

StoryCoaching ist wie ein Tandem

Denn StoryCoaching ist immer eine gemeinsame Arbeit. Das ist immer ein Tandem. Man muss selber viel reingeben und du steckst genau so viel Arbeit rein, die ich zurückbekomme.

Gleichzeitig ist es kein: Du lehrst jetzt, wie das „funktioniert“. Sondern man nimmt immer alles aus der eigenen Geschichte, den eigenen Stationen im Leben raus.

Dadurch wird es viel, viel authentischer, als wenn du eine Schulung mit hundert Leuten machen würdest zum Thema Storytelling, und lernst, wie es theoretisch „funktioniert“.

Mit dir als StoryCoach im Einzelgespräch kommt viel mehr dabei raus.

Coaching ist wie Tandem-Fahren“. Danke für diese spannende Perspektive.

Stelle ich mir jetzt mal Assistenz und Führungskraft auf einem Tandem vor, was hältst du von der These: “Sobald ich als Führungskraft genügend Größe habe, mich von meiner eigenen Assistenz in Frage stellen zu lassen, bringt mich das enorm vorwärts…“?

Natürlich ist da was dran. Denn du hast mit der Assistenz eine direkte Feedback-Partnerin an deiner Seite. Die dir ja wohlgesonnen ist. Klar, sie ist angestellt, bekommt aber nicht wie ein externer Berater Geld dafür, dir zu sagen, wie du besser arbeiten sollst. Plus, die Person weiß alles im Unternehmen. Sie hat so viel Einblick in alle Prozesse, kennt dich als Person. Das ist die beste Verbindung, die du haben kannst.

Wenn diese Person dir Feedback gibt, dann eins, das wirklich relevant ist.

Schau, auch hier stecken schon wieder zwei Geschichten dahinter.

Die erste: Dein eigener Weg von der „Assistenz, als dem netten Mädchen für alles“ zur Sparringpartnerin auf Augenhöhe heute.

Die andere will noch erzählt werden. Deine Kolleginnen brauchen den Mut, ihre Rolle neu zu entdecken und ihre Kompetenz zu erzählen: „Ich bin ein wichtiger Wachstums-, Wirtschafts- und Erfolgsfaktor in Unternehmen!“

Ja, da arbeiten wir sehr, sehr hart dran, dass das Ansehen aufgewertet wird.

Wie kann man euch da unterstützen?

Assistenzen nach vorn

Saskia Hagendorf selbstbewusste Assistenz im BüroEs geht tatsächlich darum, die Assistenz in den Vordergrund zu stellen.

Assistenzen halten sich ja gerne im Hintergrund. Doch eine Führungskraft sollte die Anerkennung, die sie erhält, auch weitergeben oder deutlich sagen: „He, all das wäre nicht möglich ohne meine Assistenz. Dieses Projekt würde nicht funktionieren.“

Oder offen zu sein, zuzuhören und zu sagen: „Okay, die Assistenz möchte mehr machen, möchte was anderes.“

Es bringt immer mehr für das Unternehmen, wenn die Assistenz sich weiterbildet, wenn die Assistenz ein internes Netzwerk hat oder auf Netzwerkveranstaltungen geht.

Als ich in einem Unternehmen für ein internes Assistenznetzwerk einen ganztägigen Workshop angeboten habe, hörte ich als Gegenargument, das Unternehmen bräche zusammen, sobald alle Assistenzen daran teilnähmen.

Wow. Das illustriert, wie viel Einfluss Assistenzen im Unternehmen haben. Dass sie sich dieser Wirkung bewusster werden dürfen. Ein gutes Argument, die eigene Story als Assistenz neu zu erzählen.

Ja, das ist das eine.

Gleichzeitig bringt dieser eine Tag den Führungskräften, dem ganzen Unternehmen viel, viel mehr. Denn wenn die Assistenz neue Fähigkeiten mitbringt, sich intern besser vernetzt – jede weiß dann: Wer kann im Unternehmen was wirklich gut und wofür kann ich wen ansprechen – das zahlt sich doch aus.

Ich bin überzeugt, als Unternehmen diese Offenheit zu haben, Assistenzen freiwillig dabei zu unterstützen, sich weiterzuentwickeln, ist eine gute Investition in das komplette Unternehmen.

Meine KollegInnen und ich – beispielsweise das Assistenznetzwerk in Deutschland (ANID) – sind da dran, damit sich hier etwas ändert und die Rolle der Assistenz noch mehr zu stärken.

Dabei wünsche ich dir und deinen KollegInnen viel Erfolg.

 

Noch mehr zu Saskia? Du findest sie auch auf Linkedin und Instagram

 

 

Fotos: Svenja Henschel – Fotografie Wolkenlos

Das Wesentliche steht zwischen den Zeilen

Willst du deinen eigenen Film schreiben, hilft dir die richtige Lektorin, das Wesentliche auch zwischen den Zeilen zu entdecken!

 

Sandra, 2009 haben wir das erste Mal zusammengearbeitet. An welche Episode aus unseren ersten Coachings erinnerst du dich noch? Welche haben Spuren hinterlassen?

Sie haben vom ersten Moment an Spuren hinterlassen. Für das erste Coaching haben wir einen Gutschein von unserem damaligen Agentur-Chef bekommen. Das war mein allererster Kontakt mit Coaching überhaupt.

Coaching ist Raum für mich

Von Anfang an fand ich es wertvoll – denn das macht man viel zu selten –, diesen Raum zu haben, indem es wirklich nur um einen selbst geht. Ein safe space. Am Anfang musste ich mich damit erst mal zurechtfinden, ich dachte zuerst: „Ist das jetzt hier wie eine Therapie?“

Doch das war es mit dir zu keiner Zeit. Es war immer ein „Jetzt schauen wir nach vorn.“ Also Herausforderungen erkannt, besprochen und jetzt zielorientiert weitergehen. Ich erinnere mich noch an diese Methode – wie nennt sich das mit den Armen?

Wingwave.

Ja, stimmt, Wingwave war’s. Dabei kann man den Kopf ausschalten. Sich ein Stück seiner Intuition, seinem Körper, seiner Erfahrung überlassen. Antworten kamen leichter. Ein spannender Ansatz, mich Themen mal anders zu nähern, wie „Was beschäftigt mich eigentlich?“ oder „Was möchte ich denn eigentlich?“.

Ich war 2010 auf dem Sprung vom Account Director zum New Business Director. Dabei war das gar nicht mein Plan. Die Agenturchefs damals meinten: „Wir glauben, du kannst das! Willst du es machen?“

Dann stehst du da und denkst dir: „Das ist ja schön, dass ihr das denkt!

Bis zu dem Zeitpunkt hatte ich noch nie darüber nachgedacht, ob das überhaupt eine Option für mich ist.

Neues finde ich erstmal immer spannend

Weil ich aber der Mensch bin, der ich bin (und das bis heute) ergreife ich gerne (interessante und neue) Optionen. Früher wahrscheinlich schneller als heute, denn die Entscheidungen sind größer geworden.

Doch ich wollte damals reflektieren und das mit Unterstützung von außen. Das war unser Start. Ich wollte mir bewusst machen:

  • Wer bin ich eigentlich?
  • Wo will ich hin?
  • Erfüllt dieses Angebot nicht nur mein Jobziel, sondern passt es in meine Lebenssituation?
  • Wie soll mein Leben ganzheitlich aussehen? Das war immer ein wichtiger Teil. Ich arbeite gerne. Aber die Arbeit musste schon immer auch zu meinem Leben passen.

Genau diese Themen konnte ich mit dir besprechen.

Es war nicht dein Plan, sagst du. Heute bist du Managing Director… was sagst du heute – 15 Jahre später – dazu?

In den ersten Tagen als Managing Director hat mich eine langjährige Kollegin daran erinnert, dass ich Jahre zuvor – ich hatte gerade besagte New-Business-Position übernommen – gesagt hätte: „Und irgendwann werde ich Geschäftsführerin.“

Daran konnte ich mich gar nicht erinnern, fand es aber interessant. Denn auch wenn ich mir diesen Plan niemals ganz bewusst gezeichnet habe, hat mich doch alles, was ich getan habe, genau dahin geführt.

Alle Anteile an Bord

In unserer Coaching-Serie gab es zwei große Handlungsstränge. Einerseits dein Auftrag gemeinsam herauszufinden, worin deine beruflichen Wünsche und Ziele liegen. Gleichzeitig fiel dir das Entscheiden schwer.

Wir haben die vielfältigen Aufgaben in der Agentur und die vielen inneren Ressourcen verbunden. Manche Stärken zeigten sich sofort. Andere innere Anteile haben sich im Drehbuch noch zurückgehalten.

Hier eine Erinnerung, daran, was du schon 2010 für dich mitgenommen hattest

Jede Stimme, jeder Gedanke, jedes Gefühl, das mich bei schweren Entscheidungen verunsichert hat, ist ein Teil von MIR! Also habe ich gelernt zuzuhören! Und mehr noch – wenn ich will, lade ich mittlerweile alle zu einem Kaffee ein und wir diskutieren die wichtigsten Themen aus – klingt verrückt? Nein, ist genial und erfolgreich! Aus vielem, scheinbar nicht koordinierbarem ein homogenes Ganzes machen, das hätte ich nicht für möglich gehalten.

 

Das Zitat ist fünfzehn Jahre alt und macht mir deutlich, welchen Weg du seitdem gegangen bist und welche Bandbreite an Stärken du nutzen kannst.

Ich glaube, genau so muss es sein. Gerade in der Führung hat man viele, unterschiedliche Aufgaben, triffst die unterschiedlichsten Menschen. Dazu kommen all die anderen Dinge, die in deinem Leben eine Rolle spielen.

Für jeden Bereich brauchst du die verschiedenen Facetten. Es ist genau das, was mir Spaß macht. Ich mag meine vielen Dimensionen, auch, weil alles, was um mich herum passiert, nicht eindimensional ist. Diese Arbeit mit den inneren Anteilen finde ich total spannend.

 2022 hast du geschrieben: „Geschäftsführung war nie ein bewusster Teil meiner Geschichte, aber meine Geschichte hatte auch kein komplett vorgezeichnetes Ziel. Wenn es eine Storyline in meinem Leben gibt, die mich bisher immer angetrieben hat, war es, „schau es dir an und probiere es aus!“ Was ist der Antreiber dahinter?

Spaß ist für mich immer ein Antrieb gewesen. Spaß und Neugier an dem, was ich mache, was ich daraus lernen kann – und zwar in jedem Bereich. Das ist auf jeden Fall elementar.

Du hast jetzt die Chance bekommen, deine Stärken voll einzusetzen. Verbunden mit deinem Antreiber „Ich mach das jetzt mal und zwar voller Freude“ welchen Teil der Welt kannst du heute beeinflussen oder verändern?

Naja, es ist nicht die ganze Welt, die ich verändere. 😊

Ich arbeite in einem spannenden Konstrukt aus Führungskollegen. Natürlich nehme ich durch meine eigenständige Rolle in diesem Konstrukt anders Einfluss. Ich bringe meine Perspektiven ein, meine Erfahrung, gute Argumente in wichtigen Diskussionen. Themen, die mir wichtig sind, kann ich ganz anders priorisieren und sie viel stärker zum Teil einer Geschichte machen.

Meine Rolle ist größer geworden. Doch ich lebe sie mit Respekt und Bewusstsein, denn ich glaube, dass wir in dieser Zeit, in der wir heute leben, Dinge durch Kollaboration und durch Miteinander schaffen.

Ich habe einen Satz gelesen: „Niemand, der wirklich glaubt, dass er alles allein kann, ist ein guter Leader und ein guter Führer.“ Daran glaube ich. Gleichzeitig bin ich davon überzeugt, dass es jemandem geben muss, der am Ende die Richtung vorgibt.

 

 

Dieser Richtung sollten gute Gespräche und Austausch vorangegangen sein. Um Menschen zu motivieren und zu führen, musst du sie abgeholt haben. Genau diesen Prozess, dieses Mitnehmen kann ich heute beeinflussen; kann meine Gedanken und Ideen anders mit einbringen. Die Rolle befähigt dich dafür noch ein Stück weit mehr.

2022 konfrontiert mit der Frage, ob du die Rolle der Managing Director übernehmen wolltest, hast du dich mit dir selbst auseinandergesetzt, und überlegt, vielleicht einfach in der bekannten Rolle so weiterzumachen. Denn “das fühle sich doch eigentlich alles gut an“.

Und doch hast du dich für die höhere Position entschieden. Wie kam das?

Ich habe mich mit den Pros und Contras beschäftigt, mit all dem, was ich kann und nicht kann. Letzteres war weniger angenehm. Doch dann bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass ich all das, was ich noch lernen will, ja lernen könnte. Was anstrengend ist, aber auch aufregend.

Ich kann das einbringen, indem ich wirklich gut bin. Auch mit anderen Menschen zusammen, die etwas mitbringen, was ich nicht habe. Gemeinsam machen wir daraus dann etwas Komplettes.

Innen und Außen in Kongruenz

Hier verweben sich die beiden Stränge unserer Coachinggeschichte – innere Stärken zielgerichtet einsetzen um Aufgaben der Agentur gemeinsam mit anderen erfolgreich zu steuern.

Ja, es war meine Entscheidung. Hätte ich angefangen, zu sehr meinen Defiziten hinterher zu laufen und versucht, diese auszugleichen, also versucht, meine Schwächen zu stärken, wäre niemals eine gute Stärke dabei herausgekommen.

Mein Konzept „Stehe jeden Morgen mit Spaß auf!“

Vielleicht lautet mein „Konzept“ einfach: „Stehe jeden Morgen mit Spaß auf!“

Schon vor unserem Story-Coaching ist mir die Songzeile bei den Fantastischen Vier begegnet „Du siehst deinen eigenen Film und bist dein eigener Held.

Abgesehen davon, dass es ein cooler Song ist – und meine erste Band war, die ich live gesehen habe – ich glaube, dass es genau das ist. Niemand setzt mir die Pistole auf die Brust, es ist meine Entscheidung, die ich für mich treffe. Jedes einzelne Mal. Das ist der Punkt.

Deine Art, Entscheidungen zu treffen, zieht sich durch deine Geschichte. Wenn eine junge Führungskraft von dir wissen will, wie du deine Entscheidungen triffst, so, dass es eine gute Entscheidung wird – wie würdest du es erklären?

Also es hängt natürlich von der Entscheidung ab.

Natürlich.

Wenn es nicht komplett dein eigener Bereich ist, wirst du immer auf andere Menschen zugehen, die entweder das Fachwissen oder die Erfahrung haben. Oder die dich zumindest noch einmal in deinen Gedanken challengen. Bei großen Sachen lohnt es sich – und das dauert gar nicht lange – die eigene Antwort auch mal kurz zu hinterfragen. Wenn du eine andere Meinung dazugeholt hast, kann es manchmal dazu führen, dass du noch eine Extra-Gedankenschleife drehst. Das ist dann eben so.

Das große Ganze hängt manchmal von kleinen Entscheidungen ab

Erst wenn du die Entscheidung selbst zu treffen hast, lernst du, wie es wirklich funktioniert.

Theoretisch klingt vieles logisch. Wir haben im Coaching viel ausprobiert, ich habe viele tolle Bücher gelesen, mir Videos angesehen – alles war hilfreich. Man hat alles im Kopf. Wir sind in der heutigen Arbeitswelt sehr weit in Selbstreflexion und Selbstoptimierung. Aber wirklich real wird es erst dann, wenn du es tust, es erlebst, in einer konkreten Praxissituation stehst.

Das erinnert mich an eine Projektsituation. Mein früherer Chef wollte von mir wissen, wie es läuft. Ich meinte: „Ich halte alle Bälle in der Luft.“ Da sagte er: „Das ist erstaunlich und freut mich auch. Aber dir ist schon klar, dass du auch mal den einen oder anderen abwerfen musst?“

So ist es mit den ganzen Weisheiten und Themen, mit denen man sich beschäftigt. Theoretisch ist alles klar. Da kannst du lange schlau mit anderen drüber reden, aber für dich selbst musst du irgendwann den Ball mal abwerfen und in die Umsetzung gehen. Erst wenn du deine Weisheit im Alltag lebst, machen schlaue Dinge wirklich Sinn.

Im Rückblick ist es toll zu erleben: „Das stimmt ja wirklich.“

Und diese Erkenntnis im Alltag zu erleben, das macht Freude. Zu erfahren, dass die eigene Entwicklung einfach nicht aufhört. Wird sie auch nicht.

Dein berufliches Engagement als Geschäftsführerin verlangt dir viel ab. Wie schaffst du den Ausgleich? Wie findest du genügend Raum für dich persönlich?

Da ist noch Luft nach oben!

Das war ein Coaching-Thema, bei dem wir nicht mehr in die Umsetzung gekommen sind, weil die Führungs-Themen wichtiger wurden.

Stimmt, die Sache mit der Work-Life-Balance war auch so eine theoretische Weisheit, die ich früher gut vor mir herschieben konnte.

Doch die aktuelle Verantwortung geht doch noch mehr an meine Energiereserven. Ich spüre deutlich, dass es jetzt vorbei sein muss, mit dem Wegschieben.

Wenn ich meine berufliche Aufgabe ernst nehme, muss ich besser auf mich achten

Mein Bewusstsein wächst: „Wenn ich diese Aufgabe hier ernst nehme und weiter mit Freude daran arbeiten möchte, dann muss ich jetzt auf mich selbst achten!“ Das hat plötzlich eine neue Relevanz bekommen.

Mache ich das schon gut genug? Nicht immer. Aber ich bin auf dem Weg. Obwohl meine berufliche Situation für mich so wichtig ist, kommt parallel eine neue Wichtigkeit dazu.

Achtsamkeit hilft interessanterweise auch. Dinge einfach mal aussprechen.

Das beste Führungsentwicklungstraining, das man sich ansehen kann, war für mich gerade Achtsam Morden, die Netflix Serie. 😉

Weißt du, mein Kopf ist ein Biest. Das kommt gerne kurz vor dem Schlafengehen – eigentlich überall, wo es nicht hingehört – mit Themen um die Ecke, von denen mein Kopf dann denkt, dass er die unbedingt sofort noch bearbeiten oder lösen, oder einfach nur noch mal durchkauen muss.

Was hilft ist, sich selbst die Frage zu stellen:

  • Löse ich das jetzt wirklich gerade?
  • Macht es jetzt für die Gesamtheit der Dinge einen Unterschied?

Wenn es einen elementaren Unterschied macht, dann muss ich handeln. 80% dieser Dinge kann ich aber in diesem Moment, mitten in der Nacht, einfach wegschieben. Denn nur weil ich gerade darüber nachdenke, wird nichts passieren.

Der kommt aus dem Film, dieser Ratschlag.

