k wie Klarheit
„Oh komm du Geist der Wahrheit und kehre bei uns ein, verbreite Licht und Klarheit, verbanne Trug und Schein….“
Voller Erwartung, die Augen erhoben, sieht man sie förmlich vor sich stehen – wie kleine Engel, auf den Spruch hoffend, der sie aus alle Schwierigkeiten (er)lösen wird.
Kommt es Ihnen als Chefin manchmal auch so vor, wenn Mitarbeiter, die
- im Überfluss der Informationen den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen,
- sich seit geraumer Zeit schon anzicken oder
- sich einfach nicht entscheiden wollen oder können
dann mit einem hoffnungsvollen Hundeblick hilfesuchend zu Ihnen aufschauen, die Gewissheit hinter der Stirn „Die Chefin wird‘s schon richten“. Sie sind gefordert als Entscheiderin, Vermittlerin oder Machtwortsprecherin. Ja, da möchte man doch gleich …
Was tun Sie dann? Erleuchten Sie Ihre Mitarbeiter mit Ihren Worten, Ihrer Erfahrung und weisen Entscheidungen? Ich meine, Sie haben viel auf dem Tisch, da wäre es doch das Beste, wenn Sie ein für alle Mal Klarheit schaffen, oder? Sie lösen das Ding und alles ist gut. Klar ist das eine Verlockung, wenn die Zeit drängt. Der ‚Geist der Wahrheit‘ in Ihnen wird’s schon richten. Selbst wenn es in diesem Moment mal wieder Sie selbst sind, die sich reinkniet und Verantwortung übernimmt.
Vorsicht Nebenwirkung:
Sie können sich drauf verlassen, dass Ihre Mitarbeiter dauerhaft, immer rascher und irgendwann mit jedem Kinkerlitzchen zu Ihnen kommen.
Die Zeile aus dem Liedtext habe ich am Wochenende in der St. Petri Kirche in Buxtehude gehört. Ein neuer Pastor wurde in sein Amt eingeführt. Seine Antrittspredigt hat mich inspiriert: erfrischender Klartext und gegen den Strich gebürstete Tradition. Unter dem Motto „Weide meine Schafe“ erläuterte er seiner Gemeinde, wie er seinen Hirtenpflichten nachzukommen gedenkt und was die Menschen von ihm erwarten dürfen. Im gleichen Atemzug stiftete er seine Schäfchen allerdings zu unschafsgemäßem Verhalten auf. Jeder Einzelne solle seine Ideen und Fähigkeiten einbringen, sich einmischen, Verantwortung übernehmen, persönliche Entscheidungen treffen, damit die ‚Herde‘ gemeinsam aktiv der Dezimierung entgegenwirken könne, mit denen die Kirchen in Deutschland konfrontiert sind. Hier steht was auf dem Spiel. Und jeder der es ernst meint, muss ran. Das machte der Pastor unverständlich klar.
Während die Gemeinde an sich halten musste, nach dieser Predigt NICHT zu klatschen, schweiften meine Gedanken in die Büros und Unternehmen. Die Chefin als gute Hirtin? Umfassend verantwortlich für die Büro-Schäfchen? Ja und Nein.
JA,
wenn Sie erkennen, dass es nach dicker Luft riecht, die auf Dauer dazu führen wird, dass Ziele nicht erreicht, Kunden vergrätzt und Mitarbeiter in die innere Kündigung getrieben werden. Dann ist Klartext angesagt.
Bitten Sie um eine kurze Darstellung der Situation. Aus Ihrer Perspektive und mit Abstand sehen Sie gewöhnlich eher, worum es wirklich geht. Was auf dem Spiel steht.
Unterstützen Sie gern mit Fragen, die Mitarbeiter für sich klären müssen:
- Welche Informationen sind relevant? Welche Aspekte können vernachlässigt werden?
- Was möchte jeder der Streithammel für sich selbst erreichen? Worüber ist man sich einig, dass man sich nicht einig ist?
- Was steht einer Entscheidung im Weg? Welche Teil-Entscheidungen lassen sich zuerst problemlos treffen? Was wären die schlimmsten Folgen einer Fehlentscheidung? Wie schlimm wären diese wirklich?
NEIN,
denn so sehr Sie als Förderer und Forderer Ihrer Mitarbeiter gefragt sind, nirgendwo steht, dass Sie alles selbst machen müssen. Sie stellen der Herde eine Weide zur Verfügung – in Ihrem Unternehmen einen überschaubaren Aufgabenbereich. Hier dürfen und sollen Mitarbeiter lernen durch klare Zielsetzungen, durch das Vorbild, das Sie ihnen bieten oder durch Versuch und Irrtum:
- Prioritäten zu setzen
- Beziehungen zu klären und zur Erreichung von Sachzielen (zurück) zu finden
- Sich der Gefahr falscher Entscheidungen auszusetzen und mit den Konsequenzen zu leben. Aber auch die Ernte ihrer richtigen Entscheidungen einzufahren und als eigenen Erfolg zu genießen
Selbstverständlich können Sie sie durch Weidezäune – z.B. Fortbildungen – oder einen Hütehund, – den Coach – unterstützen. Doch das Durchbeißen und das Schwitzen für eine gute Lösung dürfen Sie von Ihren Mitarbeitern erwarten. Durch selber machen lernen wir immer noch am besten.
Denn Licht und Klarheit sind nicht nur Chefsache.
Dass sich Schafe im Ernstfall sehr gut helfen können, sogar wenn es den Hirten erwischt hat: Glennkill liefert den Beweis. Als (Hör-)Buch ein wunderbares Weihnachtsgeschenk für streithammelige, schafsköpfige oder lammfromme Mitarbeiter.
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