Da bin ich gerade dran. Und ich schaffe es dadurch tatsächlich, ein bisschen schneller einzuschlafen. Tut gut.

Was ist dir heute wichtig, woran du früher nie gedacht hast?

Mein Bewusstsein dafür ist gewachsen, wie viel Zeit ich eigentlich wo verbringe, das heißt mit den Menschen, die mir wirklich wichtig sind – die einen persönlichen Beitrag im Leben haben.

Da ist die Familie. Da sind Freunde, am Ende ist das ja immer so eine Handvoll. Das ist mir heute wichtiger geworden. Das gehört für mich auch zu der Frage wie ich meine Balance finde aus beruflichen Anforderungen und dem, was ich auch gern bin und tue.

Was mir nicht mehr wichtig ist? Ich muss nicht mehr so viel Party machen. Ist das das Alter? (lacht)

Gedanken denken, die nicht deine sind? Oft Zeitverschwendung!

Früher habe ich mir gerne auch Gedanken gemacht, die einfach gar nicht meine waren. Was für eine Zeitverschwendung. Und heute weiß ich, es gibt Dinge, für die lohnt es sich mehr, meinen Kopf besser und effizienter einzusetzen.

Sandra, was bedeutet Story-Coaching für dich? Was gibst du in die Suchzeile ein, um eine Coach zu finden, die so arbeitet, wie du es mit mir erlebt hast?

Wahrscheinlich würde ich schreiben, „Suche Co-Autor für meine Biographie“. Oder „Suche Produzenten, der sich traut.“ Von Anfang an mochte ich den Gedanken, dass es eine Story, ein Filmdrehbuch ist, das du selbst schreibst. Das hat für mich etwas mit Eigenverantwortlichkeit zu tun; damit, die Kontrolle über das eigene Leben zu haben. Ich will die Verantwortung für mein Leben selbst übernehmen. Wir können keinem anderen die Verantwortung dafür geben, ob etwas funktioniert oder nicht.

Vielleicht ist es auch „Suche erfahrene Lektorin, um zwischen den Zeilen zu lesen.“ Das ist dein Markenzeichen! Das weiß ich sehr zu schätzen. Denn wir haben viel über das geredet, was nicht gesagt wurde. Das kannst du. Das ist wertvoll!

Gerade jetzt in unserem Gespräch – wenn ich mir angucke, was die letzten 14 Jahre passiert ist – du hast viel zwischen den Zeilen gelesen, wir haben auch viel über Dinge gesprochen. Und ich habe auch Dinge mitgenommen, über die wir nicht gesprochen haben. Die aber im Raum standen und mit denen ich dann arbeiten konnte. Allein oder mit dir gemeinsam.

Das Offensichtliche kann ja jeder. Du liest zwischen den Zeilen.

Sandra, ich danke dir für dieses wunderbare Gespräch mit Tiefgang. Was ist dein Fazit?

Von 2009 bis 2025 – ich spüre, ich bin noch immer dieselbe. Und das ist gut. Mit mehr Erfahrung und die Neugier und das Lernen hören hoffentlich für mich auch nicht auf.

Du hast mich daran erinnert, dass ich meiner Führungsrolle damals zuerst eine Absage erteilen wollte. Doch hätte ich das wirklich getan, hätte ich wohl heute das Gefühl, ich hätte den Stift zur Seite gelegt. Doch man darf die Lust am Weiterschreiben seiner Story nicht verlieren. Und ich hoffe, dass ich immer weiter an mir selbst, an meiner Geschichte schreiben werde, weil ich es kann.

Das ist eine wichtige Erkenntnis. Und da gibt es sicher noch einiges zu schreiben.

 

 

 

Plan A mit Mut und Konsequenz verfolgen

Wissen, wohin ich will. Wofür ich es tue. Schreiben und Leben.

Warum ein attraktives Ziel selten Plan B braucht

Ute, als ich dich um ein Interview gebeten habe, hast du sofort zugestimmt.
Wie kam das?

Ich habe mich gefreut, dass du mich fragst, weil du dir das zum 20. Unternehmensgeburtstag schenken willst. Ich dachte „Ich als Geschenk? Das ist ja mal eine spannende Idee! Ja, das mache ich auf jeden Fall.

Es war ein tolles Story-Coaching mit dir und hat mir so viel gebracht.

Danke. Was denn zum Beispiel?

Es hat mir geholfen, mich selbst zu sortieren, klarer hinzugucken:

  • Was ist das, was ich wirklich sagen möchte?
  • Mit wem spreche ich eigentlich, wenn ich etwas sage?
  • Für wen schreibe ich, wenn ich schreibe?
  • Wie bekomme ich meine Botschaft mit dem zusammen, was die Menschen brauchen, was sie hören wollen oder sollen?

Und es hat mir geholfen zu sagen: „Okay, weniger ist manchmal mehr.“

Erinnerst du dich noch an deine damalige Herausforderung?
Wonach warst du auf der Suche?

Als wir im Mai 2022 gestartet sind, war ich gerade aus meiner Teilzeitfestanstellung in der Diözese ausgestiegen und voll in die Freiberuflichkeit gegangen. Ich wollte mehr Power in die Werbung geben und packender schreiben.

Mir war klar „Ich brauche mehr Reichweite“. Ich möchte jene Menschen mehr oder anders erreichen, die sich oder etwas verändern wollen. Menschen, die Lust haben, das mithilfe von Bogenschießen und Coaching zu machen.

Zwar hatte ich schon einen Newsletter, aber noch keinen Blog auf meiner Homepage. Ich habe da vor mich hingeschrieben, wie ich dachte. Von Storytelling hatte ich gehört und dachte: „Ja, da kann ich auf jeden Fall was lernen. In eine Struktur reinzukommen zum Beispiel. Ich wollte von jemandem begleitet werden, der immer wieder sagt: „Guck noch mal hin. Viel zu viel. Kürzen!“, oder so etwas.

 

In unserer Arbeit mit „Großes Kino für dein Business“ nutzen wir eigene Widerstände gegen das Erzählen für deine besten Stories. Welche Widerstände waren es bei dir?

Es war dieses „Ich bin nicht gut genug. Der Text ist nicht gut genug, er ist noch nicht auf dem Punkt gebracht, um ihn veröffentlichen zu können. Ich mache es einfach nicht perfekt genug.“

Es gab einen inneren Zwist zwischen „Okay, eigentlich will ich raus, will dass es viele sehen, viele buchen.“ und „Wenn das jetzt alle sehen, was ich hier mache, ist es dann nicht vielleicht auch ein bisschen viel, das ich von mir preisgebe?

Kreativ starten. Perfekt liegenlassen.

Dazu kam noch meine Erfahrung, dass es nicht an der guten Anfangsidee scheitert. Doch gut zu schreiben und es zu Ende zu bringen, das war schwierig.

Dieses nicht zu Ende bringen, das kenne ich ja aus allen möglichen Bereichen des Lebens. Ich bin super im Anfangen. Habe sehr oft, schnell viele Ideen. Der Impuls, sofort loszulaufen ist immer da. Dann fange ich an, habe tausend Ideen, manchmal schreibe ich die auf, manchmal nicht.

Da war dein Tipp, sie in ein Diktiergerät zu sprechen, super. Das habe ich einige Male genutzt und dann geschrieben. Manchmal bleibt es immer noch liegen. Ich finde es Monate später und denke „Ach, guck mal. Dazu hast du auch schon was auf die Box erzählt.

Wenn nach der anfänglichen Euphorie die Energie weggeht, reicht es nicht mehr, den Text fertig zu machen. So als sei es irgendwie nicht attraktiv genug, es rund zu machen oder so. Keine Ahnung.

Ich schaffe den Zieleinlauf nur, wenn das Ziel attraktiv genug ist.

Ein spannender Gedanke…

Wenn ich nicht weiß, wofür ich etwas tue, lohnt es sich, genauer hinzuschauen.

Das mit dem Ziel ist mir vertraut, weil es mir auch in meinen Coachings immer wieder begegnet. Ich finde es eine entscheidende Frage, ob ein Ziel auch attraktiv ist. Denn wenn es attraktiv ist, dann will ich da auch hin. Dann will ich es erreichen oder fertig machen.

„Wenn ich nicht weiß wofür, lohnt es sich genauer hinzuschauen.“
Das habe ich von dir gelernt.

Meist muss ich das Wozu dann viel genauer benennen. Mir überlegen, was die Leser*in von meinem Text oder meinem Angebot hat. Vielleicht, was ihr Nutzen ist. Und die kleinen Schritte sehen. Denn wenn ich erst in der Schweinehund-Schleife bin: „Das ist so viel, das mache ich lieber morgen“, dann wird es echt richtig schwer.

Zum Beispiel ist mir das ganz gut gelungen, als ich über das Hamsterrad geschrieben habe. Da wusste ich, „Ich will das in den in den nächsten Newsletter reinschreiben“. Okay, es ist erst der übernächste geworden, aber es war klar, „Ich will das in einem der nächsten Newsletter haben“. Genau so habe ich es geschafft.

Ein anderes Beispiel: Seit Anfang des Jahres begleitet mich das Thema „Loslassen“. Es taucht in vielen meiner Kurse und Wochenenden beim Bogenschießen auf. Es arbeitet in mir, und ich wollte gerne einen Artikel darüber schreiben. Anfang Dezember war es gut zu sagen: „Okay, das soll noch in diesem Jahr passieren!“
Ich brauche das wirklich manchmal, mir selber ein bisschen Druck zu machen.

Was gibt es für eine bessere Zeit als die Jahreswende, um übers Loslassen zu schreiben?

Stimmt. Alle reden davon. Und auf meiner Webseite findest du den fertigen Artikel jetzt natürlich.

Die Coach mit Bus und Bogen

Nach dem Großen Kino haben wir weiter gemeinsam an deinen Geschichten gearbeitet. Im Mittelpunkt stand die Coach mit Bus und Bogen. Für mich nach wie vor ein Super-Claim. Was bedeutet es für dich?

Durch den Bus habe ich ein ganz anderes Auftreten gewonnen, als ich es vorher hatte. Er ermöglicht mir, für mehr Menschen Coachingangebote zu machen. Ich bin gewachsen. Die Arbeit im Bus hat ein ganz anderes Selbstverständnis gebracht.

Und sie entspannt vieles. Ich muss nicht mehr darüber nachdenken: „Wie komme ich an den Kursort? Wo lade ich mein Zeug ein und aus? Wo übernachte ich? Wann reise ich an?“ Es eröffnen sich viele neue Möglichkeiten.

 

Ute Zumkeller. Die Coach mit Bus und Bogen. Story Coaching mit Katrin

Wie wird deine ungewöhnliche Coaching-Location von Coachees angenommen?

Viele finden es total spannend, dass ich als Frau mit diesem großen Bus um die Ecke komme. Und dass ich auch so weit mit ihm unterwegs bin. Ich war in Spanien und Portugal, bin alleine hin- und zurückgefahren.

Der trockene, warme Bus mit seiner gemütlichen Sitzecke ist für meine Coachees einladend. Zielführend und offen besprechen wir hier, was ihnen wichtig ist. Ganz egal, was draußen passiert. Keine*r schaut zu oder hört, was wir sagen. Und einen Kaffee gibt es auch dazu.

Männer finden es spannend, dass ich ihn selber ausgebaut habe. Sie sind eher technikinteressiert. Vielen fällt auf, dass der Ausbau mit viel Liebe zum Detail gemacht ist und auch, dass es nicht ganz ohne handwerkliche Vorprägung passiert sein kann. Genau, da kommt mir meine Schreinerlehre sehr zugute.

Schreinerin – Jugendreferentin – Coach: Wie bist du die geworden, die du geworden bist? Welcher rote Faden hat dich zu Bus und Bogen geführt?

Der Klassiker ist: da entsteht eine Idee oder jemand setzt mir einen Floh ins Ohr; so wie mit dem Bus. Ich finde das super und ich mache es dann einfach. Also nicht ganz kopflos. Ich mache mir nur nicht so viele Gedanken darüber was wäre, wenn es nicht klappt.

Es gibt keinen Plan B

Es gibt eigentlich keinen Plan B. Plan A funktioniert. Und wenn Plan A nicht funktioniert, kann ich mir dann immer noch einen Plan B machen.

Das ist auf der einen Seite ganz cool, auf der anderen Seite stresst es mich natürlich manchmal. Weil es eben nicht immer so ist, dass Plan A funktioniert. Doch wenn es nicht funktioniert oder noch nicht gut ist, dann ist es auch noch nicht zu Ende. Wie dieses Sprichwort vom Ende, an dem alles gut wird. Ist es das noch nicht, dann geht es  noch weiter.

„Da muss es noch irgendwie eine Abzweigung geben, an der ich an mein Ziel komme.“ Das zieht sich durch mein Leben: Ich habe eine Idee, dann gehe ich los und gucke, was daraus wird.

Woran ich noch übe, ist das Loslassen, wenn etwas wirklich nicht funktionieren will. Ich würde gern leichter sagen: „Okay, das war es offensichtlich nicht. Mal sehen, was es anderes gibt, das auch schön ist und machbar.“ Doch so oft kommt es nicht vor, dass Plan A nicht funktioniert 😊.

“Nie wieder!” Starker Antrieb für gute Stories

Wobei, eine Geschichte fällt mir da doch ein: Als wir das erste Mal telefoniert haben, saß ich hier bei mir auf dem Balkon. Du wolltest wissen, was mich zum Erzählen motiviert. Und ob ich spontan eine – für mich bedeutsame – Geschichte erzählen will.

Da habe ich dir von dem Moment erzählt, in dem ich vor dem Geldautomaten stehe und erlebe, dass kein Geld mehr rauskommt. Weil einfach nichts mehr da ist. Weil ich meinen Dispo so dermaßen überzogen habe, dass ich weiß: „Hier muss etwas ganz dringend anders laufen.

Genau das war mir auf der ersten Etappe meiner Selbständigkeit passiert. Es war der Moment, als ich wieder zurück in eine Festanstellung musste. Eine, die mir meine Brötchen bezahlt. Ich musste mir ein finanzielles Grundrauschen verschaffen. So wie ich das bis dahin mit meiner Selbstständigkeit gemacht hatte, funktionierte es nicht.

Neustart mit vollem Risiko (und besserem Plan)

Im Mai 2022, als wir beide über den Start des StoryCoachings gesprochen haben, war ich wieder dabei, den Schritt raus aus der Festanstellung und einen Neustart in die volle Freiberuflichkeit zu wagen.

Das Gefühl ohne Geld am Geldautomaten wollte ich nie wieder haben. Also musste ich etwas anders machen als beim ersten Mal und habe mich dazu entschieden, mehr für meine finanzielle Unabhängigkeit zu tun. Mir war klar, dass ich dafür mehr Menschen erreichen musste. Schon vorher hatten mir viele gesagt, dass ich unbedingt schreiben müsse.

Das wollte ich jetzt ausprobieren. „Vielleicht”, dachte ich, “ spreche ich die Menschen an, indem ich über mich erzähle. Und darüber, was ich tue. Meine Geschichten. Meine Irr- und Auswege.“

Und tatsächlich, seit ich bei dir zum Coaching war, schreiben mir Leser*innen: „Ach, das ist ja schön geschrieben.“ oder „Das ist eine gute Geschichte“. Also ich bekomme sogar positives Feedback.

Mit Pfeil und Bogen gut aufgestellt

Ute Zumkeller. Die Coach mit Bus und Bogen. Story Coaching mit Katrin KlemmDie Coach mit Bus und Bogen:
Worauf müsste die Welt verzichten, wenn es dich und dein Business, dein Angebot, dein Bogenschießen, wenn es all das nicht gäbe?

Die Welt müsste auf eine Frau verzichten, die mit viel Herzblut intuitives Bogenschießen anbietet und anleitet. Die Menschen authentisch in Veränderungsprozessen begleitet.

Sie müsste auf viele Frauen (und ein paar Männer) verzichten, die sich – durch meine Angebote mit Pfeil und Bogen – gut aufstellen und dadurch Selbstbewusstsein, Mut und neue Ideen finden, um für sich etwas neu zu gestalten.

Was macht die Arbeit mit Pfeil und Bogen so authentisch?

Du kannst dich nicht verstecken

Sobald du dich mit Pfeil und Bogen aufstellst, kannst du dich nicht verstecken. Der Bogen spiegelt dir, was gerade los ist. Er zeigt dir sofort, dass du nicht ganz hier bist mit deiner Aufmerksamkeit, sondern noch im letzten Meeting. Oder schon bei deiner nächsten Verabredung.

Er weist dich darauf hin, dass du zu angespannt bist, dass du ihn zu direktiv führst – also zu fest anfasst – statt ihn locker zu führen und so eins zu werden mit ihm. Das Treffen des Pfeils ist dann das Ergebnis aus dem, was du gemeinsam mit dem Bogen tust. Auch wenn der Pfeil woanders hingeht, als du es dir vorstellst. Manchmal ist das auch die Wiese.

Im Nachspüren merkst du, wie du damit in Resonanz gehst und kannst beim nächsten Pfeil etwas im Bewegungsablauf anpassen.

Ah, dieses „Wieder nicht getroffen…“?
Wie gehen Menschen damit um? Empfinden sie das als Misserfolg?

Ich erinnere mich an diese eine Frau. Sie kam mehrere Tage hintereinander. Beim Schießen traf kein einziger Pfeil die Scheibe. Gleichzeitig hatte sie aber am Tun – sich aufstellen und ausprobieren – Spaß. Ihre Motivation dranzubleiben lag darin, Teil der Gruppe zu sein und Spaß zu haben, auch wenn sie nicht getroffen hat. Am letzten Tag hat sie dann die ersten Pfeile auf die Scheibe getroffen. Sie hatte so eine Ruhe und wollte bis zum Ende dabei bleiben, obwohl sie sehr gezittert hat.

Sie hat über unsere Veranstaltung hinaus noch weiter trainiert. Im Jahr darauf war sie wieder dabei. Irgendwann hatte sie einen eigenen Bogen und hat in mini-kleinen Schritten für sich gemerkt: “Ah, wenn ich das auf meine Weise übe, dann wird es besser oder anders. Also probiere ich mich weiter aus.

Sie hat sich nicht unterkriegen lassen. Das war sehr beeindruckend zu beobachten.

Kannte sie das schon, was sie da beim Bogenschießen erlebt hat?

Ja, sie war Fastenleiterin in unserem Kurs und damit diejenige, die die Gruppe leitet. Jetzt war sie plötzlich Teilnehmerin. Einerseits war es nicht leicht für sie, den anderen gegenüber als Leitung nicht zu performen. Gleichzeitig war für sie aber wichtig, dass die anderen ihren Spaß und ihren Erfolg haben. Ihr eigener Erfolg stand da hinten an, das war vermutlich ihre Motivation.

Das ist drehbuchreif. Reese Whiterspoon in Wild befreit sich auf 4.260 km Pacific Crest Trail von ihren Dämonen. Matt Damon holt sich in Legende von Bagger Vance seinen Lebens-Drive auf dem Golfplatz zurück. Bei dir geschieht Entspannung beim Bogenschießen.

Wie ist dein Verhältnis zum Geschichten erzählen heute?

Oft mache ich das nicht bewusst. Das passiert, glaube ich. Manchmal überlege ich schon noch:

  • Wie ging diese Heldenreise?
  • Wo geht’s wirklich los?
  • Welche Unterstützer und Dämonen trifft die Person auf ihrem Weg?
  • Welche Fähigkeiten bringt sie als Lernerfahrungen mit in den Alltag?

Super Idee. Du kannst es immer von beiden Seiten angehen. Entweder nach Struktur. Oder einfach Geschichte erzählen und dann überprüfen, ob noch ein Strukturmerkmal fehlt, damit die Story funktioniert.

Gute Fragen öffnen Raum für gute Geschichten

Am besten gelingt mir das, wenn mich eine fragt. So wie du.

Beim StoryCoaching ging das ja häufig los mit: „Erzähl doch mal…

Was erzählst du Menschen, die mich noch nicht kennen, über meine Art zu arbeiten?

Du machst es – so wie ich auch – mit wahnsinnig viel Herzblut. Mit viel Zeit und Energie. Ich habe mich durch deine Art zu arbeiten sehr gesehen und wertgeschätzt gefühlt.

Es ist, als knipse jemand das Scheinwerferlicht an, richtet den Spot auf dich und erstmal denkst du: „Ui, ich will doch gar nicht. Wie komme ich nur schnell wieder weg hier?“ Der nächste Gedanke „Okay, ich hab mich angemeldet. Genau das wollte ich ja. Also geh ich da jetzt auch durch!

Später hab ich gesagt: „Ich schicke dir jetzt das ganze Geschreibsel einfach.“ Auch wenn ich es noch ziemlich schrottig fand.

Dabei kam es nie so schlimm. Aber eine Menge Arbeit war es dann meist doch noch!

Mit Herzblut bei der Sache

Wofür habe ich dich geschätzt – ganz kurz: Deine wertschätzende, authentische Art. Auch dein „den Finger in die Wunde legen“ und sagen: „Überleg noch mal: Für wen schreibst du? Was willst du eigentlich sagen? Aus all den schönen Ideen kannst du fünf Geschichten machen. Aber jetzt machst du erstmal eine.“

Noch kürzer:

Du bist

  • mit viel Herzblut bei der Sache.
  • eine wache Person.
  • mit deiner vollen Aufmerksamkeit da.
  • sehr gut vorbereitet. Immer.
  • wunderbar in der Lage, mich zurückzuholen, wenn ich anfange irgendwie bla bla auszuschweifen.
  • ein Mensch, der mit mir lacht und weint, je nachdem, welche Stimmung grad dran ist.
  • sofort in einer guten Verbindung mit mir ist; auch wenn es online ist. Und auch, als wir uns noch nicht persönlich kannten.

Ich finde deine Fröhlichkeit – dieses fröhliche Mitlachen – besonders. Du beherrschst den Spagat, professionell und ernsthaft zu sein und gleichzeitig freudig und neugierig mit deinem: „Erzähl mir doch mal davon.“ oder „Wie war das da eigentlich?“ Dieses Nachhaken hilft enorm.

Ja, du willst es wirklich wissen. Gleichzeitig kannst du Raum lassen.

StoryCoaching gibt Raum für die Geschichte

Ich bin selbst Coach und weiß, dass das typisch fürs Coaching ist. Wir fragen den anderen und hören zu.

Unterhalte ich mich mit Freunden, ist das meist so Ping-Pong-mäßig. Der eine sagt: „Ich habe das und das erlebt.“ Dann erwidert der andere: „Ja, genau, das kenne ich auch von so und so.“ Dann reagiert der eine immer auf das andere und so geht das hin und her.

Im Coaching mit dir ist das nicht so. Hier bleibst du bei der Geschichte der Klientin. Bei meiner Geschichte.

Ute, auf deiner Coaching-Webseite schreibst du: „Ich bringe Menschen in Bewegung.” Was hat dich dazu bewegt?

Ich habe in meiner Coaching-Ausbildung bemerkt, dass ich nicht so gut war in Eins-zu-Eins-Situationen, klassisch im Raum sitzend und Fragen stellen oder Fragen beantworten müssen. Ich bin eine, die gerne draußen in der Natur ist.

Eines Tages tauchte in einer Power-Point-Präsentation das Bild mit der Scheibe mit Pfeilen darin auf. Da dachte ich „Ach, Bogenschießen und Coaching. Das ist doch eine super Kombination. Eine Verbindung aus körperlich aktiver Bewegung in der Natur und mentaler Bewegung beim Coaching.

Gut, ganz so leicht war es dann doch nicht. Ich konnte ja selbst nicht Bogenschießen. Ich meinte, ich brauche jemanden, der Bogenschießen kann und ich mache dann das Coaching. Diese Partnerschaft hat aus verschiedenen Gründen nicht funktioniert. Rückblickend glaube ich, wir waren zu sehr mit uns selbst und dem Aufbau unserer jeweiligen Selbständigkeit beschäftigt. Ein Miteinander hätte zu viel Zeit und Energie gekostet.

Du konntest vorher nicht Bogen schießen?

Nein. Ich wusste, dass ich daran Spaß habe, weil ich selbst mal an einem Team-Workshop teilgenommen hatte. Aber andere anleiten im Bogenschießen? Dafür brauchste ja ne Trainer-Lizenz. Also habe ich die Ausbildung zum Coach für Intuitives Borgenschießen und angewandte Achtsamkeit beim Hakomi-Institut gemacht und bin alleine gestartet.

Plan A „Das wird schon“, wie gesagt. 😉

Was bewegt sich in deinem Leben, wenn du mit den Menschen arbeitest?
Und was bewegt sich in deren Leben durch die Arbeit mit dir?

Ich finde es spannend, wie sich durch das Bogenschießen sehr schnell zeigt, was bei den Schütz*innen gerade dran ist.

  • Wie bin ich hier?
  • Was brauche ich?
  • Warum gelingt mir dieses oder jenes heute gut oder nicht so wirklich gut?

Es bewegt mich, wie schnell dies offensichtlich wird. Die Menschen können das erst mal gut nehmen. Denn es geht für den Moment nur darum: Wie mache ich es beim Bogenschießen und mit dem Bogen? Ich muss das nicht gleich mit und in meinem ganzen Leben tun.

In einer Gruppe kommen wir über das gemeinsame Aufspannen des Bogens dahin, dass jede*r so viel von sich preisgeben kann, wie es passt. Die Themen ergeben sich durch das offene Miteinander manchmal wie von selbst.

In der 1:1-Arbeit wird das viel intensiver, weil ich andere Fragen in den Raum gebe.

Oder die Person will etwas ganz anderes; kommt mit der Motivation: Ich will wirklich im Leben etwas verändern.

Erst der Bogen. Dann das Leben.

Es ist super, wenn sich das bereits vor dem Aufspannen im Bogen zeigt. Wenn sich das dann wieder ins Leben integrieren lässt, wird es stimmig und rund.

Es beeindruckt mich sehr, dass ich Menschen mit kleinen Korrekturen beim Bogenschießen darin unterstützen kann, zu gucken: Okay, wenn ich das im Bogenschießen schaffe, wie funktioniert das dann erst in meinem echten Leben?

Was für ein fantastisches Schlusswort, liebe Ute.

Ja, finde ich auch.

 

Fotocredit Nathalie Michel

Das Wissen der Vielen bringt uns nach vorn

Was ich wirklich will? Meinen Weg immer weiter gehen. Gemeinsam mit anderen.

Denn das Wissen der Vielen bringt uns nach vorn

Liebe Christiane, in deinem Leben hast du immer richtig rangeklotzt. 2022 haben wir in einer Coaching-Session als Abschluss eines Weges deine Entscheidung gefeiert, in Teilzeit zu gehen. Wo stehst du heute?

Seit dem 1. Januar 2022 arbeite ich als Demografiebeauftragte beim Kreis Stormarn in Teilzeit. Ich gehöre zur Stabsstelle Sozialraum- und Gesundheitsplanung. Dieses Thema ist so vielschichtig, und es betrifft ja nicht nur den Kreis, es betrifft auch die Kommunen. Es ist, wie es bei großen Themen ist. Man sollte anfangen, sie in kleinen Stücken zu bearbeiten. Genau das tun wir.

Hier arbeite ich bis Mittwoch. Sobald der Donnerstag da ist, stelle ich mir die Frage „Okay, was mache ich jetzt?” Bis heute habe ich mich an dieses nicht-Vollzeit-ausgelastet-sein noch immer nicht vollständig gewöhnt.

Ziel erreicht. Und was kommt jetzt?

 Ein Satz aus der Genehmigung deiner Teilzeit lautete damals, du bekämst „Bescheid bezüglich weiterer Verwendung“. Verwendung und Menschen in einem Satz. Diese Formulierung fand ich schräg. Gewöhnt man sich daran?

Das ist die totale Beamtensprache. Nein, an so was will ich mich nie gewöhnen. Das bin ich nicht. Ich bin in einer komplett anderen Energie als viele Beamten-Menschen mich herum. Und frage mich trotzdem: „Was macht das mit mir? Oder wieso bin ich jetzt in dieser Situation?

Deswegen geht mein Weg immer weiter.

Mit neu erworbener Freiheit umgehen lernen

 Das heißt, du bist auf der Suche, was du neben Demografie noch machst?

Momentan bin ich dabei, mir ein Business aufzubauen. Es geht um Nahrungsergänzungsmittel im Rahmen von Network-Marketing. Die Produkte nutze ich selbst. Bin begeistert davon, weil sie sich auf meine eigene Gesundheit so positiv gewirkt haben. Ich habe jetzt viel mehr Energie. Und arbeite daran, so wie es mir zeitlich möglich ist, und ich mich Stück für Stück mehr traue, Menschen von meiner Begeisterung zu berichten.

Die Tatsache, zu wenig zu tun zu haben, das nimmt mir viel Energie.

Manche lassen sich ins Nichtstun reinfallen und genießen das. Du stellst fest: „Ohne tätig zu sein, fehlt mir was!“

Ja, mir fehlt was. Mir fehlen die Gespräche mit Menschen. Ich brauche Austausch, Input. Verschiedene Leute, die ich miteinander vernetzen kann.

Ich war schon immer Netzwerkerin. Ich kann und will nicht ohne andere. Wenn ich selbst nach vorn kommen will, überlege ich immer: „Wie nehme ich die anderen mit? Wie bringe ich die auch dahin?

Was ich überhaupt nicht mehr will in meinem Leben ist Kampf, ist Konkurrenz. Das finde ich bei meinem Network-Marketing echt gut. Wir unterstützen uns gegenseitig.

Kommen wir auf den Start unserer Zusammenarbeit. Im Juli 2011 lautete der Auftrag „Ich will mich gerade machen gegenüber meiner Führungskraft.” Du erinnerst dich?

Irgendwann ist Schluss. Ich lerne akzeptieren.Ja, es hatte eine Situation gegeben, die zu einem Vertrauensverlust führte, und einem Gefühl, innerlich gekündigt zu haben. Das habe ich auch körperlich gespürt.

Das Coaching hat tatsächlich einen Prozess gestartet. Bereits nach dem ersten Termin mit dir konnte ich einen Satz ganz klar aussprechen: „Ich möchte nicht, dass das jemals wieder passiert!

Was lange währt

Ein Jahr lang habe ich dann intensiv an mir gearbeitet. Aber den Satz noch immer nicht außerhalb unseres geschützten Rahmens gegenüber meiner Führungskraft ausgesprochen.

Dann kam der Moment, in dem ich wusste: „Ich muss dieses Gespräch JETZT führen. Sonst fühle ich mich weiterhin wie festgenagelt.“

Da habe ich meine Führungskraft daran erinnert, dass sie mir ein Gespräch angeboten hatte. Sie guckt mich an und sagt: „Wie? Das ist jetzt ein Jahr her.“ Meine Erwiderung: „Das macht nichts. JETZT bin ich soweit.“ Als sie meinte, diese und nächste Woche hätte sie nicht so viel Zeit, musste ich lachen: „Es hat ein Jahr gedauert, dann hat es noch zwei Wochen Zeit.

Auf dieses Gespräch, hatte ich mich gut vorbereitet. Und es war auch noch mal wie ein Zeichen. „ICH habe das Gespräch geführt“. ICH habe es in der Hand.

Schnell denken, schnell handeln. Das kann nicht jeder.

Dieser lange Weg war ungewöhnlich.

Denn eigentlich zieht sich durch mein Leben, dass ich immer wieder mit Menschen zu tun habe, mit denen mir der Umgang schwerfällt, weil Dinge mir nicht schnell genug gehen. Doch ich habe gelernt, das zu akzeptieren. Dieses Akzeptieren ist nicht immer einfach, doch es ist jetzt wie es ist.

Ich weiß sehr viel, ich kann sehr viel und ich bin super schnell. Dadurch werden manche Sachen für mich schnell langweilig. Ich denke mir: „Nochmal das Gleiche? Toll. Danke, kann ich schon.“ Oder – natürlich nur still und heimlich: „Alter, komm in die Hufe.“,

Bei meinem Arbeitgeber gibt es zum Beispiel ein Projekt zur Modernisierung der Verwaltung. Da geht man immer noch mit alten Vorgehensweisen ran. Meine Idee ist, sich mal mit einer Art Assessment Center die Mitarbeitenden genauer anzuschauen und sie dann nach ihren Stärken so einzusetzen, dass sie effizienter sind und sich gleichzeitig wohler fühlen. Das löst unser Personalproblem und ist für MICH total logisch.

Doch sobald ich das anspreche, höre ich nur:“ Nein, Frau Clobes, ist klar. Das Geld haben wir ja gar nicht.“ Aus meiner Sicht ist das viel zu klein gedacht. Ich will Lösungen, und damit stehe ich in der Verwaltung manchmal allein da.

Ende 2016 hast du gesagt „Ich kenne jetzt mein Wozu! Ich bin dazu da, die Verwaltung zu verändern. Viele Begabungen, schneller Kopf. Das Leben hat mich in die Verwaltung geschickt, weil da unkonventionelle Denker gebraucht werden. Sonst kann sie nicht verändert werden.“

Wir haben Ende 2024. Wie siehst du heute deine Chance, die Verwaltung zu verändern?

Nein, das kann ich offensichtlich nicht. Ich habe verstanden warum. Ich bin zu schnell. Auch in meinem Job als IT-Vorständin war ich anderen total voraus.

Das Wissen der Vielen bringt uns nach vorne.

Ich habe schon damals gesagt: „Das Wissen der Vielen bringt uns nach vorne, bringt uns weiter.“ Das ist meine tiefste Überzeugung. Mit dieser Überzeugung habe ich mich damals abgekämpft an Menschen, die es gewöhnt waren, zu sagen: „Ich sitze oben, du sitzt unten und deshalb bin ich es, der entscheidet.

Meine Versuche, mit viel mehr Partizipation zu arbeiten wurden mir als Schwäche ausgelegt. Sie dachten: „Die kann nicht führen, so wie wir das tun! Die kann nicht entscheiden, wie wir. Die muss falsch sein!

Dabei hatte ich nur einen komplett anderen Ansatz. Für den ich in der Hierarchie keine Offenheit gewinnen konnte. Ich habe gelernt zu akzeptieren: Wenn sie das nicht nutzen, dann ist das so.

Natürlich frage ich mich: Was hat das mit mir zu tun? Warum nutzen sie das nicht? Doch ich muss nicht mehr die Welt retten.

Gleichzeitig denke ich mittlerweile auch mehr an mich und will herausfinden:

  • Was tue ich für mich?
  • Wo finde ich tatsächlich noch was anderes, wo ich meine Stärken sinnvoller einsetzen kann?

Damals bin ich tatsächlich von meinem Wozu überzeugt gewesen. Heute gehe ich meinen Weg weiter.

Was willst du heute?

Ich will ganz viel Kommunikation, Austausch, neue Ideen, andere Menschen.

Meine Stärke: ein Miteinander leben.

An welchen Job in deiner Karriere erinnerst du dich wirklich gern?

In Wittenburg habe ich als Hauptamtsleiterin – und damit für Kultur Verantwortliche – von 1997 bis 2000 Veranstaltungen organisiert. Vom Neujahrsempfang bis zum Weihnachtsmarkt. Dort habe ich Menschen miteinander verbunden. Sie kannten es nicht, übergreifend etwas miteinander zu gestalten. Es gab Verein A, Verein B und C – alle nebeneinander. Es hat mich sehr bewegt, als mir jemand sagte: „Christiane, du hast uns gelehrt, miteinander einfach mal zu machen.

Meine Güte, wenn ich überlege… Ich war 34, als ich da weggegangen bin, noch ein ganz junger Mensch mit viel Verantwortung. Es hat wirklich Spaß gemacht, die Resonanz zu spüren. Dieses Miteinander in Bewegung zu bringen, das habe ich nicht geplant, es nicht „hergestellt“. Das habe ich einfach gelebt.

Leider war es für mich in dem Alter keine Perspektive in dieser 5.500-Einwohner-Kleinstadt zu bleiben. Ich dachte: „Da muss jetzt wieder etwas Neues kommen.

Doch wenn gilt, dass wir unser die Geschichte unseres Lebens immer erst rückwärts verstehen, dann war das der geilste Job, den ich jemals hatte.

Heute würde man dich eine Community-Builderin oder Community-Managerin nennen.

Ja, das macht es aus. Das finde ich heute noch gut.

Gleichzeitig wurde es dir spätestens ab 2014 in deiner Vorstandsposition wichtig, abschalten zu lernen. Du meintest: „Ich bin es mir selbst schuldig, in meiner Kraft zu bleiben und gleichzeitig meinen hohen Anspruch zu leben.“

 Welcher rote Faden hat dich durch die vielen Stationen deines beruflichen Weges geführt?

In meiner Kraft bleiben

Was sich durchzog war der Eindruck „Ich darf immer die Welt retten.“

In einer meiner Stationen hat man mich mit den Worten „Sie müssen uns aus der Kita-Katastrophe retten!“ begrüßt.

„Katastrophe“ meinte zu wenige Kita-Plätze?

Ich bin mit diesem Wort sehr vorsichtig. Ich finde, das ist keine Katastrophe. Da gibt es ganz andere. Also habe ich strukturiert, gemacht, getan. Wir haben alles sauber aufgesetzt und die Kitas auf eine vernünftige Basis gestellt.

Danach galt es bei einem Kommunalen IT-Dienstleister das Chaos zu lichten. Zu Beginn meiner Vorstandszeit mussten wir uns erst einmal finden und Strukturen aufsetzen. Ich habe es geschafft, die richtigen Leute einzustellen. Das ist ja auch nicht leicht. Wenn ich jemanden haben will, auch wenn die anderen den nicht haben wollen, dann gibt es einen Grund, und dann nehme ich die Person auch. Und wenn ich das Gefühl habe, jemand passt nicht ins Team, dann passt er nicht ins Team. Das lasse ich mir von keinem ausreden.

Die Kuh muss vom Eis. Egal wie sie dorthin gekommen ist.

Dann kam die Champions League Corona. Hier bin ich mit Sicherheit die richtige Person an der richtigen Stelle gewesen. Ich hatte den Mut und war vertraut damit, jeden Tag was Neues auf dem Tisch zu haben, dem dann sofort zu begegnen ist. Wo kein Gejammer galt, sondern einfach „Hands-on, go-for-it!“

Wenn es heißt: „Sieh zu, dass wir die Kuh vom Eis kriegen“, frage ich nicht lange, wie sie da hingekommen ist. Ich hole sie erstmal runter und sorge dann dafür, dass sie kein zweites Mal raufläuft.

Da hat mir tatsächlich auch sehr geholfen, dass ich meinen jetzigen Chefchef schon kannte. Er war meine Führungskraft an anderer Stelle gewesen. Wir wussten, dass wir uns aufeinander verlassen können. Er vertraute mir. Wenn ich sage: „Ich brauche das jetzt!“ dann ist das keine Option. Dann brauche ich das wirklich.

Deshalb heißt „In meiner Kraft bleiben“ auch, mich neben die Situation zu stellen und zu sagen: „Jetzt geht es darum, die Situation zu lösen! Und nicht um mich!” Ich mag Master of Desaster sein, aber ich bin nicht das Zentrum der Welt.

Diese Klarheit, dass es um die Sache geht, hat meiner Reputation in der Kreisverwaltung gutgetan.

An den Stellen, an denen ich gearbeitet habe, war ich schon sehr wirksam. Wenn ich daran denke, dass den Vorstandsjob, den ich damals allein gemacht habe, mittlerweile vier Leute machen… Ist schon irre. Lassen wir das mal so stehen

Es gab mehrere Etappen deines Weges, auf denen wir zusammengearbeitet haben. Welches waren die Momente, in denen du dachtest: Jetzt ruf ich Katrin an?

Coaching als Klärung für den Kopf

2011 in B war es das erste Mal, als wäre eine Welt über mir zusammengebrochen. Eine sehr schwierige Situation, mit der ich nicht gut umgehen konnte. Den Ausschlag gegeben hat deine Arbeit mit Wingwave. Den Ansatz, Kopf und Körper zu verbinden, fand ich spannend. Und ich hatte Vertrauen zu dir.

Das nächste Mal war es im IT-Job. Im Grunde immer dann, wenn ich dachte, ich brauche wieder eine Klärung für meinen Kopf. Ich brauche eine Externe, die mit mir auf der aktuellen Situation herumdenkt. Jemand, der mich wieder zu mir zurückführt. Auf einer professionellen Ebene.

Klar, kann ich mich mit einer Freundin drüber unterhalten, oder meinem Mann. Da bekomme ich gute Ratschläge. Doch ich wollte keinen Ratschlag, ich wollte Reflektion.

Coaching ist Reflektion. Kein Ratschlag

Das Schöne ist ja: Dadurch, dass wir schon so lange zusammenarbeiten – und ich würde immer wieder gerne mit dir zusammenarbeiten Katrin – also dadurch hast du auch die Chance zu sagen: „Wie bitte? Das hast du mir vor drei Jahren schon mal erzählt. Wie wär’s, wenn du jetzt weitergehst?“ Oder du hast wertschätzend gesagt: „Das finde ich jetzt gut, dass du da weitergekommen bist.

Ich hatte zum Beispiel irgendwann EFT gelernt, auch sehr wertvoll. Aber es ist wichtig, mich daran zu erinnern, was ich alles schon an Bord habe, und nicht immer wieder von vorn anzufangen. Mittlerweile klappt es besser. Ich erinnere mich schneller.

Jeden Morgen bin ich dankbar für meine persönliche Entwicklung. Was ich heute alles für mich tue, wie ich Dinge reflektiere. Wie ich aufhöre, Dinge zu bewerten. Ich kann sie einfach anerkennen. Nie hätte ich geglaubt, dass ich Yoga mache, meditiere…[sie lacht herzlich]

Christiane, was erzeugt gerade diese Heiterkeit?

Ich kann tatsächlich gut über mich lachen. Ich freue mich darüber, was ich heute alles kann und denke: „Meine Güte, warst du ignorant.“ Hätte mir jemand vor 15 Jahren gesagt, der Tag fängt nicht an, ohne dass ich meditiere, den hätte ich angeguckt und gesagt: „Warte, darf ich dir kurz deinen Puls fühlen?

Du hast neulich einen Post von Greta Silver geteilt. Ihre Botschaft: Sei bereit zu wachsen! Bist du bereit?

Ja klar möchte ich wachsen. Mein Weg geht immer weiter.

Wenn du selbst einem jungen Menschen für den Weg durchs Leben einen Rat geben würdest, wäre es …?

Ganz klar die Empfehlung „Folge deinem Herzen. Höre auf dein Bauchgefühl, glaube deiner Intuition. Dein Kopf kann das nicht.”
Wie heißt es so schön? Folge deinem Herzen, das war schon da, ist, als es deinen Kopf noch nicht gab.

 

 

Wenn du im Netz eine Coach suchen würdest, die arbeitet wie ich, was gibst du in die Suchzeile ein?

Coach mit Herz.

Oh, jetzt haben wir beide feuchte Augen.

Daran hatte ich nicht gedacht, dass ich mit dir immer so ein bisschen heule.

Ist das schlimm, mit mir zu heulen?

Nein, gar nicht. Das ist gut. Das zeichnet uns aus, Katrin. Ich bin da ganz fein mit. Es steht für das Vertrauen zwischen uns.

Danke Christiane. Das ist genau das, was ich sein, wie ich arbeiten will. Es gibt viele schlaue Coaches, smarte. Klar, kann ich auch. Doch es ist mir nicht mehr so wichtig. Das Herz ist mir das Wichtigste.

Ja, unsere Werte verändern sich. Früher habe ich es zum Beispiel sehr genossen, wenn wir stilvoll ins renommierte Hamburger Atlantik zum Essen gegangen sind. Das fand ich toll. Das war was.

Heute ist es mir lieber, ich werde herzlich begrüßt. Klar, sauber soll der Tisch schon sein 😉. Doch es ist mir wichtiger, dass ich eine Verbindung zu dem Ort habe, an dem ich bin. Zu den Menschen. Das andere ist schön. Ich kann es mir leisten, wenn ich will, doch es ist nicht das Gleiche.

Das zu erleben war auch ein Prozess.

Da ist ganz viel inneres Wachstum. Welche Gedanken hast du für dein Wachstum im Außen: Gibt es eine Sehnsucht? Eine Idee, einen Wunsch?

Community Talent trifft Gastgeberinnen-Gen

Mein mega, mega, mega Traum ist immer noch: Ich hätte gern den Place to Be. Ein Ort, an dem sich Menschen begegnen können.

Keine Gaststätte, einfach der Place to Be, an den man hingehen kann und sein, wie man ist. Ich komme mit den Leuten ins Gespräch, weil ich sie alle kenne, weil sie sich wohlfühlen, einfach zu sein wie sie sind. Mit meiner ganz speziellen Mischung aus Offenheit und Lebenserfahrung kann ich meinen Gästen – wenn sie es möchten – mit wertvollen Impulsen persönlich weiterhelfen.

Es wäre ein Raum mit mehreren Tafeln, an denen Menschen ihre Plätze buchen können. Natürlich gibt es guten Kaffee und eine Kleinigkeit zu essen. Du und ich würden uns da verabreden, haben zwei Plätze gebucht. Links neben uns sitzt vielleicht ein Punker mit seiner Freundin, rechts sitzt irgendein Politiker, keine Ahnung wer auch immer. Und man kommt so crossover ins Gespräch.

Diesen Raum will ich selbst gestalten. My place to be. Ja, das ist ein großes Herzensprojekt. Und ich bin sehr dankbar, dass ich mir immer bewusster werde. Das finde ich total schön.

Für eine gute gemeinsame Zukunft ist noch viel zu tun. Wir müssen alle miteinander denken: Was kannst du? Was kann ich? Wo können wir das, was wir mitbringen, zielführend und gut für andere einsetzen, damit wir alle weiterkommen auf dieser Welt. Und nicht nur Einzelne.

Was hältst du von dem Gedanken, dass Frieden immer in mir selbst beginnt?

Der gilt für mich ganz genau so. Wie heißt das so schön: „Zum Frieden braucht es genau eine Person. Und die wäschst du jeden Morgen.“

FotoCredit: Elfriede Liebenow

Kommunikation: mein Schlüssel zur Freiheit

Silke, du bist im Februar 2022 durch eine Empfehlung zu mir gekommen. Meine ersten Notizen: „Assistentin der GF, ertrinkt in Arbeit, Bandscheibenvorfall, Tinnitus, sehr schwierige Gesprächssituationen im Office…“

Seit 2024 bist du selbständig als Virtuelle Assistentin. Was für eine Reise.

Für welche Herausforderung hast du mich damals als Coach gebucht?

An die Zeit damals kann ich mich sehr gut erinnern. Mein Körper sprach eine deutliche Sprache. Dabei machte es mir im Büro doch eigentlich Spaß. Aber mir war klar, dass es so nicht weitergehen kann. Ich wollte lernen, meine Grenzen besser zu wahren. Ich konnte gar nicht für mich sprechen.

Mein Motto war: „Hauptsache allen anderen geht es gut“.

Deshalb mein Ziel: „Meine persönlichen Grenzen definieren, kommunizieren und wahren. Entspannt und gelassen zu dem stehen, was mir wichtig ist.“

Du hast mal gesagt “Kakteen gedeihen nicht in der Antarktis”. Was heißt das?

Ich war einfach in der falschen Umgebung.

Deshalb wollte ich genau hinschauen: Wer bin ich eigentlich? Wie fühle ich mich? Ich wollte endlich sagen können: „Ja, genau so bin ich. So bleibe ich. So bin ich völlig in Ordnung. Ich bin ich genauso viel wert wie alle anderen auch.

Es gab einen Moment, in dem ich feststellen musste, dass die aktuelle Job-Umgebung nicht mehr meiner eigenen Energie entspricht. Da war ich bereit, mich auf die Reise zu machen.

Der Schlüssel “Die sein, die ich wirklich bin”

Ich wollte herausfinden, wie ich dorthin komme, wo meine eigene Energie genau hinpasst. Wo ich die sein darf, die ich bin, weil ich genau richtig bin. Zu diesem Raum hat mich das StoryCoaching herangeführt.

Gab es einen bestimmten Augenblick, in dem du deine Entscheidung für unsere Zusammenarbeit getroffen hast?

Schon bei unserem ersten Gespräch sagte mein Bauchgefühl: „Das passt mit uns“.

Der endgültige Moment war, als du – die im Business- Coaching-Bereich unterwegs bist – plötzlich die Karten rausgezogen hast und wir begonnen haben, so ganz intuitiv zu arbeiten. Das war diese Mischung, wo ich dachte: „Ja, das ist meins.“

Ich erinnere mich noch genau an eine Karte, die zweimal auftauchte: „Die Friedensbewahrerin“. Die bewegt mich immer noch. Da sind immer noch Dimensionen offen, die ich mir erschließen kann.

Friedensbewahrerin aus kartendeck Engel und Ahnen von Kyle Gray - Illustration Lilly Moses

Kartenset Kyle Gray | Lilly Moses

Frieden hat immer zwei Seiten

Einerseits ist es die, die den Frieden bringt. Das habe ich oft gemerkt, wie sich um mich herum diese Ruhe ausbreitet, weil ich eine Lösung suche für alle Seiten. Und zum Wohle aller.

Andererseits geht es da auch um den Preis dieses Friedens. Lange Zeit war ich die Einzige, die draufgezahlt hat.

 

Eine Nachbarin meinte: „Du bist schon die, die den Frieden bringt. Aber zuerst reißt du alles ein, wie eine Urgewalt. Du walzt alles nieder, und daraus entsteht dann ein neuer Frieden. Das muss einer erstmal verkraften können. Doch wenn man sich entscheidet, diesen Weg weiterzugehen, merkt man, dass es wirklich friedlich wird.“

Katrin, das bringt die Aufgabe, die ich dir gestellt habe, auf den Punkt: „Hilf mir, mit dieser Energie, die ich heute kaum kontrollieren kann, die alles einreißen will, umzugehen. Wie kann ich diese Kraft besser nutzen, um das, was danach kommt, besser zu gestalten? Frieden zu schaffen. Innen und außen.

Gewaltige Energie friedlich nutzen

Mittlerweile weiß ich um diese Energie. Doch ich kann mich in eine Gelassenheit zurücklehnen, die auch mein Umfeld mir widerspiegelt: „Hey, wenn du sagst „Wir machen das nicht mehr, dann ist es auch in Ordnung“.

Inhaltlich arbeite ich heute an den gleichen Aufgaben wie vor zwei Jahren. Trotzdem ist es komplett anders.

Wir haben im Coaching erlebt, dass eine scharfe Trennung zwischen Business- und LifeCoaching überhaupt keinen Sinn macht…

Stimmt, das Thema Grenzen hat sich durch alles durchgezogen. Ich kenne es nicht nur im beruflichen Umfeld, sondern auch aus meiner Herkunftsfamilie. Ich wollte meinen Platz finden.

Wie hast du als “Urgewalt” deinen Platz gefunden?

Ich erlebe es überall. Du kannst in deiner Energie sein. Doch so lange du nicht in einem Feld bist, wo du gut hin passt, kommst du dir vor wie so ein Dum-Dum-Geschoss. (Anmerkung *Dum-Dum-Geschosse fügen dem Getroffenen schwerste Verletzungen zu und sind im Kriegseinsatz verboten  Quelle).

Deshalb war ich auf der Suche nach „meinem Feld“ – einem Raum, der meinem Sein entspricht. In dem alles leichter wird.

Dabei hast du mir mit deinem strukturierten Auseinanderdröseln meiner eigenen und fremder Kommunikationsmuster sehr geholfen. Du wolltest immer wieder wissen: Was steckt dahinter? Woran ich immer denke ist der Polarstern.

Der Polarstern leuchtet den Weg

Polarstern vor nachtblauem Himmel Orientierung im Konflikt

 

Mit dieser Frage: „Wo willst du wirklich hin?“ gelingt es mir, gerade in heißen Diskussionen über das eigentliche Problem hinweg zu blicken.

Ich kann mich auf mein eigentliches Ziel zu fokussieren, und so den anderen abholen: „Schau, wir beißen uns jetzt nicht hier in dem Moment fest. Wir wollen doch eigentlich genau dort hin.“

Inzwischen führe ich Gespräche mit klaren Ich-Botschaften: „Du, das kommt bei mir so nicht an!“ Wenn der Gegenüber dann sagt „Naja, das war ja auch für mich gemeint.“, kann ich ganz ruhig erwidern: „Du, dann darf das auch bei dir bleiben!

Wir haben ganz konkrete Gesprächssituationen am Online-Whiteboard auseinander gedröselt. Dadurch bin ich viel klarer geworden.

Einen Schritt zurücktreten, den ganzen Kommunikations-Wust nüchtern anschauen, und das Geschehen aus einer neutralen Position betrachten, das hat mir so geholfen. Ich habe entdeckt: „Ach, so kann ich das auch sagen.“

Ich habe heute den Mut, zu mir zu stehen.

Zum Mut gehört die Fähigkeit, zu mir zu stehen

Unser Auftrag war: „Gelassen zu mir stehen, und dem, was mir wichtig ist.“ Wie erlebst du das heute? Wie erleben es andere, wenn du klar zu dir stehst?

Ein paar Schlüsselmomente:

Eine meine ersten Kundinnen buchte mich als Urlaubsvertretung. Ich war so happy und dankbar, zu Beginn meiner Selbständigkeit Aufträge bekommen zu haben. Die Zusammenarbeit erwies sich für mich als nicht sehr erfüllend. Für sie schon. Sie hätte mich gern weiterbeschäftigt. Trotzdem habe ich ihr in einer freundlichen Mail die Zusammenarbeit aufgekündigt. In mir war dieses klare „Nein, so möchte ich keine Zusammenarbeit haben“.

Als Existenzgründerin in den ersten Monaten einer Kundin zu kündigen? Volles Risiko und Mut, zu sich zu stehen? Ja, das war definitiv die richtige Entscheidung. Einige Wochen später war ich komplett ausgebucht mit meinen absoluten Herzenskunden.

Auch im privaten Bereich gab es Momente, in denen ich früher um des lieben Friedens willen eingeknickt wäre. Es fällt mir um einiges leichter, freundlich eine Grenze zu ziehen und „Nein“ zu sagen und dann das folgende Unbehagen auszuhalten.

“Bis hier her und nicht weiter”, heißt Energie kontrollieren. Nie mehr unterdrücken

Diese unkontrollierte Energie – weswegen ich zu dir gekommen bin, um zu lernen, sie zu kontrollieren – heute unterdrücke ich sie nicht mehr. Jetzt sage ich: „Bis hierher, und nicht weiter!“  Damit lasse ich sie raus, und sie verwandelt sich in etwas, das beiden Seiten nutzt.

“Was raus muss, muss raus” – der Schlüssel dazu: der richtige Ton

Ja, ich arbeite noch ein bisschen am Feinschliff meiner Tonlage. Doch es ist erst mal raus: „Okay, Freund, das war jetzt meine Meinung. Über das WIE können wir noch sprechen. Aber nicht über das, WAS ich dir sagen wollte. Es entspricht meiner Wahrheit, und mit der musst du jetzt umgehen.“

So bin ich mittlerweile unterwegs.

Auch das diplomatische Nein gelingt mir mittlerweile ganz gut. Ich wusste gar nicht, in wie vielen Varianten ich „Nein“ sagen kann. Und dass ich das immer wieder sagen darf. Heute klappt das ganz entspannt mit „Ja, muss ich, kann ich, will ich aber nicht.“ Ist Übungssache.

[Du willst auch leichter Nein sagen? TIPP: Starte mit einem Selbstcheck für dich.]

Der richtige Impuls bewegt das ganze System

Es scheint, als wäre das ganze System durch deine Veränderung in eine neue Qualität gewachsen.

In der Familie war es die ältere Schwester, die früher von sich sagte, sie sei ja „nur“ ein Mädchen. Der jüngere Bruder war viele Jahre der Chef im Ring… Und jetzt dieser winzige Impuls damit zu experimentieren, was passiert, wenn ich dieses „nur“ aus meinem Wortschatz streiche.

Dadurch hat sich tatsächlich viel geändert. Die alten Rollen sind nicht mehr so zementiert. Ich bin tatsächlich wieder die Erstgeborene. Klar hat er komisch geguckt, als ich ihn meinen „kleinen“ Bruder nannte. Er ist schließlich einen Kopf größer als ich. Doch ich habe meinen Platz als die Ältere im Familiensystem wieder eingenommen und die alte Rollenzuschreibung „Mädchen sind still und dienen“ abgestreift.

Gleichzeitig habe ich meine Grenzen neu definiert. Das merkt meine ganze Familie.

Deine beruflichen Veränderungen: 2022 warst du angestellte Assistentin der Geschäftsleitung. Heute 2024 bist du selbständig als Virtuelle Assistentin. Erzähl von deinem Weg.

“Dem Gehenden schiebt sich der Weg unter die Füsse”

Im Februar 2024 war mein Startschuss als Selbständige. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich tatsächlich schon meine erste Kundin. Im April war ich ausgebucht. Im Mai habe ich eine Kundin gekündigt, weil wir nicht zusammenpassten. Im Oktober meine erste Mitarbeiterin auf Minijob-Basis eingestellt.

Irgendwann dachte ich: „Ja, wenn man seinen Weg geht…“. Das erinnerte mich an den Spruch von Martin Walser.

Der Mut, diesen Satz wahrwerden zu lassen; das war die größte Hürde. In dieses Vertrauen zu gehen, dass wenn ich jetzt losmarschiere, sich der Rest ergibt.

Gratulation. Seit 2022 sind erst zwei Jahre vergangen. Das ist rasant.

Das erste halbe Jahr der Transformation war nicht ganz so einfach. 2023 war ich lange krankgeschrieben. Ich musste erst einmal raus aus dem Alten, zur Ruhe kommen, die Dinge tun, die mir guttaten. Das klingt leichter, als es war. Ich war so erschöpft. Einkaufen war schon Königsdisziplin.

Dankbar für die Zeit, die ich mir geschenkt habe

Ich bin mir selbst dankbar, dass ich mir diese Zeit gelassen habe. Meinem Umfeld bin ich dankbar, dass sie mir keinen Druck gemacht haben. Jeder hat irgendwie gespürt: „Die geht jetzt ihren Weg und den lassen wir sie so gehen, wie sie möchte.“

Als ich das erste Mal bei der Agentur für Arbeit war, hatte ich eine tolle Sachbearbeiterin. Ich habe über den Gutschein das Gründungscoaching machen können. Und der Antrag auf Gründungszuschuss war erfolgreich. Ohne den hätte ich nicht in die Selbstständigkeit gehen können. Alleinerziehend mit Kind wäre das finanziell nicht möglich gewesen.

Dankbarkeit als Lebensgefühl

Dieser Rückenwind war eine mega Unterstützung. Mit dieser Freiheit kam eins zum anderen. Die erste Kundin, die zweite Kundin. Der Lebenspartner der ersten Kundin mitsamt Firma. Da bin ich jetzt Head of Finance. Die sind alle Anfang 30, ich bin echt die „Seniorin“ unter ihnen. Aber das ist so ein so herzliches Miteinander.

Das sind Momente, in denen ich immer wieder denke: „Boah, Dankbarkeit das trifft’s“. Dieses Gefühl ist mir immer präsent.

Silke, welchen Tipp gibst du Frauen, wenn nicht alles so schnell geht, wie man es sich wünscht?

Aushalten. Ja, aushalten.

Aushalten heißt was?

Die Situation aushalten. Dem Druck von außen standhalten.

Wie gelingt dir das?

Vertrauen wagen. Gegen Durststrecken und Enttäuschungen

Nicht in Panik verfallen, immer wieder ins Vertrauen gehen.

Mich erst mal fragen: “Ist der Weg der Richtige?” Und wenn das Gefühl sagt: „Ja, ich will …“, dann dem Weg folgen.

Vertrauen auch für die Momente, in denen ein Kunde anfragt, sich dann aber nicht mehr meldet.

Letzte Woche habe ich mit einem potentiellen Neukunden gesprochen; hatte ein tolles Gefühl dabei. Du denkst dir: „Okay, super, das passt.“ und dann kommt nichts mehr. Nicht mal eine Absage. Das ist enttäuschend, doch ich denke mir dann „Okay, ist so. Ich kann mich anderweitig beschäftigen. An Arbeit mangelt es mir nicht.“

Ganz überraschend ruft mich dann heute Morgen jemand an, der auf der Suche nach einer VA ist.

Ja, das muss du aushalten können, das geht nur mit diesem Vertrauen.

Wissen warum. Und das auch spüren können.

Zum Vertrauen gehört für mich auch zu klären: „Warum mache ich das, was ich tue?“ Das war im letzten Jahr auch so ein Schlüsselmoment für mich. Als ich mir mein „Warum“ klar gemacht habe, sind mir die Tränen gekommen. Es kam so tief aus meinem Inneren.

Verrätst du uns, was dein Warum ist?

Ein freieres Leben.

Also dieses Selbst und Ständig, das habe ich bis jetzt noch keine Sekunde gespürt. Das ist eher dieses „Selbstständig-Ich“. Ich habe die Freiheit und auch die Pflicht, meine Entscheidungen selbst zu treffen.

Und als ich letzte Woche gemerkt habe: „Hey, du stellst jetzt gerade jemanden ein, du bist wieder Chefin“ war das ein klares „Ja“ dazu. Vielleicht sitze ich auch mal zehn Stunden hier. Aber Ja, es ist MEINE Entscheidung. Ich bin nicht mehr von irgend jemandem abhängig.

Jetzt ist dieser Kaktus wieder da, wo er hingehört.

So also fühlt es sich an, wenn es richtig ist. Für mich richtig.

Silke, du hast für deinen Weg gekämpft, ich erinnere mich an eine große innere Hürde im Spätherbst 2022. 

Ich wurde Zeugin, wie du in ein altes Muster zurück gekracht bist. Man hatte dir im Job eine Karotte vor die Nase gehalten. Dein schlauer Körper hatte lange verstanden, dass das nur eine Finte war und rebellierte wieder. Doch du warst wie erstarrt. Da habe ich in meine Filmkiste gegriffen, die ich als StoryCoach gern nutze. Erinnerst du dich?

Oh ja. Du meintest, ich würde mich zum Spielball machen.

Ich dachte, „Okay, als Coach lehnst du dich jetzt ganz schön weit aus dem Fenster.“ Bis zu diesem Zeitpunkt warst du immer neutral geblieben, hast mich die Antworten finden lassen. Das war das erste Mal, dass du deine Meinung so deutlich kundgetan hast. Du hast es auf den Punkt gebracht und deutlich Position bezogen.

Doch genau das hat mir in dem Moment über die Hürde geholfen. Da warst du mein Polarstern, weil du ausgesprochen hast, was ich in diesem ganzen Tohuwabohu nicht mehr sehen konnte.

Dann habe dir erzählt, dass ich die Kündigung eigentlich schon geschrieben hatte.
Von dir kam: „Du hast dich also entschieden?“.

Ja, und es hat sich genau richtig angefühlt. Am dritten Arbeitstag 2023 war dann exakt der richtige Zeitpunkt für mich, zu kündigen. Ich bin gegangen und habe nicht ein einziges Mal zurückgeschaut.

Was gibst du in eine Browser-Zeile ein, um eine Coach wie mich zu finden?

Kommunikationstrainerin.

Weshalb gerade das?

Kommunikation ist der Schlüssel von allem

Weil Kommunikation der Schlüssel von allem ist. Du zeigst das Verborgene, was in der Kommunikation noch stattfindet. Das, was dahintersteckt. Du hast mich gelehrt, hinter die Kulissen zu schauen. Und mir das Werkzeug an die Hand gegeben, das es braucht, um selbständig dahinter gucken zu können.

Wem würdest du empfehlen, mit mir zu arbeiten? Wer sollte es besser lassen?

Also wenn jemand keine direkten, klaren Fragen möchte, nicht durch bisschen Provokation aus der Reserve gelockt werden möchte, wer lieber in seiner Hängematte bleibt, der soll nicht zu dir kommen.

Doch wer durch ganz klare fundierte Analyse der Situation „Was ist vorhanden?“, „Wo möchtest du hin?“ und „Was fehlt noch?“ geführt werden will, der ist bei dir genau richtig.

Dein neues Leben als Selbstständige Virtuelle Assistentin. Auf deiner Webseite steht: „Vertrauen, Abgeben, Freiräume schaffen.Was bedeutet das für dein Leben als Dienstleisterin? Was für die Menschen, mit denen du arbeitest?

Eine Kundin hat mir geschrieben, sie hätte seit ihrer Zusammenarbeit mit mir 6.000 Euro mehr Umsatz. Weil ich ihr das genau das abnehme, was sie so ungern macht und sie sich dafür auf ihre Kernkompetenz konzentrieren kann.

Also jede macht das, was sie am besten kann. Dann ist jede in ihrer Energie. Statt sich z.B. mit dem Steuerberater herumzuärgern, konzentriert sie sich auf ihre Stärken. Ich bekomme eine kurze Info und ich kümmere mich. Neulich sagte sie zu mir: „Wenn man dir etwas gibt, dann weiß man, dass es zu 120% erledigt ist. Und zwar in meinem Sinn.“ Sie meinte, es sein ein absoluter Geniestreich gewesen, mich zu engagieren.

Silke kümmert sich! Brauchst du auch eine Silke?

Eine andere Kundin hat zum ersten Mal wieder zwei Wochen wirklich Urlaub mit ihrer Familie machen können, weil sie genau wusste, das läuft daheim. „Silke kümmert sich“ – genau dieses Feedback kommt oft.

Das Schärfste war eine Anfrage über Linkedin: „Ich habe die Empfehlung von X bekommen, die meinte, ich brauche jetzt auch eine Silke“. 😊

Deshalb Danke Katrin für

  • dein Mut machen,
  • dein hinter-dem Ofen hervorziehen,
  • dein Wachrütteln.

Ohne dich wäre ich nicht da, wo ich heute bin.

StoryCoaching schenkt die Fähigkeit, mit den eigenen Flügeln zu fliegen

Hast du dir 2022 vorstellen können, dich so schnell selbstständig zu machen?

Nein. Nein, nicht wirklich. Aber es war genau der richtige Zeitpunkt.

Klar, im Rückblick denke ich, hätte ich es vielleicht drei, vier Jahre früher machen können… Aber alles hat seine Zeit. Als würde eine Raupe, die sich im Kokon verpuppt hat, und eigentlich längst reif zum Schlüpfen ist, noch auf den richtigen Zeitpunkt warten.

Du hast gesehen, was schon da war, hast mir Auftrieb gegeben und geholfen, Vertrauen zu finden. Vertrauen in die Fähigkeit meiner eigenen Flügel zu fliegen.

Das strukturierte Ergründen, was ich mit Kommunikation erreichen kann, hilft mir noch heute, schwierige Gespräche zu führen. Denn die hat man als Virtuelle Assistentin häufiger. Im Auftrag seines Kunden unterwegs zu sein, heißt nicht immer eitel Sonnenschein.

Hat ein Kunde einen Steuerberater, mit dem ich zu tun habe, dann kann es sein, dass der Steuerberater und ich niemals beste Freunde werden. Doch das müssen wir auch nicht. Ich kann

  • ihn dort stehen lassen, wo er ist,
  • eine Kommunikationsebene anpeilen, die uns beiden dient.
  • in Mails emotionale Spitzen überlesen, mit denen ich gar nicht gemeint bin.
  • unterscheiden, ob da auf der anderen Seite alter Groll ist, der nichts mit mir zu tun hat. Wenn es nötig ist, spreche ich das ganz klar an.

Ich darf, wenn es nicht respektvoll läuft, den Kunden auch abgeben. Neulich fragte mich jemand: „Ja willst du mir drohen?“
Nein, das will ich nicht. Doch es gibt Dinge, die will, die brauche ich nicht mehr. Mit alten Geschichten, die mir nichts bringen, bin ich durch.

Genau das bedeutet für mich Freiheit. Gelassen zu dem stehen, was mir wichtig ist. Persönliche Grenzen setzen und wahren.

Deshalb ist Kommunikation mein Schlüssel zur Freiheit.

Du willst mehr Interviews aus dieser Reihe? Lies:

Teil  1: StoryCoaching gibt Sicherheit (Rose-Marie)

 

 

Fotocredit: Susanne Ganter

StoryCoaching gibt Sicherheit

Von der Wichtigkeit, etwas Sicheres im Rücken zu haben.

Kaarst. Juli 2005. Rosi war bei einem großen Softwarehaus angestellt. Doch da gab es einen Wunsch nach mehr. In ihrem ersten Coaching Auftrag an mich ging es um ein Zielbild für das Leben und Arbeiten in der Selbständigkeit. Es ging um einen Projektplan und nützliche Ressourcen als Unterstützer auf dem Weg zum Ziel.

Auch Wegelagerer (wie wir sie damals im guten alten NLP-Sprech nannten), die sich vermutlich dem Ziel in den Weg stellen würden, wollten wir uns genauer anschauen. Die (vielen bekannte) unbeliebte Akquise gehörte dazu. Und das Gefühl als freiberufliche Trainerin so allein da zu stehen, irgendwie schutzlos.

Rosi, und da gab es dieses Gummiband…

Ja, das Gummiband – das mich zurückzieht. Es ist tatsächlich ein langjähriger Begleiter. So wie diese Gummibänder an Einweckgläsern. Die halten ordentlich was.

Über die Jahre ist es brüchig geworden. Es bröselt so langsam, hält noch so gerade eben.

Da fehlte die Erlaubnis, Erfolg zu haben. Erfolg vor mir selbst und anderen. Ich fühlte mich wie gelähmt. Manchmal ging ich los, machte einen Schritt nach vorne und dann wurde es zäh. Da waren einige innere Anteile in mir, die waren pro Selbständigkeit. Und da war noch etwas, etwas ganz Altes. Keine Ahnung was. Eben das Gefühl des Gummibands.

Als mir mein Chef dann eine neue Aufgabe als Projektqualitätsbeauftragte und -Coach für 120 Menschen angeboten hat, habe ich zugesagt, und habe mich mit dieser Entscheidung auch sehr wohl gefühlt.

Damit war die Selbstständigkeit erstmal verschoben. Das war 2006.

Heute – im Herbst 2024 – bist du selbständig. 18 Jahre später. Was ist heute anders?

Ich kann meine Entscheidung von damals heute gut vertreten. Ich weiß jetzt auch, was mich damals gehindert hat. Und genau so weiß ich: Wissen hilft erst mal gar nichts, aber es ist ein erster Schritt.

Wissen ist nur ein erster Schritt

Wenn ich zum Beispiel an die Akquise denke, fällt mir auf, dass ich nach all den Jahren praktisch noch am selben Punkt stehe. Das war eine Erkenntnis, die sich erst mal schrecklich anfühlte, bis mir aufging: „Ich will und brauche diese Art der Akquise gar nicht!

Du stehst immer noch am selben Punkt, sagst du. Was ist dieser Punkt?

Ja, eben, dass ich keine Akquisition mache, kein Marketing für mich. Schaue ich auf die Vergangenheit zurück, hatten alle inneren Anteile, die mich daran gehindert haben, vorwärts zu gehen, mich zu zeigen, ihre Berechtigung. Es war eine Schutzfunktion. Das habe ich vor 18 Jahren nur noch nicht gewusst. Natürlich kannte ich da auch schon Teilemodelle und all das. Aber das war halt alles nur kognitives Wissen.

Der Körper darf mitarbeiten

Heute nehme ich meinen Körper dazu. Das ist ein wesentliches Element, was sich geändert hat. Heute kann ich spüren, was dran ist. Damit ist es nicht mehr so anstrengende Arbeit. Also ich arbeite weniger an mir. ES arbeitet mich immer noch. Das ist okay. Das ist das, was jetzt sein darf. Da taucht was auf, ein Gedanke, ein Gefühl und ich gucke hin.

Wie kommen denn deine Menschen, deine Teilnehmerinnen zu dir, wenn du gar nicht das Marketing machst, von dem da draußen so viele glauben zu wissen, wie man es „richtig“ machen müsste?

Lass mich dir eine Geschichte erzählen, Katrin.

Ich habe seit vielen Jahren ein Engagement an der Volkshochschule Düsseldorf. Da mache ich immer dasselbe Seminar zweimal im Jahr. Ist immer großartig, immer ausgebucht. Eines Abends war da eine Teilnehmerin, die hörte anders zu. Am Ende des Seminars kam sie auf mich zu und sagte: „Ich bin auf der Suche nach Referentinnen für die Firma. Ihr Seminar hat mir super gut gefallen. Hätten Sie Interesse daran, für uns zu arbeiten?“ Das war so erstaunlich für mich.

Noch besser wurde es, als ich feststellte, dass ich die Frau, die dort meine Ansprechpartnerin wurde, schon seit Jahren kenne und schätze. Da ist sofort eine Verbundenheit da gewesen.

Manchmal reicht es, sich finden zu lassen

Mich finden lassen” – ja, das ist ein Satz von mir. Ich habe tatsächlich an dieser Stelle das Suchen weitgehend abgestellt und umgeschwenkt auf’s finden lassen. Natürlich sind dann auch schon wieder Anteile (und Menschen), die sagen: „Ja, ja, ganz schön faul. Willst du gar nichts dafür tun?“

Dann denke ich: „Ja, genau. Ich würde es nur nicht faul nennen.“ Ich nenne es Erfahrung und Vertrauen.

Nochmal zurück zu 2005. Wir haben über Fähigkeiten gesprochen, die du in einer Zukunft als freie Trainerin einsetzen möchtest. Deine Worte

Ich möchte in der Zukunft gern die Fähigkeit nutzen, mich an Erlebnisse aus meiner Tätigkeit erinnern zu können, die prägnant und erzählenswert sind.“

Das Erinnern und das Erzählen können bekam 2022 noch mal einen anderen – einen sehr persönlichen – Kontext.

Ja, lass uns unbedingt darüber sprechen. Das ist wichtig. Das muss in die Welt. Ich will das in die Welt bringen. Das ist meine Aufgabe. Das ist mein Sinn im Leben geworden. Ich möchte aber gerne noch einmal zurückgehen auf das Wort „Erinnern“.

Erinnern – Wie wichtig ist das?

Das mit dem Erinnern ist eine ganz schwierige Sache bei mir und das hat seine Ursache in traumatischen Erlebnissen. Ich habe vor kurzem erfahren, dass Menschen, die Traumatisierungen erlebt haben, einen verkleinerten Hippocampus haben. Das ist der Teil im Gehirn, der für die Abspeicherung von Erinnerungen zuständig ist.

Das hat mich zuerst super geflasht, und dann super erleichtert. Denn ich habe mich immer damit gequält, dass ich mich nicht erinnern kann. Ich brauche Brücken und Hilfsmittel, um mich zu erinnern. Und das ist jetzt okay.

Lass mich dir ein Beispiel geben

Am Dienstag habe ich meine letzte ehrenamtliche Tätigkeit aufgegeben. Ich war Vorsitzende eines Sport-Fördervereins.

Wechsel an der Spitze des Floorball-Fördervereins: Rose-Marie Gilsbach übergibt an Inga Meints

Der zweite Vorsitzende hat an dem Tag eine wundervolle Rede gehalten über das, was ich in den vergangenen 25 Jahren für diesen Sportverein geleistet habe. Das hat mich sehr, sehr berührt. Er sagte: „Wir werden einen Ehrenamtspreis aufsetzen. Den werden wir nach dir benennen“. Und ob ich das denn überhaupt möchte. Da habe ich rumgedruckst.

Ein Teil in mir hätte am liebsten gesagt: „Nein, nein, nein, nein, nein“.

Bis zum nächsten Morgen habe ich gebraucht zu realisieren, dass er das über MICH gesagt hat. Doch ein anderer Teil in mir findet es toll, dass gewürdigt wird, was ich getan habe. Und dass das jetzt auch bei mir ankommen ist.

Die Erlaubnis, sich selbst zu würdigen

Da habe ich gedacht: „Okay, Rosi, du kannst ja auch mal selbst anfangen, das zu würdigen.” (sie lacht amüsiert über sich selbst).

Es fühlt sich wirklich großartig an, und zwar nicht in dem Sinne: „Ach, was bin ich toll“, sondern: „Ja, das habe ich tatsächlich alles gemacht, 25 Jahre lang.“ Auch ich selber darf das so wahrnehmen im Sinne von WAHR. Also zwei Worte: Ich darf es wahr nehmen. Nehmen und wahr.

Zu deinem Coaching-Auftrag von 2022: Du wolltest gern ein sehr persönliches Storytelling aufsetzen.

Ja, die Geschichte, die ich erzählen wollte, soll Frauen Mut machen, sich dem Thema persönliches Trauma zu stellen. Ich wollte – und will – Anregungen geben, was möglich wird, wenn man sich dem eigenen Trauma zuwendet.

Zwischen 2005 – als Erzählen noch nicht möglich war – und 2022 – als die Zeit dafür reif war: Was hast du auf diesem Weg erlebt?

Ich habe immer gemerkt, dass ich irgendwo raus will, dass ich aber nicht raus kann. In vielen, vielen Jahren habe ich mich dafür interessiert, wer ich eigentlich bin, was ich eigentlich möchte und welche Möglichkeiten es gibt, irgendetwas zu erkennen oder umzusetzen. Und habe in der Zeit sehr viel gelernt. Ich habe eine Trainerausbildung gemacht, systemisches Aufstellen, Trance-Arbeit, Hypnosystemik, gewaltfreie Kommunikation, The Work … frag mich nicht.

All das war klasse und all das waren Schrittchen auf dem Weg zu mir. Erhellende. Spannende.

Doch mein Gummiband blieb mir treu

Doch schlussendlich war es nie endgültig erfüllend. Denn das, von dem ich nicht wusste, was es ist, konnte ich mit all dem nicht heilen. Auch bei allen Therapien bin ich immer irgendwann über meine Therapeutin hinausgewachsen. Nur mein Problem, das habe ich immer weiter mitgeschleppt.

Erst Ende 2019, als sich in meinem privaten Umfeld etwas änderte, da ging es mir von Tag zu Tag schlechter. Dann kam Corona, man ging nicht mehr aus dem Haus. Das war für mich nicht so schlecht. Doch ich musste dauernd Dinge mitmachen.

Ich MUSSTE (dieses Wort wähle ich bewusst) immer mit, und ich habe nicht Nein gesagt. Ich bin aus meinem schönen einfach-zu-Hause-sein-können, viel lesen, bei mir sein, immer wieder rausgerissen worden. Dann musste ich reden, dann musste ich Fernsehen, im Garten mitarbeiten, was auch immer. Und ich war unfähig, mich dagegen zu wehren.

Mit der Unfähigkeit, mich zu wehren kam die Wut.

Doch innerlich hat es gearbeitet, wurde es immer frustrierender bis zum Tag, an dem meine ganzen Kompensationsstrategien zusammengebrochen sind. Mich hat eine derartige Wut überfallen, die ich in keinster Weise kontrollieren konnte. Tag für Tag bin ich ausgerastet. Das war super, super unschön.

Dann kam der Tag, an dem es mir dämmerte, es könnte was mit Trauma zu tun haben. Ich habe versucht, mich dem zu nähern. Doch ich war nicht mal in der Lage, das Wort „Trauma“ am Computer einzutippen. Es ging einfach nicht. Und zum ersten Mal habe ich mich gefragt: „Hey, wieso geht denn das jetzt nicht?“ Und habe nach innen gehorcht.

Die Antwort war: „Ich verrate irgendetwas oder irgendwen, wenn ich mich damit beschäftige.“ Und das war der Beginn einer schrecklichen und schönen Reise, die ich dann mit deiner Hilfe erzählen konnte, durfte und vor allem wollte.

Der Beginn einer schrecklich schönen Reise

Gab es einen bestimmten auslösenden Moment, an dem du aufgebrochen bist?

Nein. Es hat sich langsam entwickelt, bis es irgendwann ausgebrochen ist. Ich war ja immer friedlich und habe höchstens mal gemault. Ich war immer leise. Und mit der Wut trat ein riesiger Change ein. Ich habe mich nicht mehr gekannt.

Und es hat mir Angst gemacht. Ich habe Angst gehabt vor dem nächsten Wutausbruch und konnte ihn doch nicht verhindern.

Jeder Prozess braucht seine eigene Geschwindigkeit

Erst nach langer Zeit konnte ich mich überhaupt damit beschäftigen. Das kam langsam. Und das ist gut so für mich gewesen.

Seit vielen Jahren schon schätze ich meine „Langsamkeit“. Denn: Jeder Prozess braucht, und jeder Mensch hat seine eigene Geschwindigkeit. Das Neue, das war die Wut. Die hat mir selber so wehgetan, dass ich sie überhaupt nicht wollte. Ich habe mich davor gefürchtet.

Bis ich dann auf dieses Buch von Janina Fisher stieß „Die Arbeit mit Selbstanteilen in der Traumatherapie“. Dieses Buch hat mein Leben für immer verändert. Damit habe ich gearbeitet, habe mir Unterstützung gesucht. Und Heilung begann.

Die Schriftstellerin Christa Wolf hat mal gesagt, es gäbe Menschen-und Buchbekanntschaften, genau zur richtigen Zeit. Ich fühle das gerade in dem, was du du erzählst.

Absolut, absolut…

Als du mich 2022 angerufen hast, wolltest du erzählen. Doch ganz so einfach war es nicht. Denn da waren ja noch immer eine ganze Menge Widerstände gegen dieses Erzählen.

Ja, zum Beispiel „Ich will bloß nicht angeben. Ohne Struktur wird das nichts. Bin ich denn gut genug? Ich will doch, dass alles stimmt. Was mute ich meinem Umfeld zu, wenn ich beginne zu erzählen?

Katrin Klemm Business Storytelling Widerstände nutzen

 

All dem haben wir erst einmal Raum gegeben, wir haben damit gearbeitet. Wie ging es dir damit?

Das war befreiend. Das ist genau das, wie ich jetzt lebe und vielleicht auch immer gelebt, es nur nicht gemerkt habe. Dass ich ganz vielfältig bin. Ich bin nicht mehr festgelegt. So viel hat sich aufgelöst.

Das spiegelt sich auch in dem Wort, das ich so häufig benutze „möglicherweise“. Ja, das ist möglicherweise so und möglicherweise ist es auch ganz anders. Ich kann gut damit umgehen, wenn jemand zu mir sagt: „Ja, du legst dich ja nie fest.“

Haben wir deinen StoryCoaching-Auftrag erfüllt? Mit welchem Ergebnis? Was hat das Erzählen bewirkt?

Erfüllt? Absolut, ja!

Mit vielen Ergebnissen.

Innerlich insofern, dass das „Ding“ jetzt in der Welt ist. Wie auch immer. Es ist in der Welt. Du hast es gehört, du hast es gesehen, du hast es angenommen. Das hat tatsächlich wieder ein Stück Heilung gebracht.

Und du wolltest noch mehr. Du hattest darum gebeten, dass wir jedes Kapitel deiner Geschichte auf Video aufnehmen.

Ja, das fügte dem Erzählen noch eine weitere Dimension hinzu. Denn da waren jetzt nicht nur du und ich im Raum, sondern auch eine Kamera. Und mit der Kamera meine Entscheidung „Ich bin bereit, meine Geschichte mit der Welt zu teilen.

Bereit, meine Geschichte mit der Welt zu teilen

StoryCoaching gibt Sicherheit beim Erzählen

Da ist jemand, der mir glaubt. Das ist so wesentlich im Trauma-Thema, wenn jemand an Traumafolgen leidet. Die sieht mich, die hört mich, die fragt mich. Sie glaubt mir. Da ist Wertschätzung. Und, das kann ich jetzt erst sagen, ich bin bei dir in Sicherheit gewesen. Ich habe Sicherheit bei dir gespürt.

Verbindung darf in kleinen Schritten wieder möglich sein

Wir kennen uns ja noch aus einer Zeit, in der es in mir ganz anders aussah, in der für mich Verbindung nicht möglich war (ich wusste gar nicht, was das ist). Das ist jetzt möglich. Das ist für mich ein riesiger Schritt: Verbindung hat gefehlt. Das ist das Wesentliche, was es zu heilen gibt, irgendwie und irgendwann.

Das Besondere daran, mit dir zu arbeiten, ist die Offenheit, mit der du alles aufnimmst, auch wenn es vielleicht gerade nicht ins Konzept passt. Ich muss bei dir nicht aufpassen. Ich muss bei dir nicht in meiner Rolle bleiben. Du hörst mir zu.

Ich erzähle, was ich zu sagen habe

Ich habe vor kurzem noch mal darüber nachgedacht. Darüber, dass die Leute mir nicht zugehört haben. Aber wie soll man Geschichten erzählen, wenn man den Glaubenssatz hat: „Die Leute hören mir nicht zu?“ Und mir ist schon seit vielen Jahren klar, dass das auch was mit mir zu tun hat, warum die Leute mir nicht zuhören. Aber das hat es erst mal noch viel schlimmer gemacht, weil ich keine Idee hatte, was ich da machen sollte?

Inzwischen weiß ich, dass ich mich immer mit dem Gedanken unter Druck gesetzt habe, es müsse unbedingt spannend sein, was ich jemandem erzähle. Nun ist es mir relativ (kommt drauf an, wie nah mir die Person steht) egal, ob/wie mir jemand zuhört.

Ich habe Menschen beobachtet, die einfach erzählen, denen es egal ist, weil es denen möglicherweise wichtig ist, dass sie erzählen. Und ich weiß ja, dass ich sowieso lieber zuhöre. Aber wenn ich etwas zu erzählen habe, dann tue ich das mittlerweile auch.

Angst versus Neugier

Früher war da Angst, wie ich mit dem umgehen kann, was da kommt. Die hat sich jetzt in Neugier verwandelt. Und es ist nicht mehr wichtig zu wissen, was Neugier eigentlich ist. Heute kann ich ihre Qualität spüren.

Wo stehst du heute? Für diese Frage habe ich mich auf deiner damaligen Webseite umgeschaut und bin Esmeralda Wetterwachs begegnet, die dich seit über 40 Jahren fasziniert.

Esmeralda WetterwachsDu schreibst „Sie ist unabhängig, stark, kann natürlich zaubern und sie hat unter einer harten Schale ein weiches Herz.

Dein Alter Ego? Früher? Heute? Morgen?

Inzwischen gibt es eine neue Homepage Rose-Marie Gilsbach | Coaching und Seminare. Dort taucht Esmeralda nicht mehr auf. Denn ich bin über sie hinausgewachsen.

Der Esmeralda hat immer etwas gefehlt, ich bin lange nicht dahintergekommen, was es ist. In meiner Ausbildung zum traumasensiblen Coach habe ich das Wort, die Bedeutung und das Erleben von Wohlwollen neu entdeckt. Oder vielleicht überhaupt entdeckt.

Wohlwollen.
Es bestimmt heute mein Leben und Arbeiten

Dieses Wohlwollen, das bestimmt jetzt mein ganzes Leben. Egal, ob ich es nun gerade fühle oder es mir gerade fehlt und ich mich wieder darauf ausrichte.

Das bedeutet wohlwollend und liebevoll sein mit mir zu sein, und wohlwollend und liebevoll sein mit jedem. Das ist das für die Welt da draußen. Ich gehe hin und erzähle über Trauma. Ich benutze nicht unbedingt das Wort. Das muss nicht sein, aber ich bringe es über meine Gespräche, Coachings und Seminare in die Welt.

Warum?

Weil ich so viel zu sagen habe. Weil ich so viel zu geben habe Und das so gern geben möchte. Weil ich die Erfahrung, Heilung zu spüren, weitergeben will.

Ich finde es mittlerweile so wichtig, Impulsen zu folgen. Auch wenn es schwer ist, auch wenn da ein Gummiband ist. Wenn ich nicht gegen meine inneren Anteile agiere, sondern gemeinsam mit ihnen. Denn ich habe ihnen versprochen „Es wird uns besser gehen.

Liebe Rosi, ich danke dir von Herzen, dass ich selbst immer wieder von dir lernen darf.

Und umgekehrt, Katrin. Ich danke dir für die lebenslange, immer wertschätzende Begleitung.

Und eine tolle Geschichte, die erzählenswert ist, die haben wir alle. Wir haben alle Geschichten.

 

Fotocredit Titel Marsha Glauch | Krefeld

Idee – Klarheit – Netzwerk: Neuer Job mit 60

„Jobsuche mit Anfang 60? Für mich kein Ding!“

Mit diesem Satz hat sie mich… Überall hören wir von enormen Schwierigkeiten, denen Frauen 50plus am Arbeitsmarkt begegnen. Und dann ein solcher Satz?

Caterine Schwierz ist im September 24 noch Director Business Development & Marketing in einer Patent- und Rechtsanwalts-Kanzlei. Sie ist 60 Jahre alt. Und wollte sich eigentlich aus dem Erwerbsleben zurückziehen. Jetzt startet sie im November 24 noch einmal durch.

Ich will erfahren, was hinter dieser Geschichte steckt.

Wir verabreden uns zum Interview, sind uns schnell einig: Ihre Geschichte macht Mut, sie weckt Hoffnung. Die wollen wir teilen. Wir bürsten gängige Narrative gegen den Strich, und zeigen, wie es funktionieren kann, einen sinnstiftenden, erfüllenden Job zu finden. Jetzt erst recht.

Kennengelernt habe ich Caterine in den Schnupperworkshops zur LifeStory im November 2023. Da verblüffte sie mich schon, buchte gleich alle vier.

Caterine, an welcher Kreuzung deines Lebens standest du damals?

Ich hatte gerade meinen Job in der Kanzlei gekündigt, in der ich die letzten vier Jahre tätig war und habe wirklich überlegt: Was kommt jetzt als Nächstes? Ich hatte also nicht den üblichen Schritt gemacht, erst mal für die Zukunft sorgen und dann kündigen. Meine sehr lange Kündigungsfrist von zwölf Monaten verschaffte mir ausreichend Zeit nachzudenken. Mit Anfang 60 ist das natürlich eine ganz wichtige Entscheidung.

Was kommt als nächstes?

Doch das Positive an diesem Alter ist, seine eigenen Freiheitsgrade zu spüren. Ich muss jetzt nicht mehr überlegen: „Was ist der sinnvolle nächste Karriere-Schritt? Wie liest sich das im Lebenslauf? Wie erkläre ich das anderen?“ Sondern ich konnte überlegen: „Was kommt jetzt als Nächstes?

Für mich persönlich war klar, dass ich in meine Heimatstadt Berlin zurückgehe, zurück zu meiner Familie, um mich um meinen Vater kümmern zu können. Deshalb fühlte sich das auch sehr richtig an.

Ansonsten war es ein völlig freies Feld voller Überlegungen, die ich angestellt habe.

Du scheinst freie Felder zu genießen. Anderen machen sie eher Angst. Welches Gefühl war für dich mit dem freien Feld verbunden?

Zum einen ist es natürlich ein Privileg, dass ich Veränderungen mag. Ich habe schon immer den Mut gehabt, solche Schritte zu gehen. Weil ich schon öfter den Beruf und die Branche gewechselt habe, hatte ich Übung darin. Dazu kommt, dass Weiterentwicklung und Weiterlernen zu meinen Kernwerten gehören und ich mit der Aufgabe der Selbstreflexion gut vertraut bin.

Aus meiner Zeit als Karriereberaterin weiß ich auch, dass das für viele Menschen nicht so ist. Ich habe viele Menschen erlebt, die so leiden unter ihrem Arbeitsumfeld, aber nicht die Kraft finden, zu springen.

Da ist Wertearbeit gut. Sich die Frage zu stellen: „Was tue ich mir eigentlich an, wenn ich viel zu lange Zeit in einem Umfeld verbleibe, in dem meine Werte verletzt werden?“

Und welche Potenziale werden freigesetzt, wenn das Umfeld so ist, dass ich meine Werte leben kann?

Du darfst dich entscheiden, nicht mehr zu leiden.

Was hält Frauen zu lange an einem Platz, der nicht gut für sie ist?

Ich nehme wahr, dass Menschen ihre Fähigkeiten total falsch einschätzen – als zu niedrig. Aus dieser Angst heraus sagen sie: „Ich finde da draußen nichts!“ Das hält sie wie Blei.

Frauen sind prädestiniert dafür, sich zu unterschätzen und die Anforderungen da draußen völlig zu überschätzen. Die Angst: „Ich werde das nicht schaffen. Der Arbeitsmarkt wird mich abstoßen wie einen Fremdkörper!“, diese Angst vor Ablehnung führt dazu, dass sie festhalten und nicht mal den Versuch unternehmen, sich umzuschauen.

Das wirksamste Mittel gegen diese Angst?

Diese wertvolle Arbeit, die du ja auch machst, hilft dabei, sich von dieser Angst nicht lähmen zu lassen.

Es ist ein guter Weg, sich darüber klar zu werden:

  • Was kann ich eigentlich?
  • Was macht mich besonders?
  • Was sind meine Stärken?
  • Was sind meine Erfolge, wenn ich diese Arbeit leiste?

Caterine, dein Lebenslauf liest sich auf Linkedin sehr geradlinig. Das lässt es leicht erscheinen, auf die eigenen Stärken zu setzen. Doch wir hören und lesen häufig von Menschen 50plus, die wieder und wieder abgelehnt werden. Was empfiehlst du ihnen?

Die Antwort ist ganz klar: Such dir Unterstützung.

Auch als ich bei von Rundstedt weggegangen bin, habe ich mir eine Karriereberaterin genommen. Das ist teuer. Wenn man jemand Gutes bucht, ist das teuer. Aber es ist extrem hilfreich.

Es ist anstrengend. Hol dir Unterstützung.

Denn gerade, wenn jemand so viele Absagen bekommt, dann ist da an der Strategie was nicht stimmig. Es ist total schwer, das selbst zu erkennen. Ablehnung tut einfach wahnsinnig weh. Also man geht so schnell rein, fühlt sich hilflos und als Opfer, anstatt zu sagen „Oh, das müssen wir uns noch genau angucken. Da kommt zu viel Ablehnung. Was passt da nicht?“ Und genau das kann eine Profi leisten.

Ich kann mich noch gut erinnern, meine Beraterin hat mich gequält mit diesem: „Was ist dein USP? Warum sollte dich jemand einladen?“ Es ist so anstrengend, und oft total schwer, das alleine zu leisten. Deshalb ist eine externe Unterstützung gut investiertes Geld.

Bist du strategisch vorgegangen bei der Auswahl deiner bisherigen Jobs?

Nein, bin ich eigentlich nicht. Sondern ich habe das erst beim letzten Mal so gemacht. Ich war Ende 50 und da wusste ich, ich muss jetzt wirklich strategisch vorgehen. Ich muss das ganz genau planen.

Ansonsten habe ich sehr früh in meiner Karriere überlegt: „Was ist eigentlich mein Purpose, meine Mission? Warum? Was gibt mir Sinn bei meiner Arbeit oder im Leben?“ Das habe ich definiert. Das war auch ein quälender Prozess. Den kann man auch mit Unterstützung wahrscheinlich sehr viel besser machen.

Caterine, verrätst du uns deine Mission?

Meine Mission ist, Menschen und Organisationen dabei zu unterstützen, ihr Potenzial zu entdecken und für ihren Erfolg zu nutzen. Die eigene Mission hat ja oft viel damit zu tun, was wir selber irgendwann gebraucht haben. Deshalb war es für mich ein Wendepunkt, als ich gemerkt habe, wo ist eigentlich mein Potenzial, wo sind meine Stärken, wo meine besonderen Talente?

In unserer Generation hat sich die Karriereentwicklung damals stark an Erwartungen von außen orientiert: Wie macht man Karriere? Wie hat man zu sein als Führungskraft oder als Mensch im beruflichen Alltag?

Als ich meine Stärken und Talente erarbeitet hatte, konnte ich mich davon abwenden. Mir wurde wichtiger zu sagen: „Nein, das will ich nicht mehr. Lasst doch mal gucken, was bin ich denn? Wer bin ich?

Finde deinen Kompass - orientiere dich neu Katrin Klemm Hamburg LifeStory

Daraus wurde mein Kompass, dem ich gefolgt bin. Dazu habe ich sehr stark auf meinen Bauch gehört. Sobald ich mehr über meine Werte wusste, habe ich dann sofort gespürt „Da passt was nicht mehr, die Zeit der Veränderung ist gekommen.

Also, damals habe ich noch nicht strategisch geplant. Es gab mal einen Wechsel von einem Job in den anderen. Da habe ich mich für den Job entschieden, weil ich überzeugt war, dass ich da viel lernen kann. Genau das interessierte mich. Deshalb bin ich sogar im Gehalt um ca. 20-25% runtergegangen.

Entscheide dich zu wachsen.

Es gibt diesen schönen Satz von Heinz von Foerster „Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten grösser wird!”  Das ist mir wichtig.

Katrin Klemm im Interview mit Caterine Schwierz und ihren Weg, mit über 60 einen neuen Job zu finden - Zitat Heinz von Foerster

Mein Rat deshalb: “Entscheide dich weniger für das strategische „Wie müsste eigentlich meine Karriere verlaufen?“. Frage dich lieber „Wie schaffe ich mehr Möglichkeiten für persönliches Wachstum?

Ja, vielleicht ist das auch mal ein Schritt zurück im Gehalt. Bei mir dauerte es nicht allzu lange, bis es gehaltlich wieder nach oben ging.

Von November 23 „Was kommt jetzt im Ruhestand?“ bis November 24 „Neuer Job mit 60. Ich starte durch!“ hast du das Steuerrad kräftig gedreht. Wie kam es zu diesem Kurswechsel?

Jobwechsel mit 50plus. Wenn du deinen Kurs ändern oder neu bestimmen willst: Design your LifeStory.

Freiheit bedeutet auch finanzielle Freiheit.

Lass mich starten bei den Freiheitsgraden. Die haben ja auch viel mit Finanzen zu tun.

Ich habe mich – das ist in jeder beruflichen Phase wichtig – mit meinen Finanzen beschäftigt, und habe mir ganz genau angeschaut:

  • Wie stehe ich da?
  • Was bedeuten bestimmte Entscheidungen?
  • Wie sieht es mit der Rente aus?
  • Welche privaten Vorsorgeleistungen habe ich zu erwarten?

So habe ich mir die innere Freiheit, geschaffen, zu sagen: Ich kann entscheiden, ob ich noch arbeiten will oder ob ich mich aus dem Arbeitsleben zurückziehe. Nichts ist konsequenzlos! Das unterschätzen viele. Jede Entscheidung im Leben hat ihren Preis.

Die Entscheidung für mich, nicht mehr zu arbeiten, hätte geheißen, den Gürtel gewaltig enger zu schnallen. Doch ich habe mir das wirklich vorgestellt: „Wie ist das, wenn ich den Gürtel enger schnalle?“ Darin habe ich eher eine positive Herausforderung gespürt. „Die Konsequenz ist mir klar, damit kann ich leben!“ Das war eine wichtige Grundlage. Jetzt standen mir verschiedene Wege offen.

Das war die Ausgangssituation. Das meine ich mit Freiheitsgraden.

Der magische Moment, in dem alles klar wird.

Und dann hatte ich meinen Balkon-Moment.

Ich war umgezogen von München nach Berlin. Da stand ich also in meiner schönen Wohnung. Alles war getan. Ich hatte noch ein paar Tage frei. Es war wirklich so eine leere Zeit.

Da klingelte – wie ein unerwarteter Gast – plötzlich der Gedanke bei mir: „Wie ist das, wenn das jeden Morgen so ist?“ Für ein paar Tage mag sich das ja super anfühlen. Aber auf Dauer? Und jetzt gleich?

Da spürte ich deutlich: „Ich bin gar nicht vorbereitet!“ Oder auf jeden Fall zu wenig für das Szenario: „Ich arbeite gar nicht mehr. Nie wieder im Erwerbsleben!“

Vorbereitung auf den Ruhestand ist mehr als nice to have.

Erst da habe ich verstanden, was gemeint ist, wenn wir überall lesen: „Auf den Ruhestand, auf dieses Nicht-mehr-arbeiten, sollte man sich vorbereiten“.

Ich habe richtig gespürt: „Ich bin noch nicht bereit. Das ist mir zu viel Veränderung.

Ich bin von München nach Berlin gezogen. Ein neues Umfeld. Zwar ist es eine bekannte Stadt, aber doch alles neu: Bezugspersonen oder die Netzwerke aufbauen, in denen ich sein möchte. Ne, das reichte erstmal. Da muss diese riesige Veränderung, mit dem Arbeiten aufzuhören, nicht noch oben drauf.

Auf in die nächste Entwicklungsaufgabe.

Die Entwicklungsaufgabe, die jetzt vor mir steht ist es, meinen Wert, mein „Warum bin ich da?“ nicht mehr daran zu messen, wer ich im Job bin. Die wird mich darauf vorbereiten, auch den nächsten Übergang gut zu meistern.

Also das war so der Balkonmoment bei mir. Ich habe von außen nach innen geschaut und entdeckt, was wirklich gerade dran ist.

Aha, die innere Arbeit war getan. Wie ging es dann ganz praktisch weiter?

Ich hatte zwei Ideen. Nein, eigentlich hatte ich eine Idee und das, was ich jetzt machen werde, war dann eher der Zufall. Meine Idee war, in die Berliner Verwaltung zu gehen. Ich habe mich mit Bürgerämtern beschäftigt. Ja, das wäre ein extremer Wechsel gewesen, in so ein Bürgeramt zu gehen und Bürgerinnen und Bürger bei allen Angelegenheiten zu beraten, die sie so haben: Pass, Ummelden von Wohnungen und so weiter.

Du kommst aus der freien Wirtschaft. Wie kommst du auf Bürgerämter?

Ursprung war der Gedanke: „Ich gehe diesen bedeutsamen Schritt zurück in meine Heimatstadt. Was braucht diese Stadt? Und was kann ich leisten? Dann habe ich mir überlegt: Was ist das, was ich besonders gerne mache, dieser Kontakt mit Menschen?“ Und dann liest du in jeder Berliner Zeitung die Bürgerämter sind unterbesetzt und so.

Neuer Job? Netzwerken schlägt Konventionen.

Dann haben mir meine Netzwerke geholfen, mich da rein zu fräsen. Als passionierte Netzwerkerin liebe ich das Geben und Nehmen im Netzwerk. Und genau jetzt war mein Moment, nach Unterstützung und Kontakten zu fragen. Es war erstaunlich, ein total schönes Gefühl. Ich habe eine Empfehlung bekommen, war bei vielen Bürgerämtern auf einmal im Gespräch.

Alter spielt keine Rolle. Die Welt bleibt voller Möglichkeiten.

Kein Mensch hat mich gefragt: „Wie alt sind Sie?“

Verwaltungen haben Quereinsteigerprogramme. Da hätte ich an verschiedenen Stellen wirklich einen Job bekommen können. Daraus hätten sich bestimmt noch weitere Möglichkeiten ergeben, beim Aufbau von Wahlämtern oder als Unterstützung in der Personalabteilung. Alle wollten wissen: „Wäre das was für Sie?“

Meine Welt war plötzlich voller Möglichkeiten.

Hätte ich eine ganz traditionelle Bewerbung geschickt, wäre ich schon am Anfang von der künstlichen Intelligenz ausgesiebt worden, weil ich keinen Verwaltungs-Background habe, weil, weil, weil … Keine Ahnung, weshalb.

Aber so – über das Netzwerken – funktioniert das wirklich super. Ich kann es nur empfehlen, auch wenn man eben nicht mehr im zarten Alter von Mitte 20 oder Mitte 30 steht. Netzwerke sind DER Schlüssel zum Erfolg. Und genauso kam das dann eben auch mit dem Job, den ich letztendlich jetzt starten werde.

Rechne mit Überraschungen.

Am Tag, als ich mich aus meinem Kanzlei-Netzwerk verabschiedet habe, kam die Anfrage: „Mensch, wir haben da einen Berlin-Job. Bist du interessiert?

Ich hatte überhaupt nicht über Kanzleien nachgedacht, weil ich dachte: „Ja, die werden mich sowieso nicht nehmen.“ Da war sofort diese innere Schranke: „Ja, in meinem Alter…“ Auch mir sind diese Zweifel gekommen. Auch ich war davor nicht gefeit.

Doch ich möchte jede Frau ermutigen: “Geh trotzdem weiter. Es lohnt sich.”

Mutig sein lohnt sich, wenn du im Innen klar bist.

Ich habe zwei Tage nachgedacht; dann habe ich meinen CV eingereicht. Es gab einen tollen Prozess und so kam es zu dieser Stelle.

Was ich in einem inneren Reflexionsprozess jedoch für mich vorab entschieden habe: „Ich beende meine klassische Karriere mit dem Weggang aus München.“ Mit „klassische Karriere“ meine ich dieses „Da gibt es einen schicken Job-Titel und da gibt es Führungsverantwortung.“ Damit ist Schluss. Und genau das hat den Pool an Jobs, die für mich in Frage kamen, vergrößert.

Warum diese innere Entscheidung nötig war?

Anfang 50 ist heute ein total jugendliches Alter am Arbeitsmarkt. Anfang 60 ist dann das Spiel schon anders. Mein persönlicher Horizont hat sich durch diese Entscheidung noch einmal erweitert.

Ich sehe es aus tiefstem Herzen als meine Aufgabe, mich auf die Zeit ohne Erwerbsarbeit vorzubereiten. Deshalb will ich downshiften im Job. Downshift meint: Ich habe weiter eine Vollzeitstelle, doch der Grad der Verantwortung ist ein anderer. Ich will auch die innere Freiheit haben, mich mit Ehrenämtern zu beschäftigen und so weiter.

Mein zukünftiger Arbeitgeber hat sehr schnell erkannt: „Da kriegen wir sehr viel Erfahrung und eine Unterstützung für teilweise auch ein junges Team.“

Meine Geschichte hat gestimmt. Ich hatte ja jetzt Übung: Wie muss ich meine Geschichte aufbauen? Wie erzähle ich sie den anderen? Sie war glaubwürdig, weil sie aus dem Herzen kam.

Meinen Purpose lebe ich auch in Zukunft.

Hier zieht sich mein Purpose konsequent durch. Ich kann anderen helfen, ihr Potenzial zu entwickeln und erfolgreich zu sein. Und mein Arbeitgeber bekommt das von einer, die ihre Karriere gemacht hat und in sich ruht.

Ein Blick in die Zukunft. Du wirst ab November im Business Development einer Wirtschaftskanzlei starten. Worum soll es gehen im nächsten Kapitel deines Lebens?

Ich will meine Erfahrung in der Arbeit in der Sozietät, mit Partnern nutzen. Ich habe in diesem Feld viel gelernt. Ich habe auch Fehler gemacht. All diese Erkenntnisse nutze ich jetzt, mich in dem neuen Feld einzubringen. Ich will das Team stärken, kann wieder in meiner Mission sein.

Ich bin mir meines Privilegs bewusst, so einen begrenzten Zeitraum zu haben. In vier Jahren gibt es wahrscheinlich diesen Wechsel in den Ruhestand. Das ist super, wie eine Art Projekt. Vier Jahre: Was will ich am Ende inhaltlich geschafft haben? Was soll da stehen? Was will ich entwickeln?

Meine Stadt Berlin will ich mir neu erobern.

Und ich will dann mit einem wirklich guten Plan in die Zeit des Ruhestands wechseln. Dafür habe ich auch – dafür war der Schnupperworkshop Zeitgeschenke super – so ein klares Bild, dem ich mit meinem Herzen folgen kann. Wo kann dieses Engagement liegen, das ich weiter betreibe? Wie bereite ich mich gut darauf vor?

Katrin Klemm im Interview mit Caterine Schwierz und den roten Faden einer erfolgreichen Jobsuche über 50

Neuer Job mit 60 – mein Erfolgsgeheimnis.

Das Wichtigste zusammengefasst:

  1. Das Privileg, sich noch einmal verändern zu dürfen
    Entscheidend ist es, sich seiner Fähigkeiten bewusst zu werden. Jede hat sie. Vertrau darauf – und das sage ich auch aus meiner Erfahrung als Karriereberaterin – so wie jeder Mensch hast auch du mehr Fähigkeiten als du zunächst siehst. Da ist ein riesiges Potential. Schau hin.Auch wenn es sich – erstaunlicherweise, denn eigentlich ist es so toll, sich mit Fähigkeiten und Erfolgen zu beschäftigen – wie harte Arbeit anfühlt. Doch bleib dran. Es ist ein Schlüssel.
  2. Netzwerken unverkrampft aus dem Herzen
    Netzwerken ist toll, weil wir im Prozess neue Ideen bekommen. Ich hatte meine Idee. Dann habe ich überlegt: „Wen kenne ich, der mir weiterhelfen kann?“

    Netzwerken aus dem Herzen

    Geh ans Netzwerken nicht taktisch oder strategisch ran, sondern mit Herz. Frag dich: „Welche Menschen würde ich gerne kennenlernen? Und wenn das Menschen sind, die sich mit Gartenbau oder Backen beschäftigen, ist das völlig in Ordnung. Wo sind die Menschen, die ein Interesse mit mir teilen?

    Agiere von Herzen und frag dich nicht:“ Wen genau muss ich jetzt kennen, um beruflich weiterzukommen?“ Das führt zu nichts, weil das verkrampft. Weder machen wir es gern, noch ist es erfolgreich. Denn andere spüren: „die ist nur zu einem bestimmten Zweck für sich selbst hier, oder um einen bestimmten Vorteil zu erreichen.

    Starte mit dem Herzen, und dann bleib dran.

  3. „Geh in den Fahrersitz!“
    Lass dich nicht infizieren von all dem: „Die Welt ist schlecht. Frauen haben schwierigere Startmöglichkeiten. Die Kräfte lassen vielleicht nach mit 60.“Das Ziel ist doch, dass du ein glückliches und erfülltes Leben haben willst, oder? Das Einzige, was da hilft, ist, in den Fahrersitz gehen, volle Verantwortung zu übernehmen, auch für die schwierigen Seiten. Und dann das Beste daraus machen.

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Ich habe mit Caterine außerdem über das Thema Vorurteile gegenüber Frauen 50plus gesprochen. Doch das wird ein nächster Artikel!

Stay tuned 😉

Wenn du deine Erfahrungen, Ideen und Tipps teilen möchtest, gern hier im Kommentar. Oder schreib mir!

 

Glücklich altern

Die Bedeutung von Glück und Lebenszufriedenheit für Menschen ab 50

Die Suche nach Glück ist ein uraltes menschliches Anliegen, aber der Weg dahin ist komplex und individuell verschieden. Eine der aufschlussreichsten Untersuchungen zu diesem Thema ist die 2023 veröffentlichte Langzeitstudie der Universität Harvard.

In diesem Beitrag fasst die geschätzte Gastautorin Ulrike Ischler die wichtigsten Ergebnisse dieser Studie zusammen und beleuchtet die verschiedenen Aspekte des Glücks. Dabei geht sie der Frage nach, was uns wirklich glücklich macht und wie wir unser eigenes Wohlbefinden fördern können.

 

Ulrike Ischler Gründerin Wir BestAgerUlrike Ischler war geschäftsführende Gesellschafterin eines Executive Search Unternehmens und eines Start-ups.

Mit 62 gründete sie 2023 “Wir BestAger” – die Plattform für die neue Generation aktiver und aufgeschlossener Menschen 50 Plus.

 

Einblick in die Harvard-Studie

Die “Harvard Study of Adult Development” ist die umfangreichste Studie ihrer Art und begleitet seit über 80 Jahren das Leben von etwa 2000 Menschen aus drei Generationen. Die Teilnehmer wurden regelmäßig zu unterschiedlichen Lebensbereichen befragt, darunter Beziehungen, Beruf und Gesundheit. Dabei kamen auch medizinische Untersuchungen wie Gehirnscans und Bluttests zum Einsatz.

Das besondere Merkmal der Studie ist ihre langfristige Perspektive, die es den Forschern ermöglicht, dauerhafte Muster und Trends im menschlichen Leben zu erkennen.

Was bedeutet Glück?

Da Menschen unterschiedlich sind, hat Glück für jeden eine andere Bedeutung. In der Psychologie wird Glück als ein langfristiger Zustand des Wohlbefindens und der Lebenszufriedenheit definiert. Die Studie identifiziert mehrere Dimensionen des Glücks:

Beim Emotionalen Wohlbefinden geht es nicht nur um kurzfristige Glücksmomente, sondern auch darum, wie wir Herausforderungen meistern und langfristig positive Emotionen aufrechterhalten. Wie gehst du mit den Höhen und Tiefen des Lebens um?

Selbstverwirklichung ist ebenfalls entscheidend für das Glück. Die Entfaltung und Nutzung persönlicher Potenziale spielen eine große Rolle. Nutzt du deine Talente und erreichst du deine Ziele? Bist du der Regisseur deines eigenen Lebens?

Zufriedenheit im Leben wird von den Forschern anhand der allgemeinen Lebenszufriedenheit der Teilnehmer bewertet, einschließlich ihrer Einschätzung der eigenen Lebensumstände, beruflichen Erfolge und persönlichen Ziele. Bist du insgesamt zufrieden mit dem, was du erreicht hast?

Soziale Verbundenheit, also die Qualität und Tiefe der zwischenmenschlichen Beziehungen, ist ein wesentlicher Indikator für das Glücksempfinden. Wie steht es um deine Beziehungen zu Partner, Freunden, Familie und Kollegen? Jede Art von Beziehung, sogar die zum Nachbarn oder zu Zufallsbekanntschaften, zählt.

Unabhängig von diesen Faktoren fassen die aktuellen Studienleiter Robert Waldinger und Marc Schulz in ihrem Buch „The Good Life“ die Erkenntnisse der Harvard-Studie so zusammen: „Gute Beziehungen machen uns gesünder und glücklicher.“

Anders ausgedrückt: Gute Beziehungen sind der Schlüssel zum Glück.

Macht Geld glücklich?

Der Wunsch nach Wohlstand und finanzieller Sicherheit ist allgegenwärtig. Die Harvard-Studie hat untersucht, ob Geld tatsächlich glücklich macht.

Die Ergebnisse zeigen, dass finanzielle Stabilität und die Möglichkeit, grundlegende Bedürfnisse zu erfüllen, das Wohlbefinden steigern. Wenn man sich keine Sorgen um Miete oder Gesundheitskosten machen muss, steigt auch das Glücksempfinden.
Jedoch hat zusätzliches Geld über einen bestimmten Punkt hinaus – der Schwelle, die ein abgesichertes Leben ermöglicht – nur begrenzte Auswirkungen auf das emotionale Wohlbefinden.

Die Qualität von Beziehungen hat einen viel größeren Einfluss auf das Glück als der Kontostand. Finanzieller Erfolg ist nicht unwichtig, aber er führt nicht automatisch zu mehr Zufriedenheit. Beziehungen sind der entscheidende Faktor.

Tipps zum Glücklichsein ab 50

Von zwischenmenschlichen Beziehungen über persönliche Erfüllung bis hin zu gesundheitsbewusstem Verhalten – welche Faktoren beeinflussen unser Glücksempfinden und wie können wir sie in unserem eigenen Leben stärken?

  1. Verbringe viel Zeit mit Familie und Freunden, wobei die Qualität dieser Beziehungen entscheidend ist. Anderen zu helfen, sei es durch ehrenamtliches Engagement oder die Unterstützung eines Freundes, kann nicht nur Dankbarkeit hervorrufen, sondern auch dein eigenes Wohlbefinden steigern. Entdecke Hobbys wie Fußball, Tanzen oder Gärtnern – sie bringen Freude und neue Bekanntschaften. Gemeinsame Erlebnisse wie Gruppenreisen oder gemeinsame Aktivitäten stärken Beziehungen. Pflege alte Freundschaften durch gemeinsame Erinnerungen und regelmäßige Treffen, um die Freundschaft zu vertiefen.
  2. Eine gesunde Lebensweise trägt maßgeblich zum Glücksgefühl bei. Ausreichender Schlaf ist dabei von unschätzbarem Wert. Es mag simpel klingen, aber genügend Schlaf ermöglicht es positiven Gedanken, sich zu entfalten und zu gedeihen.Die Ernährung spielt eine große Rolle in diesem Gleichgewicht. Unser Körper ist ein Tempel, und wir sollten achtsam sein, was wir ihm zuführen. Eine ausgewogene Ernährung nicht nur erhält die Fitness, sondern steigert auch das Glücksgefühl.Bewegung an der frischen Luft ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Schon 20 Minuten täglich können die Stimmung verbessern und den Geist klären. Egal ob Spazierengehen, Walken oder Laufen – das Wichtigste ist, dass es Freude bereitet und belebt.Regelmäßige Pausen einzulegen ist ebenfalls entscheidend. Egal ob ein kurzer Spaziergang oder einfach nur eine Pause beim Kaffeetrinken – diese Momente der Unterbrechung sind der Schlüssel zur inneren Balance.
  3. Das Konzept des lebenslangen Lernens ist von unschätzbarem Wert. Das Erlernen neuer Sprachen, das Entdecken von Musik oder das Meistern von Handwerkskünsten halten den Geist frisch und fördern die geistige Gesundheit.
  4. Neue Herausforderungen anzunehmen ist ein weiterer Schritt auf diesem Weg. Ob es das Entdecken neuer Hobbys ist, das Verfolgen von Weiterbildungen oder sogar der mutige Schritt in die Selbstständigkeit – neue Ziele bereichern das Leben und fördern persönliches Wachstum.
  5. Selbstakzeptanz ist ein Schlüssel zur inneren Ruhe und Zufriedenheit. Sich selbst zu lieben und zu akzeptieren, mit all seinen Facetten, ist entscheidend für ein erfülltes Leben.
  6. Dankbarkeit zu praktizieren ist eine weitere wichtige Gewohnheit. Indem man täglich aufschreibt, wofür man dankbar ist, steigert man die Freude und Zufriedenheit im Alltag und schärft den Blick für das Positive im Leben.
  7. Die Fähigkeit, loszulassen, ist ebenfalls von Bedeutung. Sich von unnötigem Ballast, sei es materiell oder emotional, zu befreien, schafft Raum für Neues und kann befreiend wirken.

Für uns BestAger geht es nicht um Perfektion, sondern um authentisches Glück. Vielleicht wartet das nächste Glücksmoment nur einen Tanz, eine Reise oder eine entspannte Pause entfernt!

Glück und Alter: Eine Betrachtung der “Harvard Study of Adult Development”

Die “Harvard Study of Adult Development” hat über Jahrzehnte hinweg faszinierende Erkenntnisse darüber gewonnen, wie sich die Quellen des Glücks im Laufe des Lebens verändern können.

Im jungen Erwachsenenalter stehen oft beruflicher Erfolg, finanzielle Stabilität und persönliche Erfüllung im Mittelpunkt des Glücks. Doch mit zunehmendem Alter verschiebt sich der Fokus auf zwischenmenschliche Beziehungen, Familie und soziale Verbundenheit.

Ältere Menschen zeigen oft eine vertiefte Wertschätzung für das Leben. Dankbarkeit für die kleinen Dinge, Achtsamkeit im Alltag und Zufriedenheit mit dem Erreichten stehen dabei im Vordergrund.

Meine persönlichen Glücksmomente?

Ulrike Ischler Gründerin Wir BestAgerEs gibt so viele davon: mit Mann und Kindern gemeinsam ein Essen genießen und die Verbundenheit zwischen uns spüren; eine Wanderung durch den Wald, die Gerüche von Erde, Blumen und Bäumen wahrnehmen; das Meer rauschen hören; Musik fühlen; Gemeinschaft mit Gleichgesinnten…. ich bin sehr dankbar dafür, dass ich so privilegiert leben darf.

 

 

Herzlichen Dank, liebe Ulrike.

Warum ich persönliche mich freue, Teil der Wir BestAger Community zu sein? Weil wir dringend neue Geschichten erzählen sollten, was gllückich altern wirklich bedeutet.

Wir BestAger – die Plattform für die neue Generation aktiver und aufgeschlossener Menschen 50 Plus.

 

  • vermittelt WISSEN zu allen relevanten Themen für Ü 50 (Gesundheit, Wohnen, Reisen, Digital skills, Lifestyle…)
  • präsentiert UNTERNEHMEN (BestAger) Unternehmen und Initiativen kostenlos im digitalen Schaufenster. VON und FÜR BestAger
  • bietet attraktive ANGEBOTE speziell für unsere Community
  • VERNETZT rund um das Thema „Pro-Aging“
  • lebt die VISION, das Bild des Alters der Realität anzupassen

 

Sich selbst treu bleiben durch ein klares Nein

Es geht darum, Entscheidungen zu treffen und sich selbst treu zu bleiben“, sagt Tatjana Kiel auf die Frage, ob Nein sagen können zu einem erfolgreichen und glücklichen Berufsleben dazu gehört. Sie kümmert sich um die Planung und Verfolgung der nachhaltigen zweiten Karriere von Dr. Wladimir Klitschko. In diesem Zuge hat sie mit ihm die Methode F.A.C.E. the Challenge entwickelt.

Wie wichtig ist es, Nein sagen zu können, um beruflich und privat erfolgreich zu sein?

Nein zu sagen ist eine strategische Frage: Was tue ich und was nicht? Es ist mein Entscheidungsvermögen, ob ich A oder B wähle. Ich muss meine Kräfte bündeln, mich fokussieren auf das, was ich wirklich will. Sobald ich mich für das eine entschieden habe, sage ich zu dem anderen deutlich Nein und bleibe auch dabei. So bleibe ich mir treu.

Diese Haltung hat sich in meiner fast 15jährigen Zusammenarbeit mit Wladimir noch einmal stärker ausgeprägt. Durch ein klares „Nein“ gibt man sich selbst und seiner Umgebung ein orientierendes Wertesystem, an dem entlang alle arbeiten und die gesteckten Grenzen besser einschätzen können.

Ich will in den Spiegel schauen und hinter allem stehen können, zu dem ich Ja oder Nein, A oder B gesagt habe. Ich suche zuvor die Chancen, kläre die Risiken, finde Stärken und Schwächen heraus. Meine Entscheidungen basieren auf einer Kombination von Bauchgefühl und SWOT-Analyse. Auch in dieser Hinsicht macht es mir unglaublich Spaß, mit Wladimir Klitschko zu arbeiten. Er tickt da sehr ähnlich und unterstützt meine Art der Entscheidungsfindung für unser Unternehmen.

Strategisches Handeln bedeutet für mich, sich für eine Möglichkeit zu entscheiden und das Gedankenspiel „Was wäre wenn“ zu unterlassen. Wenn ich mich erst einmal entschieden habe, gehe ich diesen Weg und trauere nicht dem anderen hinterher. Ich bleibe bei meiner Entscheidung und fühle mich gut damit.

In unserer Methode F.A.C.E. the Challenge haben wir genau diesem Thema „Entscheidungen treffen und sich sämtlicher Konsequenzen bewusstwerden“ den gesamten ersten Prozessschritt „F“ für Focus gewidmet. Wir wissen, dass jede einzelne Entscheidung eine Richtung vorgibt. Wenn ich ein Ziel vor Augen habe, muss ich mich entscheiden und dabei bleiben, weil ich sonst in den Zick-Zack-Kurs verfalle. Und Zick-Zack führt nirgendwohin – nicht beruflich und auch nicht privat. Ausdauer, die wir in unserer Methode „E“ für Endurance nennen, gehört zum Nein-Sagen ebenso wie zum Ja-Sagen dazu. Jede Entscheidung erfordert Durchhaltevermögen.

Was sagst Du lieber: Ja oder Nein?

Mir persönlich fällt ein Nein fast leichter als ein Ja. Ich treffe eine Entscheidung – A oder B. Oft bedeutet ein Nein keine Entscheidung gegen etwas, sondern vielmehr ein Ja zu etwas anderem.

Wenn ich etwas wirklich will, von einer Sache wirklich überzeugt bin, gibt es da für mich auch keine Frage, ob es noch kleine „vielleicht wäre das und das auch nett“-Optionen gibt. Wladimir nennt das „Besessenheit / Obsession“ und meint das ganz positiv. Nur wenn man von einem Ziel wirklich besessen ist, wird man alles dafür tun, es zu erreichen. Ganz gleich ob es schwierig ist, egal, welche Abstriche man an anderer Stelle machen muss und egal wie viele Neins es kostet, dieses eine große Ja zu erreichen. Ich bin da nicht ganz so totalitär, verstehe aber, woher Wladimirs Einstellung kommt und habe da auch für mich viel rausgezogen.

Ein Nein kann für alle Seiten etwas Positives haben, auch wenn es meinem Gegenüber zunächst schwerfällt, das zu akzeptieren.

Entscheide! Sonst entscheiden andere über Dich.

Und es gibt eine weitere Wahrheit, die ich aus der Zusammenarbeit mit Wladimir gelernt habe: Manchmal treffen Menschen Entscheidungen einfach für dich, wenn du es nicht tust.

Dann musst Du in der Lage sein, zu Deinem Nein zu stehen. Dann muss man in der Lage sein, auch im Nachhinein klar Nein zu sagen und diese Entscheidungen wieder rückgängig zu machen. Solche Situationen sind besonders anstrengend, helfen jedoch dabei, die eigene Positionierung zu stärken. Sie spornen an, die Entscheidung das nächste Mal  früher zu treffen und damit die Fäden in der Hand zu behalten. Wer aber bei schwierigen Gesprächspartnern zu seinem Nein steht, verschafft sich Respekt und die Sicherheit, dass nichts mehr über den eigenen Kopf hinweg entschieden wird.

Wie sagst Du diplomatisch und gekonnt Nein?

Wenn ich für mich selbst eine Entscheidung treffe, spielt die Kommunikation darüber ja eher eine abschließende Rolle. Sie nimmt keinen Einfluss auf meinen Entscheidungsprozess.

Grundsätzlich nehme ich mir  – gerade wenn mein Bauch zu einem Nein tendiert – vorher die Zeit zu überlegen, welches meine stärksten Argumente sind – und beziehe dabei mit ein, was ihn oder sie verletzen könnte. Oft habe ich die Erfahrung gemacht, dass ein halbes Ja viel mehr und anhaltender verletzt als ein deutliches und begründetes Nein. Der andere spürt, wenn wir halbherzig Ja sagen, und läuft dann im Verlauf eines Projekts gegen unsichtbare Wände, die ihm schließlich doch zeigen, dass man das Ja nicht so gemeint hat.

Außerdem versuche ich, gleich zum Start eines Nein-Gesprächs zu vermitteln, dass ich Verständnis für mein Gegenüber und sein Anliegen habe. Zum Beispiel sage ich: „Ich weiß, ihr habt das Ziel…“ Anschließend mache ich deutlich, dass ich weiß, warum mein Gegenüber dieses Ziel hat. Wenn jemand beispielsweise mit uns zusammenarbeiten will, heißt das: „Ihr wisst, wir sind stark in diesem oder jenem Bereich“. Mit meiner Aussage „Eigentlich ist das eine tolle Idee..“ hole ich mein Gegenüber ab, gebe ihm meine Zustimmung.

Dadurch gelingt es mir, die Emotionen aufzunehmen, die der andere in der Angelegenheit hat. Dann bringe ich meine Argumente, die deutlich machen, warum etwas für mich nicht in Frage kommt: „Deshalb ist das nichts für uns…“. Diese Begründung ist sehr sachlich, ohne Emotionen. Das gelingt umso transparenter, je deutlicher ich weiß, wofür ich stehe und welchen Weg ich mit meiner Entscheidung verfolge. Im besten Fall kann mein Gegenüber so das Nein auch annehmen, verarbeiten und auch etwas für sich herausziehen.

Klappt das dann auch spontan?

Tatjana (lächelt): Ja, das klappt dann auch spontan. Wenn ich mir im Gespräch einen Augenblick nehme, mich zurückzulehnen und nur ganz kurz nachzudenken, funktioniert es gut. Allerdings nur, wenn man es ein paar Mal geübt hat. Dann bin ich auch in der Lage, mir die Konsequenzen aus einer Ja- oder Nein-Entscheidung sehr schnell vor Augen zu führen. Damit hat man die Fäden selbst in der Hand.

Was war das lehrreichste Nein, das Du bislang ausgesprochen hast?

Einmal kam ich als Teilnehmerin zu einem Termin. Erst im Termin selbst stellte sich heraus, dass ich das Treffen leiten sollte und unser Gegenüber am Tisch plötzlich all seine Erwartungen auf mich projizierte. Gut, ich bin ein pflichtbewusster Mensch. Ich habe in dieses Gespräch rasch Struktur gebracht und dafür gesorgt, dass wir eine Strategie entwickeln konnten. Das hatte sich einfach so ergeben und ich konnte meine Kompetenz unter Beweis stellen.

Plötzlich allerdings sah mich mein Gegenüber als seine direkte Ansprechpartnerin und ich hatte die Abwicklung des gesamten Projektes auf dem Tisch. Seit diesem Tag mache ich – selbst wenn solche Überraschungs-Meetings vorkommen – rasch klar, was die Konsequenzen sind, wenn ich zusätzliche Aufgaben ohne Unterstützung übernehmen würde. Ich grenze mich dann sofort ab, und kläre mit den anderen Anwesenden ihre jeweiligen Aufgaben in diesem Meeting und vor allem auch in der Nachbereitung und Nachbetrachtung. Das funktioniert sehr gut.

Das war von daher eher ein lehrreiches Ja.

 

 Seit 2007 arbeitet Tatjana Kiel mit den Klitschko-Brüdern. Seit 2016 ist sie als CEO von Klitschko Ventures für die Karriere nach der Karriere von Wladimir Klitschko zuständig. Sie bekommt jeden Tag zahlreiche Anfragen, die sich alle ein „Ja“ wünschen würden. Deshalb hat Tatjana Kiel in ihrer Position gelernt, zu einer charmanten Profi-Neinsagerin zu werden und sich auch in schwierigen Situationen durch ein klares „Nein“ Respekt zu verschaffen. Dies war ein einem männerdominierten Sport sehr wichtig,ist aber auch in der freien Wirtschaft eine Fähigkeit, von der sie stark profitiert.

Nein sagen ist für sie eine klare strategische Entscheidung.

 

Foto: Rieka Anscheit